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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888)



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Das Eulenhaus.
Hinterlassener Roman von E. Marlitt. Vollendet von W. Heimburg.
(Fortsetzung.)


Ich bin völlig aus dem Sattel geworfen mit meinem Gedankengang,“ klagte Joachim; „o, meine schöne Einsamkeit! – Claudine, verstehe mich nicht falsch! Du weißt, wie sehr ich unsere fürstliche Familie liebe und verehre, wie stolz ich bin, daß meine schöne Schwester sie herzieht in unseren Waldwinkel. Aber, Claudine – Du bist böse, weil ich das sage?“ fragte er, den Schatten auf ihrem Antlitz erst jetzt gewahrend.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Joachim, weshalb wohl? Aber Du thust mir leid, und wir wollen es ehrlich den Herrschaften sagen, daß Du bei Deiner Arbeit durch nichts – hörst Du? – durch nichts gestört werden darfst.“

Er blieb stehen und strich ihr über die Wange. „Nein, Kleine,“ erwiederte er, „als ehemalige Hofdame mußt Du am allerbesten wissen, daß das nicht möglich ist. Es war eine hinreißende Liebenswürdigkeit von der Herrschaft, uns hier zu besuchen. Eine Abfertigung, wie Beate sie in ihrer derben Manier gab, darf sie von uns nicht hören. Diese Beate,“ fuhr er fort, „benahm mir den Athem, als sie die Antwort herauspolterte. Ich verstehe Lothar nicht, der das so ruhig und gelassen mit anhören kann; mir ginge es durch und durch!“

„Aber Deine Arbeit, Joachim? Sei versichert, die Herzogin würde untröstlich sein, erführe sie später, daß sie Dich hinderte.“

„Sie ist ein liebes Gemüth, Claudine, begeistert für alles Schöne, und sie ist krank, sehr krank. Hörtest Du den Husten? Er schnitt mir ins Herz. So hustete sie auch, Claudine – o, diese gräßliche Krankheit! Nein, nein, Claudine, schon dieses verlöschenden Lebens wegen mag das Eulenhaus ihr offen stehen zu jeder Zeit.“

Die Schwester antwortete nicht mehr. Sie war zu dem Bogenfenster getreten, durch welches rothglühendes Abendlicht strahlte, und schaute mit bangen Augen über die Wipfel der Bäume hinweg. Nein, sie konnte, sie durfte ihm keine neue Sorge aufbürden, durfte ihn nicht beunruhigen; vielleicht war sie auch erstorben, die blinde alles vergessende Leidenschaft? Keiner jener heißen Blicke war




Heimkehr vom Markt. Originalzeichnung von Ed. Ravel.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1888). Leipzig: Ernst Keil, 1888, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1888)_117.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)