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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

Das ist erstens eine schwere Gußstahlkanone, zweitens eine mit Munition gefüllte Protze, deren Räder sich tief in den lockeren Boden einwühlen, und endlich noch als Ballast auf beiden je ein Paar handfester Kanoniere. Genug für sechse, von denen die drei auf der Sattelseite noch überdies ihre Reiter, in diesem Fall „Fahrer“ genannt, zu tragen haben.

Für gewöhnlich bewegt sich denn das schwere Gespann auch im Trab fort, und nur wenn der Gefechtsmoment besondere Eile gebietet, ertönt das Signal „Galopp“. Dann aber ist es Sache der Fahrer, dem mangelnden Musikverständniß ihrer Thiere durch Sporn und Peitsche nachzuhelfen, wie wir denn auch auf unserem Bild diese Hilfsmittel in voller Thätigkeit sehen. Scheint’s nicht, als ob der an der Tête reitende Officier sich sogar seines Säbels als einer Art von Taktstock bedienen wollte? – Wir sehen aber auch an den gereckten Hälsen, den weitgeöffneten Mäulern, Nüstern und Augen, wenn wir Kenner sind, wohl auch an der Stellung der Beine, wie schwer es den armen Thieren wird, sich in die verlangte Gangart zu setzen.

„Drauf!“ heißt’s da, „immer drauf!“ Wer dem Thierschutzvereine angehört, mag wohl entsetzt die Augen schließen, aber es muß sein. Noch ein paar Hiebe, und sie sind im Zug und dann ist auch das Schwerste überstanden.

Es ist eben solch ein Gefechtsmoment, den unser Bild darstellt. Was wir da hinten an Infanterie mit Gewehr bei Fuß stehen sehen, ist als eine Reservetruppe zu betrachten; die Vorhut ist schon am Feind; die Artillerie hat ihn von einem Flügel der Stellung aus bisher wirksam beschossen; nun entzieht sich der Weichende plötzlich ihrem Gesichtsfeld. Um ihn wieder zu erreichen, gilt es nun, wie das Terrain einmal ist, rasch eine andere Position auf dem entgegengesetzten Flügel zu nehmen. Darum: „Aufgeprotzt! Abgebrochen! Galopp!“

Bald wird eine Staubwolke das Bild umhüllen, wir hören dann nur noch das Rasseln der Geschütze, ein Dröhnen und Schnauben und kurz darauf den ersten Schuß aus der neuen Position.

Noch einmal „Heidelbeerwein“. Die „Gartenlaube“ war eins der ersten Blätter, welche auf die hohe Bedeutung des Heidelbeerweines hingewiesen (vergl. Jahrg. 1886, S. 818). Wenn wir heute zu Gunsten desselben noch einmal das Wort ergreifen, so geschieht es lediglich, um die junge Fabrikation, welche so viel verspricht, vor einigen ihr drohenden Gefahren zu schützen. Die Handelsberichte einiger Zeitungen brachten vor Kurzem die Nachricht, daß die Engländer in Deutschland Heidelbeeren aufkaufen, um sie zur Weinherstellung zu verwenden. Es gewinnt also den Anschein, als ob das Ausland sich wiederum, wie das schon so oft geschehen, anschicke, deutsche Erfindungen auszubeuten, welche in dem Heimathlande nicht genügend gewürdigt werden. Die Herstellung des Heidelbeerweines bildet namentlich für Waldgegenden mit ärmerer Bevölkerung eine neue, nicht zu unterschätzende Quelle des Erwerbes, und wir sollten uns dieselbe nicht entgehen lassen. Freilich kommt es dabei vor Allem darauf an, daß eine wirklich gute Waare auf den Markt gebracht wird. Durch mangelhafte Herstellung sind schon früher der Johannisbeerwein und der Stachelbeerwein vielfach um ihren Kredit in Deutschland gekommen.

Es wäre nun wirklich zu bedauern, wenn auch den Heidelbeerwein, der die genannten bei Weitem übertrifft und entschieden besser ist, als die billigen und gleich theuren Bordeauxweine, dasselbe Schicksal ereilen sollte. Aus vielfachen Zuschriften und mündlichen Berichten haben wir ersehen, daß es in Deutschland Leute genug giebt, welche zur Herstellung des Heidelbeerweines Lust haben – aber sie nehmen die Sache viel zu leicht. Sie haben nicht die genügenden Vorkenntnisse, wissen nicht, daß dieser Wein zwei bis drei Jahre auf Fässern lagern muß, bevor er in Flaschen gefüllt werden kann, etc. Wir möchten daher Allen den Rath ertheilen, möglichst sorgfältig ans Werk zu gehen und sich dem Vorgang der ersten deutschen Heidelbeerwein-Firma, J. Fromm in Frankfurt am Main, anzuschließen, die jedem Berufenen gern die gewünschte Auskunft ertheilen wird. Durch eine fachgemäße Ausbeutung der Heidelbeere würden große Waldstrecken Deutschlands so zu sagen in Weinberge umgewandelt werden, ohne daß ihre gegenwärtige wirthschaftliche Ausbeute irgend wie beeinträchtigt würde. Alle diese Hoffnungen muß aber das Auftauchen von Schundwaare zu Nichte machen, und dies sollte von Anfang an verhindert werden. *     

Antike Kleinkunst. Die Benutzung des Schildpatts, in dessen Verarbeitung unser modernes Kunstgewerbe eine so rühmliche Fertigkeit bekundet, wurde von dem Alterthum, welches auch auf dem Gebiete der Kleinkunst uns noch heute so viele nachahmenswerthe Muster stellt, erst seit der Kaiserzeit geübt, wo Kunsttischlerei und Drechselei begannen, das dankbare Material umfänglich zu verarbeiten. Bis dahin war es vornehmlich zu Resonanzböden für Lyren verwendet worden. Leider aber verfiel die Neronische Zeit der Geschmacklosigkeit, das Schildpatt zu färben, um es dadurch dem Holze ähnlich erscheinen zu lassen; namentlich die Maserung von Terpentinbaum, Ahorn und Thujaholz wurde im Schildkrot nachgeahmt; die originellen Farbenspiele desselben wurden dadurch natürlich völlig zerstört. In dieser Verarbeitung wurde der Stoff dann zum Schmuck von Sofas, Betten und Triclinien verwandt; aber auch Thüren wurden mit Schildpattplatten ausgelegt. Minder zu Schmuckgegenständen, als in der Medicin wurde die Koralle von den Alten angewendet; man machte Amulette daraus gegen den bösen Blick oder das Besprechen; aber auch kleinere Bildwerke wurden aus Korallen gefertigt. Dagegen galt die Perle das ganze Alterthum hindurch als köstlicher Schmuck, und Halsbänder und Ohrgehänge aus Perlen erfreuten sich derselben Beliebtheit wie heute. Je nach Größe und Form gaben die römischen Perlenhändler (margaritarii) den einzelnen Stücken dann besondere Namen. Uebrigens weihte Cäsar der Venus genitrix einen Harnisch aus Perlen, während Nero seine Betten mit Perlen schmückte. Auffallend ist, daß dem Alterthum der Gebrauch der Perlmutter völlig verschlossen geblieben zu sein scheint; nur von Nero wird berichtet, daß er mit Perlmutter die Wände seines „goldenen Hauses“ überlud. Eben so wenig wußte die Antike von unechten Perlen, während der Bernstein, ein Produkt des fernen Nordens, bereits dem Sänger der homerischen Epen bekannt ist und in seiner merkwürdigen Beschaffenheit zu den seltsamsten Mythenbildungen Anlaß giebt. Und doch finden sich, wohl in den Gräbern der frühesten, aber nicht in denen der klassischen Zeit, weder in den Kolonien, noch in Griechenland, Bernsteinobjekte irgend welchen Genres, so daß wohl in späteren Perioden die Verwendung des Bernsteins von dem Kunstgewerbe gemieden wurde. Erst in den letzten Zeiten der römischen Republik wird er wieder zu Zieraten und Schmucksachen verarbeitet und von der Kaiserzeit sodann höher geschätzt als je vorher.

Skat-Aufgabe Nr. 13.
Von Dr. Rietzsch in Dresden.

Die Vorhand verliert auf folgende Karte:

(tr. As.) (tr. Z.) (tr. K) (tr. D.) (tr. 9.) (tr. 8.) (tr. 7.) (p. As) (p Z.) (p. K.)

ein Eichel (tr.)-Solo; denn die Gegner erhalten 60 Augen. Wie sitzen die Karten und wie ist der Gang des Spiels?

Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 12 auf S. 564.

Wie sich aus dem 3. und 5. Stiche der Aufgabe ergiebt, besaß die Hinterhand nur einen Trumpf (e8), und da sie herauf sicherlich keinen Stich machen konnte, so hätte sie denselben schon im 2. Stiche anstatt der s7 wegwerfen sollen, um später eventuell wimmeln zu können. Wäre z. B. die Sitzung folgende gewesen: Skat: gK, rZ,

Vorhand: gW, rW, sW, gD, gZ, gO, g8, rO, r7, sK,
Spieler: eW, eD, eZ, eK, eO, e9, e7, g9, sO, r8,
Hinterhand: e8, g7, rD, rK, r9, sD, sZ, s9, s8, s7,

so folgte nach den 6 Stichen der Aufgabe noch

7. sK, sO, sZ (−17) und 8. rD, rO, r8 (−14),

so daß die Gegner nur 57 Augen bekommen. – Dagegen wäre bei fehlerloser Spielführung der Gang des Spieles so gewesen:

1. gD, g9, g7 (−11)
2. gZ, eO, e8 !! (+13)
3. e9, sD, sW. (−13)
4. sK, sO, sZ. (−17)
5. rD, rO, r8 (−14)
6. s9, r7, eD. (+11)

worauf die Gegner noch 6 Augen, also zusammen 61 Augen erhalten müssen.

Auflösung des Scherz-Räthsels auf S. 612:
Burgunderwein.

Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

R. in Zeitz. Im Anschluß an unsere Mittheilung über die Familie Hofer’s erkundigen Sie sich, ob nicht auch von dem Tiroler Freiheitskämpfer Joseph Speckbacher Hinterbliebene vorhanden sind. Es lebt noch sein jüngster Sohn, Joseph Speckbacher, jetzt allerdings ein Greis von mehr als 80 Jahren, aber in Aussehen dem Vater ähnlich; nur fast erblindet. Anna Speckbacher, die Schwester, lebt bei ihm, sie ist 86 Jahre alt; in Folge eines Schenkelbruchs seit einem Jahre gelähmt, sitzt sie in einem Lehnstuhl. Uebrigens wurde am 14. August vor dem unansehnlichen Sterbehause Speckbacher’s in Hall ein einfacher Denkstein gesetzt.

M. D. in Kr. und L. G. in Gr., Holland. Wenden Sie sich an einen Arzt.

B. Offenbach. Senden Sie uns unter Angabe Ihrer Adresse gefl. eine Probe zur Untersuchung. Eine frühere Anfrage ist uns nicht zugegangen.


Inhalt: Der Unfried. Eine Hochlandsgeschichte von Ludwig Ganghofer (Fortsetzung). S. 613. – Aufdringliche Begleiter. Illustration. S. 613. – Ein Ballon! Illustration S. 617. – Das erste Jahr im neuen Haushalt. Eine Geschichte in Briefen. Von R. Artaria. IX. S. 619. – Von der Camorra. S. 620. – Hängende Fäden. Erzählung von A. Godin (Schluß). S. 621. – Blätter und Blüthen: Am Totalisator auf dem Rennplatze zu Charlottenburg. S. 627. Mit Illustration S. 621. – Zwei schwarze Könige in Kamerun. S. 627. – Ein poetisches Tagebuch. S. 627. – Batterie zum Galopp übergehend. S. 627. Mit Illlustration S. 625. – Noch einmal Heidelbeerwein. S. 628. – Antike Kleinkunst. S. 628. – Skat-Aufgabe Nr. 13. Von Dr. Rietzsch in Dresden. S. 628. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 12 auf S. 564. S. 628. – Auflösung des Scherz-Räthsels auf S. 612. S. 628. – Kleiner Briefkasten. S. 628.


Nicht zu übersehen!

Mit nächster Nummer schließt das dritte Quartal dieses Jahrgangs unserer Zeitschrift. Wir ersuchen daher die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das vierte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.


Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen Reichspostamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig).

manicula 0 Einzeln gewünschte Nummern liefern wir pro Nummer incl. Porto für 35 Pfennig (2 Nummern 60 Pf., 3 Nummern 85 Pf). Den Betrag bitten wir bei der Bestellung in Briefmarken einzusenden.

Die Verlagshandlung.     

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig
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