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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

schwerlich wieder zu finden ist. Waren doch selbst die Sitzbänke, die Schlafstellen und Pferdekrippen aus Stein gehauen.

Nach dem Aussterben Derer von Regenstein kam die Burg an die Herzöge von Braunschweig; im dreißigjährigen Kriege erhielt Wallenstein das Felsennest zum Geschenk. Später nach manchen wechselvollen Zwischenfällen, nahmen die Brandenburger Besitz von der Grafschaft und befestigten den ohnehin schon uneinnehmbaren Regenstein sehr stark. Nach dem siebenjährigen Kriege aber wurden die Befestigungen, so viel sich eben davon niederreißen ließ, von Preußen zerstört.

Manche Erinnerung, manche Sage haftet an dem alten Burgthurm, an den dunklen Verließen und Felsengefängnissen; vornehmlich erzählt man sich abenteuerliche Historien von jenem wilden Grafen Albrecht von Regenstein, der sein Leben lang mit den Städten und der Geistlichkeit in blutigster Fehde lag. Noch wird auf dem Boden des Rathhauses zu Quedlinburg ein mächtiger eisenbeschlagener Holzkasten bewahrt, in welchem die Bürger den Raufbold wegen Störung des Landfriedens volle zwanzig Monate eingesperrt hielten. Wer sich für die Geschichte dieses Abenteurers interessirt, möge sich mit der Lektüre des von Julius Wolf, dem Dichter des „Rattenfänger“, verfaßten „Raubgrafen“ einige angenehme Stunden bereiten.

Kritikerbosheiten. Heine und Börne, die klassischen Theaterkritiker – Lessing kommt hier nicht in Betracht, denn er hat seine Aufgabe ernster genommen – haben das Vorbild für Kritiker abgegeben, die sich gelegentlich in kleinen Bosheiten gefallen. Eine der empfindlichsten Recensionen leistete einmal M. G. Saphir, indem er in der „Theater-Zeitung“ über das Gastspiel eines an drei Abenden angetretenen stimmlosen Tenoristen Namens Hahn die Bibelstelle: „Und als der Hahn zum dritten Mal krähte, ging Petrus hinaus und weinte bitterlich“ abdrucken ließ. – Ein anderer, späterer Kritiker schrieb über eine durch fürstliche Gunst an einem Hoftheater festgehaltene, weder schöne noch kunsttüchtige Tänzerin: „Man sagte, Fanny Elsler tanze Hegel, und ich behaupte, Fräulein ** tanzt Schopenhauer – sie lehrt Einen die Weiber hassen.“ – Nicht minder ungalant sprach sich ein Berliner Recensent über die seiner Zeit engagirt gewesene, von hoher Stelle protegirte Tänzerin Soldanski aus, indem er folgende Meinung abgab: „Fräulein Soldanski soll tanzki, muß tanzki, kann aber nicht tanzki.“

Von einem Liebhaber, der bei seinem Debut durchfiel, schrieb ein Kritiker: „Der Debütant scheint trotzdem sehr viel Glück in der Liebe zu haben, denn er hat namenloses Unglück im Spiel.“ – Derselbe Schauspieler war es, der einen witzigen Kollegen jenes Beurtheilers zu der Bemerkung verleitete, der junge Künstler habe Arme, die „so lang wie die Reue“ seien, und er laufe den Abend über damit herum, „als suche er mit nassen Händen ein Handtuch.“ Einer unabsichtlichen Bosheit sieht es gleich, wenn ein Theaterkritiker von einer Darstellerin der Maria Stuart einmal schrieb: „Wir hatten bisher geglaubt, daß diese Rolle Jugend und Schönheit erfordere; die Maria Stuart von gestern Abend hat uns belehrt, daß man einen Erfolg haben kann, ohne das Eine oder das Andere zu besitzen.“

Von einer Bühnenkünstlerin, die ihre besseren Tage längst hinter sich hatte und durchaus nicht zurücktreten wollte, schrieb ein Berliner Kritiker einmal: „Frau F. ist schließlich nicht mehr jung, wenn man bedenkt, daß es Friedrich der Große war, der gesagt hat: ‚Die F. – ja, die war einmal sehr schön.‘“

Eine nicht mehr in dem der Rolle angemessenen jugendlichen Alter stehende Darstellerin der „Rosine“ mußte von einem Opernrecensenten die Bemerkung hinnehmen: „Ich möchte diese Rosine wohl als Traube gekannt haben;“ – und ein später sehr berühmt gewordener Sänger hat nach dem Urtheil eines viel genannten Kritikers den „Don Juan“ am Berliner Opernhause „krähirt“ (anstatt krëirt). Man weiß, daß die wenigsten Menschen der Versuchung widerstehen können, einen „Witz“ zu unterdrücken: warum soll ein Kritiker diesen Heroismus besitzen, und mußte sich nicht der große Giacomo Meyerbeer gefallen lassen, von Heine „Maestro Fiascomo“ genannt zu werden?


Kleiner Briefkasten.

(Anonyme Anfragen werden nicht berücksichtigt.)

C. in Elbing. Sie meinen, nach den Mittheilungen in Dr. Förster’s „Geschichte der Befreiungskriege“ sei es doch wahrscheinlicher, daß der Reisewagen Napoleon’s sich in England befinde; denn Förster erzähle, daß Major von Keller, der Führer des Füsilierbataillons des 15. Regiments, den Wagen Napoleon’s für eine gute Prise erklärt, ihn nach England gebracht und dort für Geld habe sehen lassen. Dann wäre freilich eher anzunehmen, daß er in England geblieben; doch die Nachrichten aus Schlesien treten mit solcher Bestimmtheit auf, daß man sie wohl für verbürgt halten muß; jedenfalls wäre die Familie des Fürsten Blücher im Stande, authentische Auskunft zu ertheilen.

B. in Z. Ueber einen allgemeinen „Touristengruß“ hat man sich unseres Wissens bis jetzt nicht geeinigt. Viel Beifall fand neuerdings der vorgeschlagene Gruß „Frisch auf!“ „Frisch ab!“ Ob der von Ihnen erfundene Gruß „Bedächtig auf!“ „Heil ab!“ Anklang finden wird, möchten wir bezweifeln, obwohl die Mahnung, die in demselben für waghalsige Bergsteiger enthalten ist, wohl berechtigt erscheint.


Inhalt: Der Unfried. Eine Hochlandsgeschichte von Ludwig Ganghofer (Fortsetzung). S. 565. – Im Marmorpalais zu Potsdam. Von Gerhard von Amyntor. S. 570. Mit Illustrationen S. 565, 568 und 569. – Schlafstätten im Walde. Von Dr. Willrich-Berka (Ilm). S. 572. Mit Illustration S. 573. – Magdalena. Von Arnold Kasten (Schluß). S. 574. – Blätter und Blüthen: Die Frauen in Persien. S. 579. – Der Regenstein. S. 579. Mit Illustration S. 577. – Kritikerbosheiten. S. 580. – Kleiner Briefkasten. S. 580.



Soeben ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen:

„Gartenlaube-Kalender“
für das Jahr 1888.
Dritter Jahrgang.
14 Bogen 8° mit zahlreichen Original-Illustrationen.
Ganzleinenband mit reicher Deckelpressung.
Preis: Eine Mark.

Der Kalender bringt wieder neben einem ausführlichen Kalendarium, verbunden mit haus-, garten- und landwirthschaftlichen Notizen zahlreiche praktische Nachweise und Tabellen, populär-wissenschaftliche, belehrende und unterhaltende Artikel, besonders auch gute Erzählungen, Humoresken, Gedichte und vorzügliche Illustrationen. Aus dem reichen Inhalte geben wir im Nachstehenden einen kurzen Auszug:

Uebersichtskarte der deutschen Schutzgebiete und Konsulate.Franzi. Illustration von F. Defregger. – Kalendarium, statistische Nachweise, Tabellen etc. etc. – Mutterglück. Illustration von L. Blume-Siebert. – Zum neuen Jahr. Gedicht von Frida Schanz. – Die goldene Hochzeit. Erzählung von M. Lenz. Mit Illustrationen von Arthur Lewin. – Die Sonnenfinsterniß des Herrn Kuschbert. Humoreske von Oskar Justinus. – In der letzten Stunde! Aus den hinterlassenen Papieren eines Kriminalbeamten. Von F. F. Engelberg. Mit Illustrationen von Arthur Lewin. – Nur ruhig Blut! Eine Mahnung an Hitzköpfe und alle Anderen, die es angeht. – Die neue Brücke über den Douro bei Oporto. Mit Illustration. – In der „Rose“ zu Betzingen. Eine Skizze aus dem Schwabenlande von Karl Weitbrecht. Mit Illustrationen von Fritz Bergen. – Aus meinen vier Pfählen. Erzählung von W. Heimburg. Mit Illustrationen von C. Koch. – Gute Freunde. Illustration von Br. Piglhein. – Blätter und Blüthen. Mit Illustrationen. – Das Hutten-Sickingen-Denkmal. Von A. Hackenberg. Mit Illustration. – Die Ernährung des Säuglings. Ein Briefwechsel zwischen Mutter und Arzt. Mitgetheilt von Sanitätsrath Dr. L. Fürst. – Wirksames Wohlthun. Von A. Lammers. – Das Tegetthoff-Denkmal in Wien. Mit Illustration. – Goldene Lebensregel für junge Eheleute.Unser Maulwurf. Von Adolf und Karl Müller. Mit Illustrationen. – Die Frau des „kleinen Mannes“. Zeitgemäße Betrachtungen von Emil Peschkau. – Vom Büchermarkt. Von Rudolf von Gottschall. – Kaiser Wilhelm im 90. Lebensjahre. Illustration. – Rückblick auf die merkenswerthen Ereignisse vom Juli 1886 bis 1887. Von Schmidt-Weißenfels. Mit Illustrationen. – Polytechnische Umschau. Mit Illustrationen. – Post- und Telegraphen-Tarife.Verzeichniß der wichtigsten deutschen Messen und Märkte.Die kleine Wäscherin. Illustration von P. Wagner etc.

Der reiche gediegene Inhalt, die geschmackvolle Ausstattung und der überaus billige Preis, welche auch den dritten Jahrgang unseres „Gartenlaube-Kalenders“ vortheilhaft auszeichnen, werden ihm, so hoffen wir zuversichtlich, die Gunst des Publikums in immer größerem Maße erwerben und ihm zu den vielen seitherigen viele neue Freunde gewinnen.

Die ersten Jahrgänge 1886 und 1887 des „Gartenlaube-Kalenders“ stehen denjenigen Abonnenten, welche dieselben noch nicht besitzen, soweit der Vorrath reicht, zum Preise von 1 Mark für den Jahrgang ebenfalls noch zur Verfügung.

manicula Den beiliegenden Bestellzettel wolle man gefl. mit Namen und Adresse versehen der Buchhandlung übergeben, welche die „Gartenlaube“ liefert. – Postabonnenten erhalten den „Gartenlaube-Kalender“ in jeder beliebigen Buchhandlung oder gegen Einsendung von 1 Mark und 20 Pfennig (für Porto) in Briefmarken direkt von der unterzeichneten Verlagshandlung.

Leipzig, August 1887. Ernst Keil’s Nachfolger. 



Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Leipzig: Ernst Keil, 1887, Seite 580. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_580.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)