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verschiedene: Die Gartenlaube (1887)

man es in das Teiglin tuncket, und backe es rösch ab: so ist es recht.“ So wäre denn ein artiges Menü zusammengestellt: Kapaunensuppe, Biberschwanz, gebratene Schnepfen, gefüllte Oblaten, und dies Menü wurde gewiß seiner Zeit mit bestem Appetit verzehrt.

Osterbrauch in Kärnthen. (Mit Illustration S. 224.) Im Jaunthal in Kärnthen, bei dem Dörflein Jaunstein, soll nach der Sage des Volkes zur Zeit der Heiden der Tempel einer Göttin gestanden haben. Jedenfalls glauben wir, daß die Fackelzüge, die dort alljährlich am Ostersamstage stattfinden, nicht erst in christlicher Zeit von den römisch-katholischen Priestern eingeführt worden sind, sondern noch aus der Zeit des römischen Götterkultus herstammen, den die Priester zur Verherrlichung ihres Osterfestes in ihr Programm aufgenommen haben. Wenigstens ist sonst ein Fackelzug um die Kirche in Kärnthen nirgends üblich. Ferner herrscht dabei eine ernste feierliche Stimmung und große Ordnung, während bei den weitverbreiteten heidnisch-germanischen Osterbräuchen, z. B. beim Feuerspringen und „Feuerradlwerfen“ nur Heiterkeit und Uebermuth walten. Die Römer aber verstanden es, auch ihren heitersten Aufzügen ein großartiges Gepräge zu geben.

Nach dem Gebetläuten versammeln sich die Fackelträger, Burschen, Männer und Greise, vor dem Dorfe und entzünden an einem großen Feuer ihre Fackeln, die aus langen Stangen bestehen, an deren dickeren Enden Bündel aus „Kienholz“ auf allerlei Weise befestigt sind. Dann schreiten sie paarweise in langem Zuge langsamen Schrittes der Kirche zu und singen in wendischer Sprache das Auferstehungslied, dessen Melodie dem Texte so schlecht angepaßt ist, daß wir meinen, einen Grabgesang zu hören, und nicht das freudige Siegeslied der erlösten Menschenseelen.

In größter Andacht, unter eifrigem Beten folgen die Frauen und Kinder den frommen baarhäuptigen Männern zur Kirche, um deren Mauern die Fackelträger ununterbrochen singend dreimal herumgehen. Dann aber stellen sich diese in Form eines Kreuzes auf und singen das vielstrophige Lied zu Ende; hierauf zerstreut sich die Menge ohne allen Lärm.

Unser Bild vergegenwärtigt den Augenblick, in dem sich der Feuerkreis löst, um in die Kreuzesform überzugehen. Einen herrlichen Anblick gewährt dabei die nächtliche Gebirgslandschaft, die Bäume voll Blüthenschnee und zarten Blätterschmucks – Alles magisch beleuchtet vom rothen Fackellichte … weiterhin die alte Kirche, ganz im Hintergrunde beschneite Bergesriesen, und darüber das leuchtende Sternenzelt.

Dramatische Preisausschreibungen. Der deutsche Bühnenkartellverein, der Verein der Intendanten und Direktoren, hat bei seiner letzten Sitzung einen Preis für das beste Lustspiel oder Schauspiel ausgeschrieben, welcher darin bestehen soll, daß alle Bühnen des Vereins verpflichtet sind, das preisgekrönte Stück aufzuführen. Hierin liegt ein offenbarer Fortschritt gegenüber den Bestimmungen bei früheren Preisvertheilungen, welche meistens nur die Ohnmacht der Preisrichter und ihre Unfähigkeit an den Tag legten, irgend einen Einfluß auf das Theater der Gegenwart auszuüben, da die Bühnen die durch solchen Richterspruch ausgezeichneten Stücke einfach nicht aufführten.

Es ist viel über derartige Preisausschreibungen und zwar für und wider gesprochen worden: einer der eifrigsten Gegner war Karl Gutzkow. Besonders als der Berliner Schiller-Preis für das beste in den letzten drei Jahren veröffentlichte dramatische Werk festgesetzt wurde, erhob er seine warnende Stimme: er protestirte dagegen, daß man widerwillig vor Gericht geschleppt und abgeurtheilt werden solle. Bei den anderen Preisausschreibungen handelte es sich um eingesandte Stücke, von denen das beste gekrönt wurde: das kann jeder Dichter ignoriren und seine eigenen Wege gehen; er brauchte ja bloß kein Stück einzusenden. Doch beim Berliner Schiller-Preise gab es kein Entrinnen; hatte man in den letzten drei Jahren ein Stück zur Aufführung gebracht oder im Buchhandel erscheinen lassen, so war man dem Gericht verfallen. Ein solcher Preis erinnerte an den Primus in der Elementarschule, der beim Examen die große Bretzel erhält. Gutzkow sprach von irgend einem Alfred Timpe, dem obskuren gekrönten Dichter der Zukunft; und der erste an Albert Lindner für sein Römerdrama „Brutus und Collatinus“ ertheilte Preis schien ihm Recht zu geben; denn Lindner war damals ein gänzlich unbekannter Poet in den thüringischen Bergen.

Im Uebrigen haben die Berliner Preisrichter durchaus nicht nach etwa verborgenen Schätzen gegraben: sie krönten zumeist namhafte Dichter, anfangs wegen einzelner Stücke, später wegen ihrer Gesammtleistungen, wozu ihnen ein Paragraph der Statuten das Recht gab: so erhielten Hebbel, Geibel, Wilbrandt, Heyse, Wildenbruch nach einander den Schiller-Preis. Einzelne gekrönte Stücke, wie Geibel’s „Sophonisbe“, Nissel’s „Agnes von Meran“ wurden von zwei oder drei Bühnen aufgeführt, von den anderen ad acta gelegt.

Daneben hatten einzelne Theater, die Hoftheater von Wien und München, die Stadttheater von Frankfurt am Main und Mannheim, gelegentlich Preisausschreibungen veranstaltet, auch die besten eingesandten Stücke gekrönt; doch abgesehen von Hippolyt Schauffert’s „Schach dem König“, welches an der Burg und in Folge der dortigen erfolgreichen Aufführung an vielen Bühnen gegeben wurde, waren die übrigen Preisvertheilungen ein Schlag ins Wasser. Selbst der Hauptpreisträger der westdeutschen Konkurrenzen, Richard Voß, sah nur seine „Patricierin“ an mehreren Bühnen ersten Ranges aufgeführt; seine „Luigia Sanfelice“ blieb ein todtgeborenes Kind.

Diese ablehnende Haltung der deutschen Bühnen machte die Entscheidungen der Preisrichter wirkungslos; selbst das von der preußischen Regierung eingesetzte Schiller-Komité war vollkommen machtlos, und Herr von Hülsen, einer der Preisrichter, führte mehrere preisgekrönte Stücke an seinem eignen Hoftheater nicht auf. Dergleichen wäre in Frankreich unmöglich, wo die akademischen Auszeichnungen hohen Werth haben. Was nützt es aber einem deutschen Dramatiker, wenn er sein Preisdiplom in der Tasche hat und von allen Theatern bei Seite geschoben wird?

Das haben die Direktoren jetzt selbst eingesehen: daher die Verpflichtung zur Aufführung des vom Bühnenkartellverein preisgekrönten Stückes für alle Mitglieder desselben. Erleichtert wird dies dadurch, daß es sich um ein Lustspiel oder Schauspiel handelt; denn ein Trauerspiel wäre doch für die kleineren Direktoren eine zu harte Nuß. †     


Allerlei Kurzweil.


Skataufgabe Nr. 4.
Von B. v. P.

Nachdem die Vorhand das Spiel bis Grün(p.)-Solo noch behalten hatte, meldet die Mittelhand auf folgende Karte:

(tr. B.) (p. B.) (c. B.) (car. B.) (tr. D.) (c. As) (p. K.) (car. Z.) (car. D.) (car. 7.)

Eichel(tr.)-Solo, verliert aber, obwohl noch ein Trumpf im Skat liegt, mit Schneider, denn die Gegner erhalten in den ersten 5 Stichen 96 Augen.

Wie sitzen die Karten und wie ist der Gang des Spiels?

Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 3 auf S. 132.

Der Spieler wird bei folgender Sitzung: Skat: rO, s7.

Vorhand: gD, gZ, gK, gO, g9, r9, r8, r7, sD, s8
Hinterhand: rK, sZ, sK, sO, s9, eD, eK, e9, e8, e7

sein Eichel-Solo verlieren, denn es folgt:

1. gD, g7, rK (−15)
2. gZ, g8, sZ (−20)
3. gK, eO?[1] s9 (+7)
4. eW, e8, r7 (+2)
5. rD! sO!![2] r8 (+14)
6. rZ, sK!! r9 (+14)

und nun muß der Spieler noch einen Stich: eZ, eD, sD (−32) abgeben, womit die Gegner 67 Augen erhalten. Der Spieler würde dagegen gewinnen, wenn er anstatt eZ nur die e7 hätte, denn solchenfalls würden, wie der Augenschein lehrt, die Gegner höchstens 57 Augen erhalten.


  1. Wenn Spieler mit eZ sticht, so gewinnen die Gegner sofort mit 60 Augen, da Hinterhand mit eD übernimmt.
  2. Die Hinterhand darf jetzt noch nicht einstechen, weil der Partner klein r haben muß und daher nicht wimmeln kann, während ihr die eZ des Spielers außerdem doch nicht entgehen kann und hierbei sicher auf eine Wimmelung zu rechnen ist.
Skat-Briefkasten.

L… in Klappendorf. Ihre Lösung der 2. Skataufgabe auf andere Weise ist nicht richtig, denn die Gegner kommen bei Ihrer Kartenvertheilung aus dem Schneider bei richtiger Spielweise: 1. g8, gD, gK (−15) 2. r7, eK, rK (+8) 3. gW, eW, eZ (−14), 4. g7, e9, gZ (−10). Sie behaupten, die 3. Aufgabe sei leicht und auf verschiedene Art zu lösen, haben es aber unterlassen, eine Lösung beizufügen. Sollten Sie sich nicht irren? Von den eingesandten Aufgaben ist das Null ouvert bereits anderwärts veröffentlicht; von der anderen Aufgabe machen wir vielleicht gelegentlich Gebrauch.


Kleiner Briefkasten.
(Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.)

H. B. in Königsberg. Der Artikel über den Ursprung der Zeitungsenten hat Sie lebhaft interessirt; wir sind in der Lage, ihm hier einige Ergänzungen folgen zu lassen. Es wird uns mit Bezug auf diesen kleinen Aufsatz in den „Blättern und Blüthen“ von Nr. 4 mitgetheilt, daß die Erzählung von den Vögeln, welche auf Bäumen wachsen, sich schon hundert Jahre früher, als dort angegeben ist, findet, und zwar in der „Kosmographie“ von Sebastian Münster (†1552), nur werden die Vögel dort nicht Enten genannt. Es heißt dort im II. Buch Kapitel 9: „In Schottland findt man Bäume, die bringen laubechtig knöpff, und wenn es Zeit ist, daß sie herabfallen und kommen in das Wasser, werden lebendige Vogel darauß, die man Baumgänß nennt. Man findt ihr Gewechß oder Zucht auch in der Insel Pomonia, nicht fern von Schottlandt gegen Mittnacht im Meere gelegen. Es schreiben die alten Cosmographen, also namentlich Saxo Gramatikus, auch von diesen Baumgänsen.“ Auch die Abbildung des Baumes mit den Früchten und den daraus entsprungenen Vögeln findet sich schon bei Münster und die andere im „Kräuterbuch“ ist wohl nur Nachbildung.

Dr. G. J. in Leipzig. In Folge Ihrer freundlichen Zeilen kommen wir noch einmal auf „den Streit um des Kaisers Bart“ zurück. Sie geben zu, daß die von uns in den „Blättern und Blüthen“ vor Kurzem mitgetheilten Zeugnisse es außer Zweifel setzen, daß der lange graue Bart Karl’s des Großen unhistorisch ist. Somit sind Sie ja mit uns einverstanden. Was Sie indeß hinzufügen, wollen wir unsern Lesern nicht vorenthalten. „Daß der lange graue Bart Kaiser Karl’s aber im Volksbewußtsein existirt, erklärt sich daraus, daß Karl der Große als christlicher Heros in den heidnischen Mythenkreis Wotan’s eingetreten ist, ähnlich wie Kaiser Friedrich der Hohenstaufe in den Donar’s. Der im Berge sitzende Kaiser ist bekanntlich der rothbärtige Donnergott, welcher noch immer der Stunde harrt, daß die aus der Edda genugsam bekannten Raben Odhin’s, Hugin und Munin, ihn wieder zum Rathe berufen, daß heißt, daß der alte verdrängte Volksglaube wieder erstarke.“

F. in Lübbenau. Wir danken Ihnen für Ihre freundliche Mittheilung, die sich auf unsern Artikel „Ein Zeuge der Urwälder Deutschlands“ (S. 115) bezieht, und theilen aus derselben Folgendes unseren Lesern mit: „Der Spreewald birgt heute noch einen Baumriesen, und zwar einen lebenden, der den in der Elbe aufgefundenen an Umfang übertrifft. Dieser letztere, die sogenannte Florentinen-Eiche auf dem Büttner bei Straupitz, dem Grafen von Houwald gehörig, hat einen geringsten Umfang von 9 und einen weitesten von 10 Metern. Leider haben Blitze oder Orkane während des mindestens tausendjährigen Lebens des Baumes seine Krone wiederholt vernichtet, so daß die Höhe im Verhältniß zur Stärke niedrig geblieben ist. Doch die noch vorhandenen seitlichen Aeste sind so gewaltig, daß sie allein betrachtet für Riesenbäume gehalten werden würden. Staunen und Bewunderung erfaßt den Beschauer dieser erhabenen Waldesmajestät, die in ihrer Jugend auf den blutigen Völkerkampf zwischen Deutschen und Wenden, zwischen Christen und Heiden niedergeschaut.“


Inhalt: Götzendienst. Roman von Alexander Baron v. Roberts. S. 217. – Die Franzosen in der Schweiz. Eine historische Erinnerung aus der Zeit der großen Revolution. Von O. Henne am Rhyn. S. 220. – Das Hasengärtchen. Illustration. S. 221. – Bärenjagden des Prinzen Wilhelm von Preußen. S. 225. Mit Illustrationen S. 225, 228, 229 und 232. – Herzenskrisen. Roman von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 226. – Im Lenz. Gedicht von Anton Ohorn. Zur Kunstbeilage dieser Nummer. S. 223. – Allerlei Nahrung. Gastronomisch-naturwissenschaftliche Plaudereien. Von Carl Vogt. III. Muschelthiere. S. 233. – Blätter und Blüthen: Deutscher Bürgersinn. S. 234. Mit Illustrationen S. 217 und 235. – Deutsche Kochkunst im 16. Jahrhundert. S. 235. – Osterbrauch in Kärnthen. S. 236. Mit Illustration S. 224. – Dramatische Preisausschreibungen. S. 236. – Allerlei Kurzweil: Skat-Aufgabe Nr. 4. Von B. v. P. S. 236. – Auflösung der Skat-Aufgabe Nr. 3 auf S. 132. S. 236. – Skat-Briefkasten. S. 236. – Kleiner Briefkasten. S. 236.


manicula Hierzu die Kunstbeilage: „Im Lenz“, Ostergruß der „Gartenlaube“ an ihre Leser.

Herausgegeben unter verantwortlicher Redaktion von Adolf Kröner. Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig. Druck von A. Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1887). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1887, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1887)_236.jpg&oldid=- (Version vom 7.8.2023)