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verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

Saales, da trat Weika zu ihm und schlang ihre Hände um seinen Nacken. Er fühlte ihren Kuß wie einen Blitzschlag. Seine bebende Brust verlangte weiter nach dem Schlag ihres Herzens, sein heißer Mund nach ihren Lippen. Aber mit hochrothen Wangen entschlüpfte ihm das Mädchen und wiegte sich im nächsten Augenblick mit Bruder Karle im Tanz.

Worte hat ein Seemann im Sturm solcher Gefühle nicht zur Hand. Oluf mußte hinaus, um nicht mitten im Tanzgewühl einen lauten Schrei auszustoßen. Draußen am Meeresstrande lief er auf und ab, hielt wortlose Zwiesprach’ mit der rollenden Brandung und dem sausenden Sturm. Er jauchzte in stummem Entzücken und vermeinte mit vollen Segeln dahinzurasen den Inseln der Seligen zu.

Am andern Tag schon kam der Schlag, der alles Gute in ihm vernichtete.

Beim Tagesgrauen kam Karle an Bord des „Herkules“, auf dem die Brüder dienten. Mit glänzenden Augen ging er zu dem vor Erregung nicht schlafenden Oluf: „Weika ist meine Braut; sie selbst verkündete es Dir schon mit einem Kuß, wie sie mir gestanden hat.“

Der Rest war Haß und Qual.

(Schluß folgt.)

Pflege des Gehörs.
Von Dr. Joh. Hermann Baas (Worms).
(Schluß.)

Das Verständniß des Folgenden können wir dem Laien nur vermitteln, wenn wir vorher mit einigen Worten auf die wunderbare bauliche Einrichtung des Gehörorgans hinweisen und dabei die nebenstehende bloß schematische, also nicht naturgetreue, sondern nur einen allgemeinen Ueberblick gewährende Abbildung zu Hilfe nehmen.

Die Ohrmuschel, die äußere Ohröffnung und eine kurze Strecke des äußeren Gehörgangs (bis a) kann Jedermann ohne Weiteres sehen; der Rest des letzteren bis zum Trommelfell dagegen (von a bis b) ist nur mit Hilfe von Ohrspiegeln sichtbar zu machen. Das zuletzt genannte Gebilde ist ein papierdünnes Häutchen von der Größe eines Zwanzigpfennigstückes, das bei jedem Schall, der es trifft, hin- und herschwingt, wie das Fell einer Trommel. Dasselbe schließt das verhältnißmäßig weite Mittelohr, die sogen. Trommelhöhle (cc), welche die zierlichen Gehörknöchelchen (f) enthält, nach außen hin ab. Die letztere „Höhle“ ist wiederum ihrerseits nach dem Munde, respektive Rachenraum hin offen (d); sie steht durch die etwa rabenfederstarke, hohle Eustach’sche Röhre oder Ohrtrompete (l) mit diesem in Verbindung. Ganz in Knochen eingebettet liegt das innere Ohr (i) mit seinen halbcirkelförmigen Kanälen und der Schnecke, welche die Ausbreitung des Gehörnerven enthält, auf den sich die Schalleindrücke mittelst der Gehörknöchelchen übertragen.

Schematische Darstellung des Baues des Gehörorgans.
a Aeußerer Gehörgang. b Trommelfell. c Trommelhöhle (mittleres Ohr) mit dbe Gehörknöchelchen (f) und Eingang in die Eustach’sche Röhre (l). d Oeffnung dieser im Nasenrachenraum. i Inneres Ohr mit der Schnecke und den 3 halbzirkelförmigen Kanälen.
k Felsenbein.

Daß das Ohr mit dem inneren Mundraum wirklich in offener Verbindung steht, kann man sich leicht zum Bewußtsein bringen, wenn man Mund und Nase schließt und dann nach hinten zu blasen strebt oder, noch leichter, wenn man, während die Lippen fest zugepreßt und die Nasenöffnnngen mit Daumen und Zeigefinger zugehalten werden, einen ordentlichen Mund voll Luft nach hinten schluckt: es fahren dann, wie es gewöhnlich heißt, die Ohren zu, und es entsteht ein dumpfes Druckgefühl im Ohre selbst, welches daher rührt, daß Luft mit einer großen Gewalt ins Mittelohr durch die Eustach’sche Röhre hindurch getreten ist und das Trommelfell nach außen wölbt. Noch deutlicher wird die Sache, wenn das letztere, was in seltenen Fällen von Geburt aus der Fall ist, eine feine Oeffnung hat; dann dringt die eingetriebene Luft durch diese und den äußeren Gehörgang nach außen und verursacht ein blasendes Geräusch, welches ziemlich weit hörbar wird; die hervorströmende Luft vermag auch eine vorgehaltene Flaumfeder in Bewegung zu versetzen.

Jene offene Verbindung des Ohrs mit dem Nasen-Mundraum (bei d) ist nun nicht allein für das Hören an sich von großer Wichtigkeit (denn auch von der Eustach’schen Röhre aus gehen Schallwellen ins Ohr), sondern sie ist auch für die Schwingungen des Trommelfells (b), für die Existenz des letzteren von großer Bedeutung, mit einem Worte, sie ist zugleich ein Schutzmittel für dasselbe. Von einem starken Schall getroffen, spannt sich das Häutchen nämlich so, daß es nach innen ausgebogen wird; dadurch wird zugleich die Luft in der Trommelhöhle zusammengedrückt. Kann nun ein Theil davon durch die offene Ohrtrompete nach dem Munde entweichen, so ist die Gefahr der Zerreißung für gewöhnlich vermieden; könnte sie aber nicht austreten, so würde von innen her ein starker Gegendruck entstehen, der das Trommelfell zerreißen müßte. Die Existenz der Ohrtrompete ist also wieder einer jener zahlreichen Beweise, wie die Schöpfung beim Aufbau der Organe des Körpers mit wunderbarer Fürsorge auf deren Erhaltung bedacht war!

Die angeborenen Oeffnungen im Trommelfell, deren wir oben erwähnten, sind meist sehr fein und haben deßhalb wenig Einfluß auf die Gehörschärfe. Anders verhält sich die Sache dagegen, wenn solche durch Krankheiten des Ohrs oder durch Zerreißung in Folge plötzlicher, aus nächster Nähe kommender überstarker Schalleindrücke entstanden sind. Vor letzteren sollte das Gehör stets bewahrt bleiben! Und doch geschieht das bei Weitem nicht immer mit der nöthigen Sorgfalt, ja man ruft nicht selten aus Leichtsinn und Uebermuth solche geradezu hervor! Reißt in Folge davon das Trommelfell ein, so sind die Risse meist groß und heilen nur selten wieder vollkommen zu, so daß dauernde Verminderung der Hörfähigkeit zurückbleiben muß; ja es kann diese sogar durch nachfolgende Entzündung im Mittelohr ganz verloren gehen. Muthwillig herbeigeführte Zerreißungen ereignen sich z. B. nicht selten bei sogen, „festlichen Gelegenheiten“, bei denen es ja, besonders auf dem Lande, aber auch in Städten, immer noch aus meist überladenen Böllern heut zu Tage so knallen muß, wie wenn das Schießpulver erst gestern und bloß zur Freude der Menschheit erfunden worden wäre; auch dem Unfuge des Neujahranschießens fällt außer mancher Hand noch so manches Trommelfell zum Opfer. Seltener geschieht das in Folge einer „kräftigen“ Ohrfeige, die außer durch starken Schall auch noch durch plötzliche Luftverdichtung im Gehörgange gefährlich wird. Vor derartigen Züchtigungen sind besonders Lehrer zu warnen, ebenso wie vor dem vielfach beliebten Aufschlagen eines langen spanischen Rohres auf die Schultafel, um durch den plötzlichen Knall sich augenblickliche Ruhe zu verschaffen. Verfasser hat aus beiden Veranlassungen entstandene große Trommelfellrisse beobachtet. Was ist aber zum Schutze des Gehörs zu thun, wenn ein Trommelfellriß nicht mehr ganz verheilte? In der Regel beschränkt

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verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1886, Seite 792. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_792.jpg&oldid=- (Version vom 22.12.2022)