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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

ornithologischen Komités dar, ein Gegenstand, auf welchen wir ein anderes Mal des Ausführlichen zurückkommen wollen.

Die Ausstellung, bereits die vierte des Ornithologischen Vereins, bot im Ganzen ein reichbewegtes, interessantes Bild, und wer die Wiener Verhältnisse kennt, der wird dem Vereinspräsidenten Bachofen voll Echt und dem Arrangeur der Ausstellung, Regierungsrath Dr. v. Hayek die Anerkennung dafür nicht vorenthalten, die Scientia amabilis der Ornithologie endlich auch dort populär gemacht zu haben, was aus dem fast beispiellosen Andrange zu derselben - binnen 9 Tagen 60 000 Personen - hervorgeht.

Und doch fehlte durch einen tückischen Zufall die Hauptzierde derselben, eine Kollektion der seltensten lebenden Vögel aus Neuseeland, welche der berühmte Ornithologe Buller derselben zuführt. Wahrscheinlich schwimmt er noch auf dem Rothen Meere , verschmachtend in tropischer Gluth und ängstlich besorgt um seine drollig aussehenden Kiwis, die auf dem Kontinent noch nicht lebend gesehen wurden und diesmal leider nur in ausgestopftem Zustande vorgeführt werden konnten. Diese zügellosen Vögel leben in unterirdischen Höhlen, welche sie nur des Nachts verlassen, um ihrer aus Würmern bestehenden Nahrung nachzugehen. Seit Einführung der vierfüßigen Raubthiere, der Hunde, Katzen und der unfreiwilligen Importation der Ratten, werden die Kiwis immer seltener und dürften sehr bald ausgestorben sein.

Doch bringt Buller, wie er versicherte, auch andere, große Seltenheiten von den Inseln der heißen Quellen mit. Wenn dieselben, wie zu erwarten ist, glücklich ankommen sollten, würde der Ornithologische Verein neue Triumphe feiern, die vielleicht gleichfalls einer Schuderung werth sein durften. G.H.

Ibis nipon, Pfauen-, Ohrfasan und eine Eierkollektion.




Was will das werden?
(Fortsetzung.)


5.

Meine liebeselige Stimmung verflog nicht mit der schönen Stunde, die sie gezeitigt - sie blieb tage-, wochen- , mondelang, nicht immer in gleicher Höhe, sondern fluthend, ebbend, heute ein Rausch, der mir die Sinne schier umnebelte und mich zu jeder tüchtigen Arbeit unfähig machte, morgen eine kraftvoll arbeitsfrohe Begeisterung; dann wieder ein seliges Träumen zu den Wipfeln der Bäume hinauf, in denen die Vögel sangen, hin über die sonnigen Beete mit den Schmetterlingen die von Blume zu Blume sich wiegten - aber sie blieb. Es war damit, wie mit dem Patscholiduft in meinen Schloßzimmern, der nicht „heraus wollte", wenn er sich auch einmal mehr bemerklich machte, als das andere Und auch in einem Zweiten hatte die Stimmung in meinem Herzen mit dem Duft in meinem Zimmer Aehnlichkeit. „Man gewöhnt sich daran," hatte Holzbock gesagt. Es kam die Zeit, wo ich den Duft nicht mehr spürte, trotzdem er da war, wie sonst, und es kam die Zeit - und o, wie wie bald! - wo ich die Seligkeit in mir wohl noch empfand, aber doch nur als Etwas, das sein müsse, und von dem ich kaum begreifen konnte, daß es nicht immer gewesen.

Die Brücke, welche die Gegenwart mit meiner Vergangenheit hätte verbinden sollen, schien abgebrochen, und wenn sie noch stand, ich hatte keine Lust, sie zu betreten. Es war nicht eigentlich mein freier Wille geweseu, was mich in diese neuen Verhältnisse geführt hatte, die mit den alten angewohnten in schroffstem Gegensatz standen; aber sollte ich mir selbst nicht als ein leichter Ball erscheinen, den der Zufall heute hierhin schleudert und morgen dorthin, mußte ich aus der Noth eine Tugend machen, in der ich mir selbst gefiel. Und das gelang mir zu meiner großen Beruhigung überraschend gut und schnell. Du gehörtest einmal nicht, tröstete ich mich, zu dem zahmen Geflügel, das auf dem festen Lande sein sicheres Nest hat; - ein Sturmvogel bist du, der heimlos über das wilde Meer schweift nlld keine Rast kennt, als wenn er sich einmal auf der züngelnden Welle schaukelt. Dazu hat dich das Schicksal gewollt, das dich zu einer Zeit, in welcher andere Jünglinge unter der Eltern, der Verwandten treuer Hut die ersten tastenden Schritte in das Leben thun, ohne Eltern und Verwandte auf dich selbst stellte. So magst du nun sehen, wie du mit dem Leben fertig wirst.

Und wenn mir dann das Gewissen zuraunen wollte, daß ich, immerhin eltern- und verwandtenlos, doch gute Freunde mein nennen durfte: in erster Linie den wackeren Professor, in zweiter die guten Frauen in dem alten Giebelhause - deren Rath und thatkräftige Hilfe mich wohl auch „mit dem Leben hätten fertig werden“ lassen – so brachte ich die mahnende Stimme bald zum Schweigen. Das Leben, zu dem sie mir verholfen hätten im besten Falle, war das Leben nicht, das ich führen konnte, war eines in Ketten und Banden, die ich doch einmal hätte sprengen müssen. So war es ja nur ein ungeheueres Glück, daß ich es so früh gethan.

Und in der Konsequenz dieses Bruches mit meiner Vergangenheit, welcher mir in meines Geistes Thorheit als eine Heldenjünglingsthat erschien - wenn ich auch in einem langen Brief an Professor Hunnins meine Flucht aus der Heimath einen „Pagenstreich“ nannte und als solchen zu entschuldigen suchte – wurde es mir nicht allzu schwer, der neu errungenen Freiheit auch die Erinnerung an meine Jugendfreunde zum Opfer zu bringen: an Schlagododro, an Adalbert, selbst an Maria. Mit jedem Tage wurden die theueren Gestalten mehr zu blassen Schemen, denen ich auswich, wollten sie mir nahen. Und hatte ich nicht guten Grund dazu? Wie verwundert würde der Löwenherzige die blauen Augen gerollt und die gelbe Mähne geschüttelt haben über mein jetziges Leben! Wie hätte es die schneidende Satire des blassen Spötters herausgefordert! Und hätte ich dem lieben Mädchens das nicht lachen konnte, in ihr ernstes Gesicht sagen können –

Nun ja, es muß gesagt sein, weil es einzig und allein diese Tollheiten erklärt, wenn es auch in sich selbst die Tollheit der Tollheiten - ach! und etwas viel Schlimmeres war, wofür ich aber nicht die Verantwortung zu tragen brauche - Gott sei Dank! - es muß gesagt sein, daß ich Frau von Trümmnau liebte.

Für mich schon längst nicht mehr Frau von Trümmnau - für mich Adele, die ich mit dem herzlichen Du anredete und die mir das Tu von Herzen zurückgab. Freilich nicht in der Gesellschaft, nur wenn wir allein waren. und wir waren es nicht so oft, wie es mein Sehnen verlangte, das immerdar zu ihr ging; aber doch so ost es ihre und meine Zeit erlaubte, und die Rücksicht, welche sie aus die Gesellschaft nehmen zu müssen behauptete, selbst in Anbetracht eines jungen Menschen „sans conséquence“

und dessen „Mutter sie beinahe sein könne“.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Leipzig: Ernst Keil, 1886, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_318.jpg&oldid=- (Version vom 29.11.2021)