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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886)

Deutschlands merkwürdige Bäume. Nr. 6. Die Kaisereiche zu Eppelborn. Unsere Altvordern huldigten mit Vorliebe der Sitte, in den Kronen breitästiger Bäume Bänke und Tische aufzuschlagen und dort in freier Luft in der natürlichen Laube geselligen Freuden sich hinzugeben. An Dorffesten thronte in solchen Linden und Eichen die Musik und ließ von dem hohen Podium ihre rhythmischen Klänge zum Tanze der Jugend erschallen. Daß diese Sitte noch nicht ganz vergessen wurde, beweist uns die originelle Eiche zu Eppelborn im Regierungsbezirke Trier, die in jüngster Zeit zu jener merkwürdigen und interessanten Schöpfung umgestaltet wurde, die uns die nebenstehende Abbildung vorführt.

Seit den Septembertagen 1870 enthielt diese Eiche, die eine Höhe von 15,6 Meter erreicht, nur einen einfachen Tisch nebst einer Bank in ihrer Krone, bis der Bürgermeister E. Schwan in Eppelborn im Jahre 1882 die primitive Anlage zu erweitern beschloß.

Eine massive Holztreppe, die bis zur Krone hinaufführt, umgiebt jetzt den Stamm, an welchem sieben Podestböden mit Blumengeländer angebracht sind. Die Hauptsache bildet ein durch zweckmäßiges Binden und Schneiden der Aeste hergestellter, 10 Quadratmeter weiter und 3 Meter hoher Bodenraum, in dem ein Tisch, Kaffeeschrank, Spiegel und eine Bank aufgestellt sind. Als Schmuck erblickt man in ihm verschiedene in Spiritus eingesetzte Thiere und Mörser mit vollständigen Lafetten, während ein Faß, aus dem vier verschiedene Getränke verzapft werden können, praktischeren Zwecken dient. Ein Taubenschlag, Käfige mit Edelfalken und sonstigen Vögeln, ein Eichhornkasten, Wettersignale vervollständigen die bunte Ausstattung des merkwürdigen Baumes. In höchster Höhe ist noch eine Aeolsharmonika angebracht und „sendet“, wie die uns vorliegende Beschreibung berichtet, „ihre melodischen Klänge ins Thal, besonders den nächtlichen Wanderer überraschend.“ Größere und kleinere Photographien der Kaisereiche zu Eppelborn sind von dem genannten Bürgermeister E. Schwan zu beziehen, der den gesammten Reinertrag aus dem Verkauf derselben für die Ortsarmen bestimmt hat. *     

Die Kaisereiche zu Eppelborn.
Nach einer Photographie.


Nationaler deutsch-amerikanischer Schulverein. In Chicago hat sich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahres ein Verein gebildet, der es verdient, auch diesseit des Oceans mit besten Wünschen für ein ersprießliches Gedeihen begrüßt zu werden: ein deutsch-amerikanischer Schulverein, welcher in ähnlichem Sinne in Amerika wirken will, wie dies der allgemeine deutsche Schulverein in Europa schon seit einigen Jahren gethan hat.

Das Programm des Vereins ist ein so klares und verständiges, daß ein erfreulicher Erfolg seiner Bestrebungen kaum fraglich sein durfte. Die amerikanische Nation zu einem einheitlichen Ganzen auszugestalten, ist das Ziel, welchem auch der Deutsch-Amerikaner zustrebt; aber zur Erreichung dieses Zieles, bis zur Verschmelzung der verschiedenen Nationalitäten zu einem einzigen großen amerikanischen Volke soll das Hauptstreben des Einzelnen wie der Gesammtheit darauf gerichtet sein, das neue Volk mit den besten Charakterzügen und Errungenschaften auszustatten, welche die verschiedenen Völker der alten Welt sich mühevoll im Laufe der Jahrhunderte angeeignet haben. Da nun aber das deutsche Volk vor anderen reich ist an Eigenschaften, welche zur Hebung und Festigung der jungen werdenden Nation geeignet sind, so ist die Erhaltung, Kräftigung und Ausbreitung des deutschen Elementes in der amerikanischen Bevölkerung aus diesem Grunde – im wohlverstandenen eigenen Interesse – nicht eine bloße Anhänglichkeit an die vertraute Sprache und das alte Vaterland und seine Kultur, sondern eine Pflicht. „Das deutsche Volk,“ heißt es diesbezüglich in dem Programm des Vereins, „besitzt treffliche Eigenschaften des Herzens und Geistes, und insbesondere haben ihm seine Arbeitstüchtigkeit, sein wirthschaftliches Talent, seine Erziehungsmethoden, wissenschaftliche und künstlerische Erfolge, sowie seine reiche klassische Litteratur den Beifall und die Anerkennung aller andern Kulturvölker eingetragen. Wir Deutsch-Amerikaner sind aber natürliche Erben dieser Vorzüge des deutschen Volkes, und da wir zugleich unter all den hier eingewanderten Bevölkerungselementen das zweitmächtigste sind, so würden wir uns an unserer Abstammung und dem Wohle unseres Adoptiv-Vaterlandes versündigen, setzten wir nicht all unsere Kräfte ein, unsere Nachkommen und so zugleich die werdende amerikanische Nation jener Vorzüge theilhaftig zu machen.“ Zur Erreichung dieses Zieles ist in erster Reihe die Erhaltung der deutschen Sprache in Schule und Haus nothwendig; und die thatkräftige Pflege derselben insbesondere durch Gründung deutscher Schulen und Beibehaltung des Deutschen als Verkehrssprache ist es, welche sich der deutsch-amerikanische Schulverein zur Aufgabe gestellt hat.

Hierzu ein aufrichtiges „Glückauf!“ auch von den Stammesbrüdern im alten Vaterlande! * *     


Friedrich Wilhelm Gubitz. Der Name des ausgezeichneten Künstlers und Schriftstellers ist in der „Gartenlaube“ kein fremder. Als im Jahrgang 1867 (Nr. 9.) aus der Feder Max Ring’s ein Artikel über „Die Berliner Presse“ erschien, mußte auch Gubitz’ in ehrenvollster Weise gedacht werden, und der Artikel „Moderne Kunstindustrie“ (1874 Nr. 32) beschäftigt sich gleichfalls mit ihm. Er war befreundet mit Heinrich Heine, Achim von Arnim, Clemens Brentano, Karl Maria von Weber sowie anderen bedeutenden Männern und stand in den zwanziger und dreißiger Jahren durch seine seit 1817 herausgegebene Zeitschrift „Der Gesellschafter“ – in welchem auch Heine’s früheste Gedichte erschienen – mit den hervorragendsten Schriftstellern in reger Verbindung. Große Verdienste erwarb er sich aber namentlich durch seinen gehaltvollen „Volks-Kalender“ und um die Förderung der Holzschneidekunst, in welcher letztern er so Vorzügliches leistete, daß seine Arbeiten noch heute mit Auszeichnung genannt zu werden verdienen, und daß es nur gerecht erscheint, das Andenken an den Künstler gelegentlich der hundertsten Wiederkehr seines Geburtstages – am 27. Februar d. J. – durch einen Hinweis auf seine Leistungen ehrend zu erneuern. Gestorben ist Gubitz in Berlin am 5. Juni 1870, und manchem Berliner Schriftsteller oder Künstler ist der kleine ernste Herr mit dem vollen schneeweißen Haar noch in lebhafter Erinnerung. * *     


Kleiner Briefkasten.

G. R. in K. Der am 4. Februar verstorbene frühere Abgeordnete Hans Victor von Unruh, 1848 letzter Präsident der preußischen Nationalversammlung, war von 1863 bis 1871 Mitglied des Abgeordnetenhauses und gehörte von 1867 bis 1879 auch dem Reichstage an. Geboren war v. Unruh am 28. März 1806 in Tilsit.

A. G. in Gyon. Die Adresse des Malern Richard Püttner ist: München-Neuhausen-Neuwittelsbach 22. Derselbe ist gern bereit, nach Angabe Ihrer vollen Adresse die vorliegenden Fragen ausführlicher zu beantworten, als es an dieser Stelle bei dem knapp bemessenen Raume möglich ist.

Alter Abonnent W. im Harz. Die Beantwortung Ihrer Anfrage würde uns zu weit führen. Wir empfehlen Ihnen jedoch das nicht zu umfangreiche Buch „Der Kaffee in seinen Beziehungen zum Leben, geschildert von Dr. Heinrich Boehnke-Reich“ (Leipzig, Fr. Thiel), in welchem Sie auch über Surrogate und Zusätze zum Kaffee, Ermittelung von Verfälschungen desselben etc. eingehende Auskunft finden.


Inhalt: Was will das werden? Roman von Friedrich Spielhagen (Fortsetzung). S. 133. – Briefliche Kuren. Als Warnung mitgetheilt von einem langjährigen praktischen Arzte. S. 138. – Gebrüder Grimm. Zum hundertjährigen Geburtstage Wilhelm Grimm’s. Von Dr. Georg Winter. S. 139. Mit Portraits S. 134. – Die Andere. Von W. Heimburg (Fortsetzung). S. 141. – Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit. Das neueste Unterseeboot. Mit Abbildung. S. 146. – Blätter und Blüthen: Das Beschlagen des Faschingspferdes im Gailthale. Von Thomas Schlegel. S. 147. Mit Illustration S. 137. – Honoratiorenball. S. 147. Mit Illustration S. 145. – Die Wacht der Montenegrinerin. Gedicht von Frieda Schanz. S. 147. Mit Illustration S. 141. – Deutschlands merkwürdige Bäume. Nr. 6. Die Kaisereiche zu Eppelborn. Mit Illustration S. 148. – Nationaler deutsch-amerikanischer Schulverein. – Friedrich Wilhelm Gubitz. – Kleiner Briefkasten. S. 148.


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redakteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1886). Leipzig: Ernst Keil, 1886, Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1886)_148.jpg&oldid=- (Version vom 2.2.2024)