Seite:Die Gartenlaube (1885) 492.jpg

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

Eines Sonntagmorgens wurden wir halb traurig, halb freudig überrascht, als der Vater uns seinen abgeschnittenen Zopf, der auf einem Bogen Papier kaum Platz hatte, vorlegte. Er trug nun sein volles, silberweißes, seidenweiches Haar, das ihm bis zum 77. Jahre geblieben ist, und gefiel uns nur um so besser.“

So endete der letzte Zopf!

Doch nein! Es war nicht der letzte. Als 1814 der alte Kurfürst von Hessen in Cassel wieder eingesetzt ward, da stellte er bei seinen Soldaten den Zopf wieder her. Er wußte nicht, daß der Zopf so lange als Symbol der Aufklärung, der Freigeisterei und des Fortschritts gegolten. Er hielt ihn für das Symbol der Legitimität und der guten alten „kurhäßlichen“ Zeiten.

Allein das Vergnügen dauerte nicht lange. Als sein Sohn ans Regiment kam, befahl er sofort, alle Zöpfe abzuschneiden und in die Fulda zu werfen. Und so sind sie aus der Fulda in die Weser geschwommen und aus der Weser in die Nordsee. Und wiederkommen werden sie schwerlich.

Das war das traurige Ende des vormals so lustigen Zopfes.


Burgen in Bozens Umgebung.

Von Ignaz Zingerle.0 Mit Illustrationen von Richard Püttner.
(Schluß.)

Schloß Sigmundskron, von der Etsch aus gesehen.

Von der Talferbrücke, die wir auf der Wanderung nach Gries schon einmal überschritten haben, führt die Straße durch Felder und Wiesen in einer Stunde an die breitschweifende, langsam fließende Etsch. An ihrem rechten Ufer ragt vor uns auf mächtigem Porphyrfelsen, von Eichen und Buschwerk belebt, das gewaltige Sigmundskron mit seinen massiven Mauern und runden Eckthürmen, als Ruine noch ein imposanter Bau, eine Hofburg ersten Ranges. Und welchen Alters mögen die ältesten dieser Mauern sich rühmen! Schon im 9. Jahrhundert stand hier das Kastell Formigarum, ein Bollwerk der Bischöfe von Trient. Ja, manche Forscher wollen hier das römische Pons Drusi gefunden haben. Den jetzigen Namen führt es vom Herzog Sigismund dem Münzreichen, der die hochwichtige Burg erwarb und in den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts erweitern und mit den mächtigen Mauern und Thurmen befestigen ließ, – angeblich als Schutzwerk gegen die Venetianer. Großer Vorrath an Waffen aller Art fehlte nicht. Aber der zweite Gründer und Namensvater von Sigmundskron mußte auch von dieser Schöpfung und seinen anderen nach ihm benannten Burgen und Jagdschlössern Abschied nehmen und in den erlauchten Kreis seiner Vorfahren hinüber schlummern. Da sank mehr und mehr sein größtes Werk, und es bietet nur noch den Anblick einer großartigen Ruine. Wer aber an einem Sommer- oder Herbstabende droben steht und aus der verrotteten Herrlichkeit hinausblickt auf die fruchtbaren, gesegneten Gründe, auf die malerischen, an Formen so wechselnden Berge und auf den im Abendsonnenscheine hellglühenden „Rosengarten“ (vgl. „Gartenlaube“ Jahrg. 1881, S. 599.) derjenige wird nie und nimmer Sigmundskron vergessen, denn die Erinnerung an dasselbe wird in ihm fortblühen, wie der magische Rosenschein der Nadeln und Thürme des feurig strahlenden Dolomitgebirges bei sinkender Sonne. – Wer Hocheppan besuchen will, der steigt durch die düstere Paulser Höhle empor und erblickt an dem Ende derselben den epheuüberrankten Thurm der kleinen Burg Wart, und entfernter die bedeutende Ruine der Altenburg. Ersteres, dem Namen nach ein Vorwerk, ein Spähethurm, gehörte den reichen Weineggern und kam nach deren Ableben 1563 in den Besitz der Herren von Künigl. Von der Altenburg berichtet Franz Ad. Graf von Brandis: „Erstlich dem Geschlecht dieses Namens gehörig, ist ein gar altes Gebäu, castrum vetus genannt, jetzt (1678) fast zerfallen, denen es anno 1276 die Grafen von Tirol zu Lehen verliehen.“

Auf dem Wege nach Hocheppan.

Es ward um das Jahr 1194 erbaut. Im Jahre 1469 waren die Herren von Fuchs dort als Pfandinhaber, später erwarben es die damaligen Freiherren von Thurn. Altenburg war der Sitz eines Gerichtes, und noch besitzen wir eine Ordnung desselben vom Jahre 1570. Beide Burgen sind

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 492. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_492.jpg&oldid=- (Version vom 19.3.2024)