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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

berühmten Kostümfeste des Malkastens in die Kegelbahn hineingestürmt wären. Da vorn am ersten Tische hat sich eine Skatbrüderschaft niedergelassen in ihren drei Schattirungen des Stürmischen, des Siegesbewußten und des schlau Berechnenden, daneben ist die wohlvergnügliche Bowlengesellschaft zu sehen, fruchtfröhliches Volk, kontrollirt und geleitet von einem der Sache wohl kundigen alten Knaben. Zwischen die beiden Gruppen gesellt sich ein Duo von Fremdlingen, die mit absonderlicher Neugier des vielgerühmten Malkastens Kuriositäten betrachten und in jedem Sinnsprüchlein sich den Künstlerhumor um die Philisternase wehen lassen. Vor ihnen sitzt das auch in der Künstlerschaft gedeihende absonderliche Gewächs des Zeitungsfressers. Kurse liest ein deutscher Künstler nicht, aus Romanen macht er sich auch nicht viel, wohl aber giebt es unter unseren Malern etliche Politiker mannigfacher Färbung und oft recht hitzigen Temperamentes. Oder sollte der Mann etwa gar eine „Kunstkritik“ lesen? Armer Mann! Den Schluß dieser Abtheilung des Gemäldes bildet ein phlegmatischer Nikotin-Gourmand, der hinter der Bowlengesellschaft vergnügt und behaglich dasitzt.

Der Fries in der Sommerkegelbahn des Düsseldorfer „Malkastens“ von Phil. Grot Johann. II. Theil.

Der gewaltige König des edlen Kegelspieles scheidet nun die misera plebs der nichtkegelnden Menschheit von den edlen Keglern. Das Schwein und der Pudel, diese beiden dem Kegler wohl bekanntesten Thiergattungen, tragen die Säulen seines Reiches. Nun reiht sich daran des Kegelspieles ganze Lust und ganzer Schmerz: das ekle Zahlen, der tiefsinnige Disput und die große Hauptaktion, die der schwarzhaarige, schnauzbärtige Historienmaler mit aller Verve unternimmt, während der sinnige Landschaftsmaler seinen Plan vorsichtig überlegt und der behaglich fette Genremaler nach gethanem Kraftwurfe im Hintergrunde verschwindet. Vorne aber auf der Bank, da sitzen zwei junge Gesellen. Sie haben noch kein Bild verkauft und kennen nicht den Schmerz des „Nichtverkaufthabens“, aber in ihrem Kopfe, da wimmelt es von Entwürfen, da lebt eine ganze Gemäldegallerie, und zumal der blonde Schwärmer trägt neben der platonischen Liebe, die in solchem Alter üblich, Entwürfe im Kopfe herum, die ihres Gleichen suchen und ihm ein Denkmal in Düsseldorf wie Schadow und Cornelius sichern sollen. Der Andere ist ein Thunichtgut, hat neben malerischen Entwürfen allerlei Schabernak im Kopfe, hält’s nicht mit Plato, sondern faßt ein rundes Düsseldorfer Kind, wenn er es erwischen kann, fest beim Kopfe und küßt es herzhaft ab, aber er „haut“ schon heute eine flotte Studie nur so hin und wird unseres Erachtens einmal noch mehr zu Stande bringen, als der blonde Schwärmer.

Wie oft kann man hier ähnliche Scenen während des Sommers fast tagtäglich in Wirklichkeit beobachten! Wenn es aber kühl wird und der Herbstwind in den Wipfeln rauscht, dann geht es wieder zurück in Herwig’s kleinen köstlichen Wunderbau. – In wenig Strichen haben wir hier eine auserlesene Stätte deutscher Kegelei geschildert zur Freude und Erbauung aller Freunde des edlen Kegelspieles. Sie finden in deutschen Gauen keinen Kegeltempel gleich dem des Düsseldorfer „Malkastens“, woselbst aber auch, wie schließlich noch bemerkt werden mag, nicht blos die Bahnen, sondern auch die Kegler gut sind. K. von Perfall.     

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Leipzig: Ernst Keil, 1885, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_413.jpg&oldid=- (Version vom 27.3.2024)