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verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

Verständlichkeit, auch für den Laien, bedeutend gewonnen. Die Abbildungen, die diesem Artikel als Proben beigegeben sind, mögen, wenn auch nur in kleinem Maßstabe, den Leser von der Richtigkeit des soeben Gesagten überzeugen. Auch die farbige (Chromo-)Illustration ist mit Takt und Auswahl zur Anwendung gekommen. Ich verweise namentlich auf „das Auge des Menschen“ in Heft 29, auf „die Giftpflanzen“ in Heft 106 bis 107 und auf die Tafel „Keramik“ im 150. Heft.

Auch in der neuesten Auflage hat das Konversationslexikon seine vornehme Haltung bewahrt. Es ist nicht Organ einer tendenziösen Parteirichtung, sondern bestrebt sich, allen Erscheinungen unseres Kulturlebens in gleicher Weise gerecht zu werden. Dadurch unterscheidet es sich z. B. von dem hochkonservativen „Staats- und Gesellschaftslexikon“, das der Kreuzzeitungs-Wagener herausgegeben, und von dem „Konversationslexikon für das katholische Deutschland.

Soeben läßt Brockhaus auch eine neue (die vierte) Auflage des zwei bändigeu „Kleinen Konversationslexikon“ vom Stapel. Ich wünsche ihm frohe Fahrt. Es ist für Diejenigen bestimmt, deren wissenschaftlicher Bedarf oder deren Kaufkraft sich bescheidenere Grenzen gezogen. Es theilt dies „kleine“, in Betreff der Vorzüge der neuen Auflage vor den älteren, die Verdienste des „großen“.




Blätter und Blüthen.


„Charitas“. (Mit Illustration S. 261.) Neben den Bildern der Madonna nehmen die der „Charitas“ namentlich bei den italienischen Meistern einen hohen Rang ein. Indem man den Begriff des lateinischen Wortes caritas, als der reinen Menschenliebe ohne alle persönlichen Begehrungen, bildlich darzustellen suchte, schritt man von der Mutterliebe weiter bis zur selbstlosen Liebe der Barmherzigkeit, deren Gegenstand wieder nur das Kind als das hilfloseste Wesen unter allen Geschöpfen sein konnte. Aus dem klassischen Alterthume ist kein Kunstwerk bekannt, das eine solche Idee verkörpert hätte. Diese Kunstschöpfungen gehören der christlichen Gefühlswelt an und haben in Andrea Vannucchi, genannt Andrea del Sarto, ihren berühmtesten Meister gefunden. Seine „Charitas“ im Museum des Louvre ist sogar das bedeutendste Bild, das er in Paris gemalt hat; sie ist als ernste holde Mutter dargestellt, welche drei Kinder nährt, pflegt und bewacht, indem sie einen Knaben an der Brust hat, einen andern mit Früchten erfreut und einen dritten in seinem Schlummer beschirmt. Die „Charitas“ unseres Künstlers W. Bouguereau erscheint dagegen als die sorgende und liebende Barmherzigkeit mit den Hilflosesten, sie behütet den Schlummer der beiden Kinder und wird dann auch weiter sorgen, wie für uns Alle die „Charitas“ sorgte in der Zeit, wo ohne sie alle Kinder verloren wären. F. H.     




Nebelmorgen. (Mit Illustration S. 269.) Ein einfaches Landschaftsbild – Flachland – und doch welch eigenthümlicher Zauber, welche Poesie liegt in dieser Gegend! Weithin bis an den fernen Horizont dehnt sich der einsame Moorgrund. Zwischen den hügelartigen Rohrstauden glitzern wie Silber die stehenden Wassertümpel. Dort und da unterbricht ein Föhrengehölz vermischt mit schlanken Birken die flache Einöde. Im Vordergrunde ragt ein einzelner Birkenstamm, daneben rings hohes Röhricht und dichtes Erlengebüsch. Dies ist die Scenerie, in die uns der Künstler hineinversetzt.

Ein nebliger Septembermorgen liegt über der Ebene. Grau in Grau scheint sich der Himmel auf die Erde herabzusenken, und doch ist es nicht jenes schwere Gewölk, das dem Regen vorherzugehen pflegt, es ist jener leichte Nebel, der in den ersten Morgenstunden aus dem feuchten Moorland aufsteigt, um dann wie Schaum zu zerfließen.

Morgendämmerung ist angebrochen. Der Brunsthirsch ist aus dem Röhricht getreten, aus welchem nächtlicher Weile sein Schrei über das Moor hingellte. Da steht er und „verhofft“. Vielleicht naht sich ein ebenbürtiger Gegner! Abseits von ihm „äugt“ ein „Altthier“ ins Weite hinaus und „sichert“, ob sich nicht irgend etwas Verdächtiges wahrnehmen lasse, während die übrigen Stücke des Rudels „äsen“. Aber Alles ist ruhig, kein Laut körbar in der einsamen Wildniß. –

Indessen erhebt sich ein leichter Wind und spielt in den schlanken Birkenzweigen, der Nebel beginnt sich in die Höhe zu lichten, und die aufgehende Sonne blickt mit mattem Schimmer durch den Schleier des Gewölks. J. C. Maurer.     




Der Arbeiter-Bauverein in Kopenhagen. Unser kleiner Aufsatz in Nr. 34 der „Gartenlaube“, Jahrgang 1884, hat einen überaus erfreulichen Erfolg aufzuweisen. In Chemnitz in Sachsen hat sich, wesentlich anschließend an die von uns geschilderten Grundlagen des Kopenhagener Musters, eine Arbeiter-Baugenossenschaft gebildet. In Leipzig und Zwickau sind Bestrebungen im Gange, die dasselbe Ziel zu erreichen versprechen. Aehnlich an vielen anderen Orten, selbst weit außerhalb der Landesgrenzen. Wenn zunächst nur ein kleiner Theil derjenigen Städte, die sich bei dem Arbeiter-Bauverein in Kopenhagen, bei dem Arbeiter-Bauverein in Flensburg und bei dem Unterzeichneten Auskunft über die Einrichtung erbeten haben, zum praktischen Handeln gelangt, so wird das ausgestreute Samenkorn zweifellos reiche Früchte tragen.

Am 31. März fand die Generalversammlung des Kopenhagener Vereins statt, in welcher die neunzehnte Jahresrechnung für 1884 vorgelegt wurde. Der Bericht lautet wiederum sehr günstig: die Zahl der Mitgliederantheile ist in 1884 von 12 643 anf 13 553 gestiegen, wobei der gesammte Abgang an ausgeschiedenen, verstorbenen, verzogenen und gelöschten Mitgliedern berücksichtigt worden. Der Unterstützungsfonds ist einzelnen Hausbesitzern, die zeitweilig in Bedrängniß gerathen waren, insbesondere einigen Wittwen verstorbener Eigenthümer zu Gute gekommen. Im Frühjahre wurden 20 Häuser zum Gesammtwerthe von 153591 Kronen und im Herbste 19 Häuser zum Werthe von 147911 Kronen an Mitglieder übertragen. Damit ist die Häuserzahl des Vereins aunf 562 zum Werthe von 3991944 Kronen (4490937 Mark) gestiegen, von welchem Betrage 844599 Kronen abgetragen sind. 49 Häuser befinden sich im Baue, die im nächsten Frühjahre zur Ablieferung gelangen.

Am 1. Februar d. J. wohuten in jenen 562 Häusern 4381 Personen. Neuerdings ist ein Terrain erworben worden, welches für 203 weitere Häuser Platz bietet. Die Gesundheitsverhältnisse in den Vereinshäusern, worüber seit 1878 genaue Aufzeichnungen gemacht werden, erweisen sich nach wie vor als ganz vortrefflich. In 499 Häusern mit 3920 Bewohnern sind im Vorjahre 58 Todesfälle vorgekommen, das ist 14,8 pro Mille (annähernd dasselbe, was in den letzten vier Jahren beobachtet worden); in ganz Kopenhagen war das Verhältniß 23,57 pro Mille (im Durchschnitt der letzten sieben Jahre 23,47 pro Mille). Auch für 1885 ist abermals eine Summe ausgesetzt, bestimmt zur Prämiirung der am besten gepflegten kleinen Blumengärten vor den Häusern. Inmitten der Hauptanlage beabsichtigt der Vorstand nunmehr ein größeres Gebäude für eine Volksbibliothek mit Lesezimmern und einem Vortragssaale herzustellen. Die Kosten werden sich auf etwa 100 000 Kronen belaufen, die man durch besondere Einnahmen aufzubringen hofft. In den Wintermonaten sollen hier verschiedene Reihen ausgewählter populärer Vorträge gehalten werden. Ein hochgeschätztes Vorstandsmitglied schreibt uns darüber: „Wir hoffen durch diese Vorträge manchen guten Keim zu pflanzen. Wir haben unter unsern Mitgliedern viele kleine Leute, deren harte körperliche Tagesarbeit doch nicht den Durst nach Kenntnissen erdrückt. Diesen Durst wollen und müssen wir stillen. Wir wissen, wie viel Befriedigung, Segen und Glück damit gestiftet werden kann.“

Schon dieses Wort legt Zeugniß ab von dem edlen Geiste, in welchem die Verwaltung des Arbeiter-Bauvereins in der dänischen Hauptstadt geleitet wird. Möge der gleiche Geist alle durch jenes Beispiel hervorgerufenen Bestrebungen beseelen!

Kiel. P. Chr. Hansen.     




Einträglicher Obstbau. Seit einigen Jahren sind in Deutschland überall Bestrebungen zu Tage getreten, deren Ziel darauf gerichtet ist, den bei uns darniederliegenden Obstbau und die vernachlässigte Obstindustrie zu heben. Namentlich sucht man kleinere Leute, die über ein Stück passenden Landes verfügen, für diese lohnende Arbeit zu gewinnen, um ihnen einen nicht unbeträchtlichen Nebengewinn zu sichern. Die neue Bewegung verdient die thatkräftigste Unterstützung, denn sie soll uns eine Hausindustrie schaffen, deren Werth in finanzieller und socialer Beziehung nicht unterschätzt werden darf. Unter diesen Umständen muß das Erscheinen eines bündigen Lehrbuchs, welches durchaus populär gehalten ist, mit Freuden begrüßt werden, und auch wir erachten es für unsere Pflicht, unsere Leser auf das Werk „Gressent’s einträglicher Obstbau“ (Verlag von Paul Parey, Berlin) aufmerksam zu machen, das eine Lücke in der pomologischen Litteratur der Neuzeit ausfüllt. Das Buch wendet sich nicht an gelernte Gärtner, sondern an Leute, die nach Erfüllung ihres anderweitigen Berufs die noch freie Zeit auf sorgsame Pflege ihres Obstgärtchens verwenden. Für diese alle ist „Gressent’s einträglicher Obstbau“ geschrieben, und zwar in einer so klaren und anziehenden Weise, daß wir ihm die weiteste Verbreitung wünschen möchten. –i.     




Die höchsten dauernd bewohnten Orte der Erde sind Homle in Westtibet (4598 Meter über dem Meeresspiegel), Cerro de Pasco (4352 Meter) und Potosi (4069 Meter) auf der peruanisch-bolivianischen Hochebene, Ladak in Westtibet (3600 Meter). In Europa wohnen die Menschen nicht so hoch, denn in unseren Alpen liegt die höchste dauernd bewohnte Stelle Sta. Maria am Stilfserjoch nur 2535 Meter über dem Meeresspiegel. –i.      


Kleiner Briefkasten.

Verein der Lehrerinnen und Erzieherinnen in Oesterreich. Gern bestätigen wir Ihnen, daß Ihr Verein in Wien, Wildbrettmarkt 2, unter dem Protektorate der Erzherzogin Valerie ein „Heim“ für Lehrerinnen und Erzieherinnen eingerichtet hat, wo auch deutsche Lehrerinnen etc. billiges Unterkommen finden. Diese Thatsache schließt indessen das Befürfniß nach Gründung eines deutschen Frauenheims für deutsche Erzieherinnen etc. nicht aus, wie denn derartige Heims für schweizerische und französische Lehrerinnen etc. in Wien thatsächlich bestehen. Was der Artikel „Deutsches Frauenlos im Ausland“ in Nr 8 verlangt: die Gründung eines deutschen Frauenheims in Wien, muß daher in vollem Maße aufrecht erhalten bleiben.

Margarethe, Eine Kleinstädterin, A. R., R. B. in Hannover, L. Oc. in B. Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.

S. 100. Württemberg. Familienangelegenheiten!



Inhalt: [ Verzeichnis des Inhalts von Heft 16, 1885 - z. Zt. noch nicht transkribiert. ]



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_272.jpg&oldid=- (Version vom 25.2.2023)