Seite:Die Gartenlaube (1885) 220.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1885)

erst in 30 oder 48 Stunden die ersten Symptome der Erkrankung sich zeigen. Schon nach 8 bis 10 Stunden aber kommt alle Hilfe zu spät, künstliche Brechmittel sind dann vergeblich, da der Giftstoff, das sogenannte Bulbosin, vom Körper bereits absorbirt ist. Die Wirkung desselben hängt natürlich von der Menge der genossenen Pilze ab, aber schon der Genuß von nur etwa zwei bis drei Pilzen hat den Tod zur Folge. Statistische Vergleiche haben deßhalb erwiesen, daß etwa zwei Drittel der Vergiftungen durch diesen Pilz absolut tödlich verliefen. Das ist aber ein Verhältniß, wie es bei keinem andern Giftpilze stattfindet, da selbst der Genuß des rothen Fliegenpilzes, so schlimm auch zuweilen die daraus folgende Erkrankung ist, nachgewiesenermaßen nur in seltenen Fällen den Tod nach sich zieht. Die Leiden bei der durch den weißen Fliegenpilz hervorgerufenen Erkrankung sind außerdem schrecklich genug. Das Krankheitsbild ist dann der Cholera sehr ähnlich, es zeigt Kolik, quälenden Durst, Zusammenfall der Kräfte, zunehmende geistige Abstumpfung, bis endlich nach etwa zwei Tagen der Tod von diesen bis aufs Höchste gesteigerten Leiden erlöst.

So wenig das Volk diesen giftigen Pilz kennt, so war seine Wirkung doch nachweislich schon vor 200 Jahren den Aerzten bekannt, wo J. Bauhin den Verlauf der Erkrankung nach dem Genuß dieses Pilzes mit ihrem tödlichen Ausgange bereits schilderte.

Im Hinblicke auf solche furchtbare Folgen eines unvorsichtigen Pilzgenusses dürfte Mancher meinen, daß lieber auf alle Pilze als Nahrungsmittel verzichtet werden sollte. Aber es wäre wiederum mehr als thöricht, dieses überall reichlichst von selber wachsende nahrhafteste Nahrungsmittel unbeachtet lassen zu wollen. Auf wie viele Sachen im Leben müßten wir dann folgerichtig verzichten, weil es schädliche ihres Gleichen giebt, durch deren Verwechselung zuweilen ein Unglück sich ereignet hat! Nicht im entferntesten sind zu diesem Zwecke diese Zeilen geschrieben, nein, gerade damit der Leser durch genaue Kenntniß des weißen Fliegenpilzes um so vorsichtiger die ihm ähnlichen edlen Pilzsorten einsammle. Und deren giebt es genug, wenngleich man sich meistens begnügt mit dem Champignon, Steinpilz, Pfifferling, Röthling, Mousseron, Stachelpilz und der Morchel. Die zahlreich vorhandenen populären Bücher über Pilze geben sichere Anleitung, die edlen Sorten kennen zu lernen.

Vor Allem muß jedoch die Regel befolgt werden, stets nur solche Pilze zu sammeln und zu kaufen, die man auf das Genaueste kennen gelernt hat; aber wirkliche Sicherheit hat man nur dann, wenn man zugleich diejenigen schädlichen genau kennt, welche mit einem bekannten eßbaren eine möglicher Weise zur Verwechselung führende Aehnlichkeit haben.


Blätter und Blüthen.

Ein Nothruf. (Mit Illustration S. 209.) Heimgekehrt vor den drohenden Anzeichen des Sturmes ist die Flotille der Fischer, bis auf einen derselben, der sich beim Bergen seines reichen Fanges verspätete. Jetzt ist sein kleines Fahrzeug ein willenloses Spielzeug des Unwetters und der Wellen. Wie eine Nußschale schwankt es auf den Gipfeln der sich überstürzenden schaumgekrönten Wogen. Ruderlos rollt es daher, von jedem Windstoß in andere Richtung getrieben; starr, den sicheren Tod vor Augen, erwartet der Mann seinen Untergang, den Blick nach der Hütte am Strande gerichtet, wo Frau und Kind vielleicht bald als Wittwe und Waise ihn beweinen werden.

Jammernd stürzt das junge Weib heraus aus der Hütte, wo sie mit bangem Blicke ausschaute nach dem heimkehrenden Manne, laut läßt sie den Nothruf erschallen. Da belebt sich der öde Strand, reckenhafte Gestalten, den Südwester tief in den Nacken gedrückt, die hohen Stiefel bis zum Leibe emporgezogen, eilen herbei, dem Kameraden draußen auf der hohen See zu helfen, ihn zu retten. Eilig wird der festgefügte Kahn in die brausende, brandende See geschoben, nervige Fäuste packen die Ruder und dahin fliegt der Rettungskahn dem Unglücklichen entgegen. Schwer ist der Kampf, aber endlich gelingt es: geborgen liegt der Halberstarrte im Boote bei den Freunden – und nach einer bangen, verzweiflungsvollen Stunde hält die Frau am Strande mit einem Jubelruf den Geretteten in den Armen. – r.     


Das Portrait des Fürsten Bismarck (S. 217), welches unsere heutige Nummer schmückt, ist bereits das vierte in der Reihe der Bildnisse des großen Staatsmannes, welches die „Gartenlaube“ im Laufe der Jahre gebracht hat.

Das erste unter ihnen, nach einem Meisterwerke des ausgezeichneten Berliner Künstlers A. Bürde gefertigt, stammt aus dem Jahre 1846 und zeigt uns das energische von kurzem Vollbarte umrahmte Gesicht des angehenden parlamentarischen Kämpfers.

Zehn Jahre älter erscheint Bismarck auf dem zweiten Portrait, das von demselben Künstler entworfen wurde. Es ist der Geh. Legationsrath von Bismarck, der Gesandte Preußens an dem deutschen Bundestage, der unter fortwährenden hartnäckigen Kämpfen langsam, aber sicher zur Höhe des Ruhms emporsteigt.

Vielleicht aus der glücklichsten Zeit seines Lebens stammt das dritte Portrait Bismarck’s. Das Jahr 1873 steht darunter, und wir sehen den eisernen Reichskanzler vor uns, der im diplomatischen Kampfe die Feinde Deutschlands niedergeworfen, durch seinen Genius den Erfolg der siegreichen deutschen Waffen gesichert und mehr als irgend ein Anderer in der Welt beigetragen hatte zur Einigung Deutschlands und zur Gründung des Reichs. Diese interessanten Bismarck-Portraits, welche im Jahrgang 1873 der „Gartenlaube“ erschienen sind, möge nun unser heutiges, von R. Huthsteiner gezeichnetes und von M. Klinkicht geschnittenes Portrait ergänzen, das unsern Lesern den greisen Jubilar vorstellt, der am 1. April dieses Jahres sein siebenzigstes Lebensjahr vollendet und kurze Zeit nachher – im Juni – auf das volle halbe Jahrhundert seines gewaltigen Wirkens im Staatsdienste zurückblicken wird.


Zweisilbiges Räthsel.

Nachdem meine Erste mein Ganzes erdacht,
Hat keck sie im Ganzen das Zweite vollbracht.   E. St.


Auflösung des Rebus „Die Firmatafel“ in Nr. 12 : En gros et en détail.


Kleiner Briefkasten.

F. L. in St. Das Edikt von Nantes, 1598 von Heinrich IV. gegeben, gestattete den Reformirten die freie Ausübung ihrer Religion in Frankreich. Ludwig XIV. hob das Edikt im Oktober 1685 auf und machte dadurch die französischen Protestanten rechtlos, die sich nunmehr ins Ausland wandten, wo sie namentlich in Genf und in der französischen Schweiz Unterkunft fanden. Die Entwickelung des französischen Protestantismus daselbst, sowie die damit verbundene Gesittung und Litteratur ist ausführlich geschildert in dem von uns bereits anerkennend besprochenen Werke „Kultur- und Litteraturgeschichte der französischen Schweiz und Savoyens. Von Dr. Herman Semmig. Zürich, Trüb’sche Buchhandlung (Th. Schröter)“, das Ihren Zwecken am besten entsprechen dürfte.

P. L. M. in Liège und Th. Sch. in Hamburg. Ueber das von Ihnen erwähnte Uhrengeschäft und den betreffenden Elektrisirapparat vermögen wir Ihnen keine Auskunft zu geben. Für Inserate kann keine Redaktion der Welt die Verantwortlichkeit in dem Sinn übernehmen, daß sie auch für die Brauchbarkeit der vom Verkäufer angepriesenen Waaren einsteht. Die Redaktion un der Verlag der Inseratenbeilage, die von der Redaktion und dem Verlage unseres Blattes völlig getrennt sind, können nur darauf achten, daß Inserate, die offenbar auf Schwindel beruhen oder gegen Anstand und Sitte verstoßen, nicht zum Abdruck gelangen. Aber jeden Gegenstand, der in der Beilage zur „Gartenlaube“ annoncirt wird, auf dessen solide Ausführung oder seinen reellen Werth zu prüfen, das ginge doch zu weit!

C. W. in Löhnberg. Wenden Sie sich an die Redaktion der Zeitschrift „Export“ in Berlin.

E. S. in Krot. Anonyme Anfragen werden nicht beantwortet.

Kunz, Preßbaum. Ob echt oder unecht, die Pillen gehören in die Kategorie der Geheimmittelschwindeleien und darum geben wir Ihnen die Bezugsquelle nicht an.

F. E–s in Neustadt-Magdeburg. Ungeeignet.


Inhalt: Die Frau mit den Karfunkelsteinen. Roman von E. Marlitt (Fortsetzung). S. 205. – Deutschlands Kolonialbestrebungen. Skizzen aus meiner letzten Forschungsreise in Ostafrika. Von Dr. G. A. Fischer. S. 210. Illustrationen S. 210, 211 und 212. – Unter der Ehrenpforte. Von Sophie Junghans (Fortsetzung). S. 213. Mit Illustration S. 213. – An das deutsche Volk. Zur 70. Jahresfeier der Geburt des Fürsten Bismarck (1. April 1885). Gedicht von Robert Hamerling. S. 216. – Dr. Leopold Damrosch. Von Udo Brachvogel. S. 218. – Der Schlimmste seines Gleichen. Ein Mahnwort an die Pilzsammler. Von Paul Kummer. Mit Abbildung. S. 219. – Blätter und Blüthen: Nothruf. S. 220. Mit Illustration S. 209. – Das Portrait des Fürsten Bismarck. S. 220. Mit Portrait S. 217. – Zweisilbiges Räthsel. – Auflösung des Rebus „Die Firmatafel“ in Nr. 12. – Kleiner Briefkasten. S. 220.



Unseren Lesern

widmen wir die erfreuliche Mittheilung, daß die Abonnentenzahl der „Gartenlaube“ auch im neuen Jahre wieder eine ansehnliche Steigerung erfahren hat. Unsere Auflage beträgt heute (am Schlusse des ersten Quartals) bereits

270,000 Exemplare

und ist immer noch im Zunehmen begriffen. Wir sehen in dieser Thatsache eine Aufforderung, auf dem seitherigen Wege rüstig vorwärts zu schreiten, und senden hiermit den alten, treuen Freunden der „Gartenlaube“ unseren Dank, den neuen unseren herzlichen Willkommengruß!
Leipzig, Ende März 1885. Die Redaktion. 


Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart. Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1885). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1885, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1885)_220.jpg&oldid=- (Version vom 15.3.2024)