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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Vom Weihnachtsbüchermarkt.

V.

Erzählungen in Prosa, Romane, Novellen. Es ist gute Sitte geworden, auch die hervorragenden Schätze der Romanliteratur als Festgaben zu Familieneigenthum zu erheben. Die Production auf diesem Gebiete wächst von Jahr zu Jahr mehr zur Sturmfluth an; aber auch hier schwimmen die zu Lieblingen gewordenen Autoren sichtlich obenauf, und auch hier drängen sich neue Auflagen vielgesuchter Werke zur Empfehlung vor.

Wenden wir uns wiederum erst den unserem Leserkreise am nächsten Stehenden zu, so müssen wir hinweisen auf die vielfach in neuen Auflagen erschienenen Werke unserer Dichterinnen: E. Marlitt, Elisabeth Werner, von welcher hier auch ein neuer, bei Richter und Kappler in Stuttgart erschienener Roman „Ein Gottesurtheil“ zu verzeichnen ist; ferner W. Heimburg, Stefanie Keyser und A. Godin. – Von Ernst Eckstein erschien der in neuerer Zeit spielende, fesselnde Roman „Das Vermächtniß“, von K. Th. Schultz die Novellensammlung „Nach dem Leben“ und von Victor BlüthgenDer Preuße“ (Berlin, A. Goldschmidt).

Auch eines Heimgegangenen müssen wir gedenken: Aus dem literarischen Nachlasse von Schulze-Delitzsch ging ein Roman „Die Philister“ hervor.

Georg Ebers hat abermals einen ägyptischen Roman vollendet, welcher das letzte Ringen des Heidenthums gegen das Christenthum behandelt und darstellen soll, wie aus den Trümmern der alten Welt eine neue erwächst. Der Roman führt den Titel „Serapis“ und erschien in der Deutschen Verlagsanstalt, vormals Ed. Hallberger, Stuttgart.

Mit großem Beifall ist Rudolf Baumbach’sTrug-Gold“, Erzählung aus dem 17. Jahrhundert (Berlin, A. Goldschmidt) aufgenommen.

Ferner liegen als neue beachtenswerthe Werke dieses Gebiets vor uns: E. Biller’sBarbara von Ittenhausen“ (Leipzig, Karl Reißner). Eine Augsburger Familiengeschichte im 16. Jahrhundert, meisterhaft erzählt.

Aus demselben Verlage: Louise Otto’s „Gräfin Lauretta“, historische Erzählung aus dem 14. Jahrhundert. Die Verfasserin, eine treue Volksfreundin seit 1848, ist der deutschen Frauenwelt bekannt genug, um für eine ihrer besten novellistischen Leistungen Aufmerksamkeit zu finden.

Der Amaranth-Dichter Oscar von Redwitz überrascht seine Verehrer mit einem Roman „Haus Wartenberg“ (Berlin, Wilh. Hertz [Besser]), und von Theodor Fontane ist ein zweibändiger Roman „Graf Petöfy“ (Dresden, F. W. Steffens) seinen vielen Verehrern sicherlich zum Fest willkommen.

Von den bei Breitkopf und Härtel in Leipzig erschienenen „Kleinen Romanen aus der Völkerwanderung“ von Felix Dahn hat „Bissula“ soeben die 6. und „Felicitas“ die 9. Auflage erlebt, in Deutschland ein Erfolg, welcher jede besondere Empfehlung überflüssig macht.

Mit einer sehr dankenswerthen Festgabe erfreut uns die Ed. Trewendt’ sche Buchhandlung in Breslau, indem dieselbe von Rudolf von Gottschall’s Roman „Im Banne des schwarzen Adlers“ als vierte Auflage eine Volksausgabe erscheinen ließ. Wenn ein dreibändiger historischer Roman, den doch nur wohlhabendere Käufer zu erwerben pflegen, seinen Leserkreis so rasch fesselt und erweitert, daß er in verhältnißmäßig kurzer Zeit drei Male gedruckt werden muß, so hat sicherlich der Dichter einen guten Griff in die Schatzkammer der Geschichte gethan.

Eine neue umgearbeitete Ausgabe von Ludwig Anzengruber’s Dorfgeschichte „Der Schandfleck“ ist bei Breitkopf u. Härtel in Leipzig erschienen.

Von der Verfasserin der „Brausejahre“, A. von der Elbe, bringt die Grote’sche Sammlung von Werken zeitgenössischer Schriftsteller als jüngstes Werk „Der Bürgermeisterthurm“, eine Erzählung aus dem 15. Jahrhundert.

Durch Inhalt und Ausstattung empfehlen sich ferner: „Auf der Schneide. Ein Geschichtenbuch von Ludwig Hevesi“ (Stuttgart, Ad. Bonz und Comp.); „Der Liebe Müh’ umsonst. Drei Novellen von Julius von der Traun“ (Wien und Teschen, Karl Prochaska); „Die alte Mühle. Roman aus jüngstvergangener Zeit von C. W. E. Brauns“ (Leipzig und Berlin, W. Friedrich); aus dem Verlag von Gebrüder Paetel in Berlin: „Im Lande der Phäaken, Novellen von Hans Hoffmann“; „Das selbe Lied, Novelle von Clara von Sydow“, und „Zur Chronik von Grieshuus von Theodor Storm.“ Bei Johannes Lehmann in Leipzig erschien eine 2. Auflage von August Becker’s großem und beliebtem Roman „Des Rabbi Vermächtniß“.

Vor zwei Jahren begann Traugott Teutsch in Kronstadt die Herausgabe eines „Cyclus historischer Erzählungen aus der Vergangenheit der Siebenbürger Sachsen“ unter dem Gesammttitel: „Aus sieben Jahrhunderten“ (Kronstadt, Heinrich Dreßnandt). Die erste Erzählung „Schwarzburg“ trägt die Widmung: „Meinem Volk zur Selbstschau und Selbsterhebung im Spiegel seiner Vergangenheit zu eigen“. Die in jüngster Zeit immer wärmer gewordenen Beziehungen zwischen uns und jenem Bruderstamme rechtfertigen wohl den Hinweis auf dieses deutsche Buch.

Gustav Michell, der Dichter und Maler, hat seinem bekannten „Buch der Katzen“ nun „Das Buch der Esel“ (Jena, Fr. Mauke [A. Schenk) nachfolgen lassen, abermals geschmückt mit 25 Zeichnungen von ihm selbst. Dieses Buch zeugt nicht nur von dem gelehrten Wissen, sondern auch für das redliche Streben des geistreichen Verfassers und wird sich Bahn brechen. In demselben Verlage erschien: „Eva’s Töchter. Sieben Capitel aus der Geschichte der Weiblichkeit. Unterhaltungen für den häuslichen Herd. Von Professor Dr. Hermann Semmig“, eine Gabe für die Frauenwelt, wie desselben Verfassers jüngstes Werk: „Fern von Paris. Erzählungen und Novellen aus der Schweiz und dem Innern Frankreichs“ (Leipzig, Rudolph Linke.) Da der Verfasser sich bemüht, uns ein richtigeres Bild von den französischen Frauen aufzustellen, als dies von den Pariser Autoren geschieht, so verdient jenes dankenswerthe Bestreben auch die Beachtung der deutschen Frauenwelt.

Der Empfehlung werth sind endlich auch die vortrefflichen Romane von Ludwig Nonne: „Georg Dipold“, „Georg von Frundsberg“, „Aus vergangenen Tagen“, „Der Bürgermeister von Rothenburg“ (Gotha, F. A. Perthes) und „Ein Zug nach Rom“ (Stuttgart, A. Bonz und Comp.). Man wird es nicht für kosmopolitischen Mißbrauch erklären, wenn wir auch auf eine neue Bearbeitung und geschmackvolle Ausgabe eines englischen Lieblings der Deutschen, H. Charles Dickens, deutsch von A. Scheibe, hinweisen. Die uns vorliegenden Bände sind von der Verlagshandlung Hermann Gesenius in Halle in das Gewand der Festgaben gebracht.

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Nach dem Schluß der obigen Zusammenstellung empfehlenswerther Festgaben gingen noch einige ein, die wir hier kurz erwähnen möchten:

In erster Linie „Deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts. Studien und Erinnerungen von Friedrich Pecht. Vierte Reihe“ (Nördlingen, C. G. Beck’sche Buchhandlung). Ein beachtenswerthes, hoch interessantes Buch, das neben seinem fesselnden Inhalte einen quellenmäßigen Werth für den Kunstbiographen besitzt. Friedrich Pecht, der geistreiche Kritiker und Aesthetiker, der mit der künstlerischen Entwickelung, dem ganzen Kunstleben der Nation auf’s innigste verknüpft ist, der zu den lebenden Meistern der bildenden Künste fast ausnahmslos in Beziehungen steht, der die verstorbenen Größen der letzten Jahrzehnte fast sämmtlich gekannt hat, liefert manchen bisher unbekannten, wichtigen Beitrag zur Charakteristik der Künstler des 19. Jahrhunderts. Ist er doch wie selten Einer berufen und in der Lage, aus dem frischen Born des Selbsterlebten, Selbstgeschauten zu schöpfen und das sorgfältig gesichtete Material in trefflicher Form dem Leser darzubieten.

Ferner nennen wir: Moritz Ottmann’s „Deutsches Heldenbuch, hervorragende Kriegsthaten deutscher Officiere und Soldaten in dem Kriege 1870 und 1871. Aus Berichten der einzelnen Truppentheile zusammengestellt. Mit 34 Illustrationen in Holzschnitt und einer Karte des Kriegsschauplatzes“ (Breslau, E. Morgenstern). Ein Soldaten-Ehrenbuch, das warmer Beachtung werth ist.

Zu Festgaben eignen sich trefflich auch die Gedächtnißwerke für unsere Lieblings-Autoren, wie: „Emanuel Geibel. Ein Gedenkbuch. Herausgegeben von Arno Holz“ (Berlin und Leipzig, Oscar Parisius); – „Gustav Freytag. Sein Leben und Schaffen, von Conrad Alberti. Mit einem Bildniß des Dichters“ (Leipzig, Edw. Schloemp); – „Heinrich Schaumberger. Sein Leben und seine Werke. Nach authentischen Quellen dargestellt von Hugo Möbius. Mit Schaumberger’s Bildniß“ (Wolfenbüttel, Julius Zwißler); – „Geistesheroen Deutschlands und Englands. Literarische Studien von Bayard Taylor“ (Leipzig, S. Glogau und Comp.). Hierher gehören auch Wilhelm Goldbaum’s „Literarische Physiognomien“ (Wien und Teschen, Karl Prochaska).

Wenn auch einem früheren Jahre angehörig, aber nach Inhalt und Ausstattung zur Festgabe geeignet ist Dr. Friedrich Sehrwald’s „Geschichte der deutschen Literatur für Schule und Haus“ und das dazu gehörige, mit Holzschnittportraits versehene Sammelwerk: „Deutsche Dichter und Denker in Proben, Mottos, Selbstbekenntnissen und Urtheilen der Zeitgenossen und Nachwelt. Bearbeitet von Dr. Friedrich Sehrwald“ (Altenburg, Oscar Bonde).

Ferner möchten wir noch auf die „Gedichte von Guido Santamar“ (Hirschberg i. Schl., A. Heilg); – „Dämmerstunden. Gedichte von Caroline Häußer“ (München, Staegmeyr) und auf die altindischen Märchen und Sprüche „Der Hitopadesche aus dem Sanskrit von J. Schoenberg“ (Wien, Karl Konegen) hinweisen, aus welch letzterem Aeltere manches Hübsche und Lehrreiche für ihre kleine Welt herauslesen können.

Schließlich glauben wir noch zu Weihnachtsgaben empfehlen zu dürfen: J. Löwenberg’s „Geschichte der geographischen Entdeckungen“, ein klar und interessant geschriebenes und mit vielen belehrenden Illustrationen geschmücktes Werk, dessen zweiter Band soeben (Verlag von Otto Spamer in Leipzig) erschienen ist, Richard Oberländer’s „Deutsch-Afrika“ und „Von Ocean zu Ocean“ und die nach französischer Vorlage von H. Masius frei bearbeiteten „Luftreisen“ von J. Glaisher, Flammarion, Tissandier etc. (F. Brandstätter, Leipzig), deren originelle Illustrationen mit phantastischen Wolkenbildern und Ansichten der Erde aus der Vogelperspective Jeden zum Lesen des Textes herausfordern.


Blätter und Blüthen.

Die heilige Nacht. (Mit Illustration S. 837.) „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!“ Es war der Gruß der Engel an die Hirten auf dem Felde – es ist der Gruß, der heute noch die Herzen der Menschen froh bewegt und erhebt. Der Moment aber, in welchem dieser Gruß den bethlehemitischen Hirten

wurde, ist es, den der feinsinnige Künstler Alexander Zick in Berlin zugleich mit der Ankunft der Weisen aus dem Morgenlande in dem Bilde „Die heilige Nacht“ darzustellen gesucht hat, und es ist nicht nöthig, noch zu sagen, mit welchem Glück: ein einziger Blick genügt, die herrliche Tiefe und Stimmung des Bildes zu erfassen. th.     

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 847. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_847.jpg&oldid=- (Version vom 20.12.2022)