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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)


Mit einem vorzüglichen Buche beschenkte M. Barack die Jugend. Dasselbe führt den Titel „Die deutschen Kaiser“ (Stuttgart, Julius Hoffmann) und bietet auf 29 Tafeln die in schönem Farbendruck ausgeführten Portraits der sämmtlichen deutschen Kaiser.

Nicht minderes Lob verdienen auch die aus dem Hoffmann’schen Verlage hervorgegangene Erzählung „Erich Randal“ von Otto Hoffmann, eine Geschichte aus der Zeit der Eroberung Finnlands durch die Russen, „Vom Stamme der Inkas“ von Rudolf Scipio (Stuttgart, E. Hänselmann) und „Tambour und General“ von Karl Oppel (Leipzig, O. Spamer), letztere beide mit Liebe geschriebene Erzählungen aus der gewaltigen Geschichte des amerikanischen Freiheitskrieges. Ausschließlich mit der Gegenwart beschäftigt sich „Unter der Kriegsflagge des deutschen Reichs“ von P. G. Heims (Leipzig, Hirt und Sohn), ein Buch, das gereiftere Knaben auf das Lebhafteste anziehen wird.

Ebenfalls besonders für Knaben geeignet sind einige ethnographische Werke: A. W. Grube’sThier- und Jagdgeschichten“ (Kreuznach, R. Voigtländer) und J. H. O. Kern’sBei Freund und Feind in allen Zonen“, 3. Band (Stuttgart, Rieger’sche Verlagshandlung). Der verstorbene A. W. Grube war ein so hervorragender Jugendschriftsteller, daß sein Buch einer besonderen Empfehlung nicht mehr bedarf, und Kern hat sich durch die beiden ersten Bände seiner Zonenbilder so gut eingeführt, daß es genügt, auf das Erscheinen des dritten: „Der Flüchtling im Gran Chaco“ kurz hinzuweisen. Die „Landschaftlichen Charakterbilder der hervorragendsten Gegenden der Erde“ von J. W. Otto Richter (Leipzig, O. Spamer) bilden eine wesentliche Ergänzung zu den bekannten geographischen Charakterbildern von Grube und werden deshalb bald Eingang finden.

Donauhort“, Geschichten aus alter und neuer Zeit von Ferdinand Zöhrer, „Oesterreichisches Sagen- und Märchenbuch“ von demselben und „Von der Adria und aus den Schwarzen Bergen“ von K. von Zdekauer (Teschen, Karl Prochaska) sind specifisch österreichische Jugendschriften, die aber werthvoll genug sind, um auch anderswo gelesen zu werden.

Eines vorzüglichen Jahrbuches für die deutsche Jugend, des Wildermuth’schenJugendgartens“, haben wir bereits in Nr. 45 der „Gartenlaube“ gedacht. Weisen wir heute noch auf „Das neue Universum“ (Stuttgart, W. Spemann) und die „Deutsche Jugend“ von Julius Lohmeyer (Leipzig, Alphons Dürr) hin, so haben wir auch nach dieser Richtung hin berechtigten Ansprüchen Genüge gethan. Von dem „Neuen Universum“ liegt der 5. Band vor, die „Deutsche Jugend“ beendet mit diesem Jahre ihren 25. Band. Wünschen wir derselben in glücklicher Weiterentwickelung zunächst auch das Jubiläum des 50. Bandes! Ihr künstlerischer Leiter ist bekanntlich Professor Oscar Pletsch.

Einen eigenartigen Zweig unserer Jugendliteratur bilden die Schriften für das sogenannte „Backfischalter“, deren Berechtigung ebenso oft bestritten wie vertheidigt wird. Es fehlt uns für die Darlegung unserer diesbezüglichen Ansichten der nöthige Raum; durch Empfehlung einer Reihe einschlägiger Novitäten wollen wir uns jedoch als Verfechter dieser Literatur, die in der That gute Blüthen getrieben hat, bekennen. Neben den guten Schriften „Schule und Leben“ und „Wollt ihrs hören?“ von Adelheid Wildermuth, sowie „Daheim und Draußen“ von Marie Calm (Stuttgart, C. Krabbe), „Der Trotzkopf“ von Emmy von Rhoden (Stuttgart, G. Weise), „Verloren und gefunden“ von Olga Eschenbach und „Lebenswege“ von T. von Heinz (Berlin, Winckelmann und Söhne) möchten wir noch besonders auf das neueste Buch der trefflichen Jugendschriftstellerin Johanna Spyri: „Sina“ (Stuttgart, C. Krabbe) aufmerksam gemacht haben.

An guten Gedichtsammlungen, bei deren Herausgabe eine besondere Rücksicht auf die Jugend obwaltete, giebt es verschiedene ältere, die in neuen Auflagen vorliegen und in Erinnerung gebracht zu werden verdienen: Colshorn, „Des Mädchens Wunderhorn“ und „Des Knaben Wunderhorn“, sowie G. Emil Barthel, „Des Mägdleins Dichterwald“ (Halle, Gesenius) und Echtermeyer, „Deutsche Gedichte“ (Halle, Waisenhaus).

Marie Beeg’sGedenkbuch für junge Mädchen“ (Stuttgart, W. Nitschke) ist ein elegant ausgestattetes Tagebuch, welches zahlreiche Illustrationen und mit Sprüchen geschmückte weiße Blätter für jeden Tag des Jahres enthält; ebenso auch das minder kostspielige „Kleine Tagebuch“ von Julius Höppner (Leipzig, E. Zehl).

Zärtliche Geschwister.
Aus Hendschel’s Skizzenbuch.

Nun noch ein Wort!
Wir können unsere Rundschau nicht schließen, ohne noch nachdrücklich auf ein Unternehmen hingewiesen zu haben, das die rückhaltslose Anerkennung aller wahren Freunde und Berather unserer Jugend verdient: die „Universalbibliothek für die Jugend“ von Gebrüder Kröner in Stuttgart. Die bis jetzt vorhandenen zahlreichen Bändchen der Bibliothek sind auf das Vorzüglichste ausgestattet, ihre textliche Bearbeitung wurde nur den bewährtesten Jugendschriftstellern und Pädagogen anvertraut, und die illustrative Ausschmückung derselben ist auf das Sorgfältigste überwacht. Nach dem Grundsatze, daß für die Jugend nur das Beste gerade gut genug, haben die Herausgeber alles Mittelmäßige und das, was noch darunter, ferngehalten, das Gute aber in glücklicher Wahl herangezogen. Die besten Jugendschriftsteller der Gegenwart lieferten Beiträge, wie dies die Namen von Mitarbeitern wie Victor Blüthgen, Luise Pichler, Oscar Höcker, Rich. Roth, C. Michael, Isab. Braun, Franz Bonn, O. Wildermuth, Gustav Plieninger etc. schon zur Genüge darthun, neben denen aber auch die schönsten Erzählungen und Märchen der verdientesten älteren Schriftsteller wie Jacobs, Weisse, Gellert, Pfeffel, Campe, Musäus etc. in zeitgemäßen Neubearbeitungen der Bibliothek einverleibt wurden. Ein überaus billiger Preis erleichtert die Beschaffung einzelner Bände oder der ganzen Bibliothek noch ungemein, sodaß die Sammlung besonders auch für Schul-, Orts- und Armenbibliotheken dringend zu empfehlen ist. Als Geschenk, als Schulprämie etc. wird jeder der in rothen Callico mit Schwarz und Goldprägung gebundenen Bände der „Universalbibliothek“ stets bewillkommnet werden. — th.     


Blätter und Blüthen.

Hamlet und die Schauspieler. (Mit Illustration S. 800 und 801.)

„Ist’s nicht erstaunlich, daß der Spieler hier
Bei einer bloßen Dichtung, einem Traum
Der Leidenschaft, vermochte seine Seele
Nach eignen Vorstellungen so zu zwingen,
Daß sein Gesicht von ihrer Regung blaßte,
Sein Auge naß, Bestürzung in den Mienen,
Gebroch’ne Stimm’, und seine ganze Haltung
Gefügt nach seinem Sinn ...“

Mit diesen Worten schildert Hamlet in dem Monolog (Act 2, Scene 2) das Auftreten des Schauspielers, der auf sein Verlangen ihm kurz vorher aus Aeneas’ Bericht an Dido diejenige Stelle recitirte, wo er von der Ermordung des Priamus spricht. Diese allgemein bekannte Scene giebt unsere Illustration in trefflicher Weise wieder, und wenn wir nicht irren, wollte der Maler denjenigen Augenblick fixiren, in welchem der Schauspieler das Leid der Hekuba schildert. Außer Hamlet und der Gruppe der Schauspieler sehen wir auf dem Bilde noch den alten Polonius, dem die ganze Geschichte „zu lang ist“ und der an der „schlotterichten Königin“ seine Freude hat, und links neben Hamlet die beiden traurigen Gestalten von Rosenkranz und Güldenstern.


Kampf zwischen zwei angeschossenen Keilern wahrend eines Jagens in der Göhrde. (Mit Illustration S. 809.) Bei Gelegenheit der im December 1883 in der Göhrde abgehaltenen Hofjagd ereignete sich gleich zu Anfang des Saujagens ein höchst interessantes, allerdings nur wenige Augenblicke dauerndes Schauspiel. Das Horn des Rüdemanns verkündete soeben die Eröffnung der Jagd, als gleich darauf die leichte Avantgarde des Schwarzwildes in Form einer Anzahl von Ueberläufern und Frischlingen über den Laufplatz stürmte. Die Mehrzahl der raschen Flüchtlinge erreichte das tödliche Blei vor dem Jagdschirm des Kaisers, und radschlagend wie Hasen im Treibjagen stürzten sie verendend in der hohen Haide nieder. Nach kurzer Pause erscholl abermals Hörnerklang, und begleitet vom lauten Ho, Rudoh und dem betäubenden Lärm der Hunde tauchten aus der dämmernden Tiefe des Nadelwaldes die mächtigen Gestalten zweier „groben Sauen“ auf. Näher und näher kamen die beiden grimmen Bestien in wilder Flucht – die Bürzel hoch gehoben und die Köpfe tief herabgesenkt, stürmten sie trotzig schnaubend und pustend ob der unliebsamen Störung kurz hinter einander auf der verhängnißvollen Bahn des Laufplatzes heran – da krachten kurz auf einander zwei Schüsse aus dem Kaiserstande und im selben Moment stürzte zunächst der erste Keiler wie vom Blitz gerührt nieder, während unmittelbar darauf sein Gefährte sich plötzlich niederließ und, augenscheinlich am Hintertheil gelähmt, in sitzender Stellung verharrte. Im nächsten Augenblick erwachte der vordere Keiler aus seiner Betäubung, raffte sich auf und machte kurz kehrt, um dies gefährliche Terrain schleunigst zu verlassen. Aber schon beim ersten oder zweiten Sprunge rannte er unverhofft mit seinem hinter ihm sitzenden Gefährten zusammen.

Sofort entspann sich ein wüthender Kampf zwischen den Beiden – in blinder Wuth schleuderten die ergrimmten Keiler die schweren Köpfe mit den scharfen weißen Gewehren rechts und links gegen einander, augenscheinlich glaubte jeder der Beiden von seinem treulosen Gefährten verletzt und an der Flucht verhindert zu sein. Unter zornigem Schnaufen und Prusten schoben und drängten sie sich auf kurzem Raume hin und her bis eben nach wenigen Augenblicken zwei weitere Schüsse aus dem Kaiserstande dem sonderbaren Zweikampfe ein plötzliches Ende bereiteten.

Als der Pulverdampf sich verzogen, sah man die ritterlichen Kämpen lang ausgestreckt in der hohen, braunen Haide regungslos und friedlich neben einander liegen! L. B.     


Christbaumhalter mit Spielwerk. Mit einem originellen und hübschen Christbaumhalter ist die Firma J. C. Eckhardt in Stuttgart in diesem Jahre auf dem Weihnachtsmarkt erschienen. Auf einem runden nickelplattirten Kasten ist eine Vorrichtung zum Befestigen des Weihnachtsbaumes

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 815. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_815.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2022)