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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

und Illustrationen in verschiedenen Farben (roth, grün, blau und braun) gedruckt und so sorgfältig ausgeführt sind, daß sie nicht nur die im Titel genannten, sondern auch die „großen“ Leser fesseln werden. Ein weiteres empfehlenswerthes Buch ist „Aennchens Badereise nach Frankenhausen“ von M. Lahneck (Halle, J. Fricke). Dasselbe ist zum Besten der Kinderheilanstalt in Frankenhausen in Thüringen herausgegeben und verdient sowohl seines guten Zweckes wie des wirklich lobenswerthen Inhalts wegen eine hervorragende Beachtung.

Gesondert anführen möchten wir zwei speciell auf Weihnacht bezügliche Geschenkbücher: „Das Weihnachtsbuch“ von Heinrich Adami (Stuttgart, W. Nitschke) und „Christkind“ von Paul Mohn (Berlin, Georg Stilke). Beide wählten die Geburt Christi zum Gegenstand ihrer Darstellungen, und beide sind empfehlenswerth – in erster Reihe jedoch das ausgezeichnete Buch V. P. Mohn’s. Der treffliche Künstler führt den Kindern die Kindheit Christi in ihren Hauptmomenten so vor, wie sie dem deutschen Gemüth am nächsten liegt; alles, was an eine besondere confessionelle Auffassung erinnern könnte, ist vermieden, so daß jede christliche Familie sich an diesen Blättern in gleicher Weise erfreuen kann. Alle, welche die früher erschienenen „Kinder-Lieder und Reime“ Mohn’s kennen zu lernen Gelegenheit hatten, werden auch das „Christkind“ dieses echten Künstlers mit aufrichtiger Freude willkommen heißen.

Sonnenfinsterniß. Aus Hendschel’s Skizzenbuch.

Unser Schatz an Erzählungen für das erste Kindesalter von 6 bis 9 Jahren ist wenig reich. Doch hat der diesjährige Weihnachtsmarkt uns zu den empfehlenswerthen „Kleinkindergeschichten“ von Franz Wiedemann (Dresden, Meinhold u. Söhne) zwei neue Bücher gebracht, die warmer Anerkennung werth sind. Das eine: „Für’s Kind“, Geschichten von Dietrich Theden (Leipzig, E. Twietmeyer) enthält 14 kleine märchenhafte Erzählungen, die dem Kinde leicht verständlich sind und sicher gern von ihm gelesen werden; das andere: „Eine kleine Musterwirthschaft“ von Emma Biller (Stuttgart, Jul. Hoffmann) ist eine größere Erzählung, die sich in guter Darstellung mit allerlei kleinen Erlebnissen aus der Kinderwelt beschäftigt. Vorzügliche Ausstattung ist ein Schmuck, der beiden Büchern gemeinsam ist.

In der glücklichsten Lage befindet sich in Rücksicht auf die Reichhaltigkeit ihres Weihnachtsmarktes die reifere Jugend. Diese ist geradezu mit allem bedacht, was sie sich nur wünschen kann. Ja, kennten die Schelme alle die ihnen zugedachten Herrlichkeiten, so würden die bekannten „Wunschzettel“ sich gewiß recht oft als „zu klein“ erweisen. Da ist zunächst das prächtige Buch: „Der Wunderborn“, eine Sammlung der schönsten Märchen und Sagen aus deutschen Gauen von Karl Seifart (Stuttgart, Gebrüder Kröner), ein Buch mit zahlreichen echt künstlerischen Illustrationen des unvergeßlichen Eugen Neureuther, welches in jedem deutschen Hause Eingang zu finden verdient und gewiß auch überall, wo es denselben einmal gefunden hat, als ein guter Hausfreund hochgeschätzt werden wird. Da ist ferner der „Elfenreigen“ von Villamaria (Leipzig, Otto Spamer) mit seinen deutschen und nordischen Märchen, von dem Verfasser vorzugsweise der deutschen Mädchenwelt gewidmet; da sind auch „die schönsten Parabeln und Legenden des Morgen- und Abendlandes“ von Hermann Mehl (aus dems. Verlag) – gewiß der Fundgruben genug für anregende Unterhaltung und Belehrung. Ja auch die „Orientalische Märchenwelt“ (ebenda) von C. Michael, der geschätzten Mitarbeiterin der „Gartenlaube“, kann in den Dienst der gereifteren Jugend gezogen werden, wenn einer ihrer erwachsenen Freunde sich die gebotenen Stoffe zu fesselnder Erzählung anzueignen versteht.

Schmollende Kinder. Aus Hendschel’s Skizzenbuch.

Lebendige Erzählungen aus dem täglichen Leben bietet Isabella Braun unter dem Titel: „Aus meiner Jugendzeit“ (Eßlingen, J. F. Schreiber), drei Bändchen; ferner Emma Laddey in „Feenhände“, Hedwig Pohl in „Brauseköpfchen“ (Stuttgart, E. Hänselmann) und O. Schwahn in „Tante Lottchen und ihr Hofstaat“ (Berlin, Winckelmann u. Söhne), diese lezteren jedoch vorzugsweise für Mädchen geeignet. Die im Verlage von Fr. Andr. Perthes in Gotha erscheinende „Sammlung von Kindergeschichten“, herausgegeben von dem bewährten Jugendschriftsteller G. Chr. Dieffenbach, ist um mehrere Bändchen bereichert, von denen wir die „Kleinen Geschichten“ von Aurelie, „Aus der Kinderwelt“ von L. Fehr, „Zwei Erzählungen“ von M. Dieffenbach und in „Waldheim“ von L. Schneider besonders nennen. Auch die „Gebrüder Saus und Braus in Hüll und Füll“ von C. A. Becker (Leipzig, O. Spamer) und „Kleine Schelme“ von Alice (Leipzig, G. Brauns) seien angeführt. Besondere Beachtung verdienen als passende Geschenkbücher für Knaben und Mädchen im Alter von etwa 10 bis 14 Jahren: „Im Wintermond“, culturgeschichtliche Märchen und Erzählungen von Stefanie Keyser, „Aus goldner Zeit“, Erzählungen von Julie Ludwig, und „Weihnachtsgrüße“, Erzählungen und Märchen von Amélie Godin (Stuttgart, Gebrüder Kröner), drei Erscheinungen der Weihnachtsliteratur von dauerndem Werthe mit künstlerischen Illustrationen und einem geschmackvollen Aeußern. Amélie Godin ist eine ebenso bekannte und bewährte Jugendschriftstellerin als geschätzte Novellistin, Stefanie Keyser, die rasch beliebt gewordene Erzählerin der „Gartenlaube“, führt sich mit dem „Wintermond“ auch als Jugendschriftstellerin auf das Glücklichste ein, und Julie Ludwig ist als Mitarbeiterin an Lohmeyer’s, „Deutscher Jugend“ längst geschätzt als eine unserer feinfühligsten Jugendschriftstellerinnen.

Schabernack. Aus Hendschel’s Skizzenbuch.

An geschichtlichen Erzählungen, denen von vielen Lehrern und Freunden der Jugend vor andern das Wort geredet wird, ist auch in diesem Jahre kein Mangel, und die nachfolgend angeführten, zu deren Verständniß ein vorgeschrittenes Alter erforderlich ist, sind entschiedene Bereicherungen unserer Jugendliteratur. Die weibliche Jugend wird bei dieser Gattung von Erzählungen etwas kärglich bedacht; vorzugsweise für sie geeignet ist nur Brigitte Augusti’sEdelfalk und Waldvöglein“ (Leipzig, F. Hirt und Sohn), eine culturgeschichtliche Erzählung aus dem 13. Jahrhundert, die den Zweck hat und auch erfüllt, dem jungen Mädchen das Frauenleben der genannten Zeit vorzuführen. Das Buch bildet den selbstständigen Anfang einer Serie, deren weitere Bände ebenfalls der Darstellung des Frauenlebens gewidmet sein sollen und denen im Interesse unserer weiblichen Jugend ein gedeihliches Fortschreiten nur zu wünschen ist. „Die Helden der deutschen Wanderzeit“ von L. Pichler (Eßlingen, Schreiber) bieten anziehende Erzählungen aus der Geschichte der Völkerwanderung: „Der Retter in der Noth“ von derselben Verfasserin (Stuttgart, E. Hänselmann) spielt im Anfang dieses Jahrhunderts; in seinem Buche „Unter dem Joche der Casaren“ (Leipzig, Hirt und Sohn) schildert Oscar Höcker die Zeit des Kaisers Hadrian und in „Durch Kampf zum Frieden“ (ebenda) diejenige der Christenverfolgung unter Diocletian und der friedlichen Verbreitung des Christenthums unter Constantin. „Wulfhilde“ (Leipzig, O. Spamer), eine fesselnde Erzählung von Adolf Glaser, spielt in der bewegten Zeit der Hohenstaufen, „Schlitzwang“, von demselben Verfasser, zur Zeit Karl’s des Großen. Unter dem Titel „Kämpfe und Helden“ von Fedor von Köppen (Kreuznach, R. Voigtländer) finden wir Erzählungen aus der gesammten deutschen Geschichte, während Wilhelm Osterwald in „Sang und Sage“ wieder sein Gebiet begrenzt und sich der deutschen Vorzeit zuwendet. Ebenfalls begrenzte Gebiete behandeln Hermann Jahncke und Ferdinand Schmidt, ersterer in „Up ewig ungedeelt“ (Breslau, Woywod) die Befreiungskämpfe in Schleswig-Holstein, letzterer in seinen „Bildern aus den Befreiungskriegen“ (Düsseldorf, Bagel) die Jahre 1813 bis 1815. „Unser Kronprinz in Spanien und im Morgenlande“ von G. Stein (Berlin, Walther und Apolant) schildert in anziehender Weise die bekannte Reise des deutschen Kronprinzen.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 814. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_814.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2022)