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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

man sich amüsirte oder zu amüsiren wünschte, wenn man in der Atmosphäre des Pariser Hofes lebte und früh aufwachte und sich fragte: wie schlägst du am angenehmsten diesen Tag todt?

Es ist wahr: er malte auch Soldatenleben, allein diese Stücke sind, so vortrefflich sie sein mögen, nicht à la Watteau; sogar historische Bilder malte er, aber sie taugen nicht viel. Bälle, Concerte, Feste im Freien, in den Gärten und Parts der Zeit – das ist Watteau; das ist Alles geistreich, zierlich, ausdrucksvoll, flott gemalt, oft ein wenig zu flott. Die Farben zart, etwas süßlich. Aber immer spricht eine große Kraft und eine starke bestimmte Eigenart aus den Bildern. Keiner seiner Nachahmer hat so den Duft der Zeit im Bilde gebannt, wie er. Man steht vor einem Watteau und hat plötzlich ein Gefühl, als sei man vor anderthalb hundert Jahren schon einmal dagewesen und erinnere sich plötzlich daran, aber merkwürdig deutlich, mit allen Sinnen. Watteau ist eine Quelle für das Studium der Culturgeschichte.

Wir malen anders, gewiß. Die Bilder jener Zeit haben etwas von Decorationsmalerei an sich, sie waren ein Schmuck wie andrer Schmuck. Diese Watteau-Zeit hatte unglaublich viel Zeit übrig, unglaublich viel Langeweile zu vertreiben, und man füllte sie mit tausenderlei Niedlichkeiten. Sie putzte hier aus und stellte da hin, und sie ging darin auf. Diese Zeit erfand die Pfänderspiele und den Schäferschwindel.

Da steht er nun selber Gruppe auf unserem Bilde, der Tausendsassa, für den Paris schwärmte, von dem hundert Jahre später Niemand etwas wissen wollte und dessen Bilder heute zur Abwechselung wieder mit einer Hand voll Tausendfrankenbillets bezahlt werden. In der wievielten seiner Wohnungen – er hatte alle Jahre ein paar neue – er den Bildergourmand da empfing: wer kann es sagen? Aber was uns da auf der Staffelei den Rücken zudreht, ist sicher etwas Exquisites und Süperbes. Man sieht es: dem alten gewitzten Höfling läuft das Wasser im Munde zusammen.

„Ah, diese – – diese – – Es giebt nur einen Watteau; in der That!“

Wenn er nur nicht so gräulich viel Lack über seine Bilder geschmiert hätte! Sie sind heute alle trübe und gesprungen.

Victor Blüthgen.     

Spottvögel. (Mit Illustration S. 681.) Die armen Mönche! Wie ist ihnen mitgespielt worden von alters her bis auf den heutigen Tag! Der Volkshumor hat sie bei den Ohren genommen, der Humor der Bildung gleichfalls, schon vor den bösen und wundervollen „Dunkelmännerbriefen“, und der Münchener Malerhumor spielt seit Grützner’s Vorliebe für sie Fangball mit ihnen.

Es ist wahr, sie tragen viel Schuld daran, daß das Alte so wacklig und morsch wurde und reif, zu Grunde zu gehen. Aber sie haben das deutsche Schulwesen, die deutsche Literatur, das deutsche Bibliothekswesen, die deutsche Gelehrsamkeit – und den deutschen Weinbau begründet.

Alle diese Dinge bis auf den letzten Punkt: weil sie Mönche waren. Nur den einen letzten: obgleich sie Mönche waren.

Warum haben sie sich nicht darauf beschränkt, den Wein zu pflegen und zu cultiviren? Warum haben sie ihn getrunken? Pfui, es ist grausam, das zu sagen; ja unverständig. In der That: nur mit dem Trinken haben sie die feinen Zungen bekommen, und mit den feinen Zungen das Streben nach dem Ideal einer Johannisberger Auslese. Ist es menschlich und gerecht, ihnen eine Lauge von Spott überzugießen, weil sie zuweilen über die Grenze dessen sich nicht klar werden konnten, was sie vertrugen? – „Es irrt der Mensch, so lang er strebt.“

Sie haben ihre Würde zum Besten derer geopfert, die nun ihre Schelmerei mit ihnen treiben.

Dieser musikalische Reitersmann aus der Wallensteinzeit auf unserem Bilde, welcher eine der frühesten Pfeifen in Europa raucht, könnte Besseres thun, als den ebenso ehrwürdigen wie gut gepflegten Kuttenträger im Schlafe zum Besten zu haben. Er ist ebenso ein wunderbares Ungeheuer, wie die lachende Schankdirne mit den beiden fragwürdigen Gestalten im Hintergrunde. Und sie sollten am allerwenigsten Spott mit einem Manne treiben, dem sie über kurz oder lang doch alle ihre Sünden anvertrauen müssen und durch dessen Vermittelung allein sie ihrem Seelenheile einen Schritt näher rücken können. V. B.     


Friedrich Eberhard von Rochow. Seit der Geburt des edlen Volksfreundes und Jugenderziehers Friedrich Eberhard von Rochow sind am 11. October dieses Jahres 150 Jahre verflossen. Kaum 15 Jahre alt, trat Rochow in die Garde ein, in der er die ersten Feldzüge des siebenjährigen Krieges mitmachte. In der Schlacht bei Lowositz verwundet, entsagte er jedoch der Militärcarrière und zog sich auf seine Güter zurück. Dort, besonders zu Rekahn, lernte er die Noth der ärmeren Bevölkerung kennen, die ihn mächtig ergriff. Er suchte eifrig zu helfen und brachte nicht geringe Opfer, erkannte jedoch bald, daß materielle Hülfe allein nichts nütze, daß es vielmehr vor Allem nothwendig sei, die geistige Bildung des Volkes zu heben. Dieser Aufgabe widmete er fortan seine ganze Kraft; er schrieb verschiedene, für seine Zeit außerordentlich wichtige Schulbücher, baute auf seinem Gute Rekahn ein eigenes freundliches Schulhaus und bemühte sich unablässig, überall zum Besten des bildungsarmen, geknechteten Volkes thätig zu sein. Seine Verdienste um die Hebung der Volksbildung sind so große, daß ihm noch heute ein ehrendes Andenken gewahrt sein soll.


Eine merkwürdige Steuer. Im 15. Jahrhundert lebte in Böhmen ein Herr von Riesenberg. Dieser hatte sich für theures Geld einen Affen erstanden. Einst entfloh dieser in den Wald; Bauern aus dem Dorfe Heynau ergriffen ihn, und da sie ihn für den leibhaftigen Teufel ansahen, schlugen sie ihn todt, womit sie der ganzen Welt vermuthlich einen großen Dienst zu leisten vermeinten. Indeß die Heldenthat bekam ihnen sehr schlecht, da sie fortan zur Strafe eine jährliche außerordentliche Steuer, den sogenannten Affenzins, zahlen mußten. Derselbe verblieb dem Dorfe bis in’s 17. Jahrhundert.Hmn.     

Kleiner Briefkasten.

L. in Podolien. Wir können zu unserm Bedauern Ihnen keine so vollständige Auskunft geben, als wohl nöthig wäre. Sie finden aber eine solche recht ausführlich und dazu noch vieles Wichtige für Ihre Bienenwirthschaft in der „Deutschen illustrirten Bienenzeitung“, Braunschweig bei C. A. Schwetschke und Sohn, welche für jährlich 4 Mark direct ober durch die Post und den Buchhandel bezogen werden kann.

P. N. in Steyr. Die Illustration „Steyr in Oberösterreich“ in Nr. 35 ist nach einer Skizze von Franz Hölzlhuber auf Holz übertragen worden.

L.W…g in Würzburg. Sie irren, unsere Schachaufgabe Nr. 7 läßt sich nicht durch: 1. Sc3 †, 2. Td3 matt in zwei Zügen schon erledigen. Der Thurm kann ja nicht abziehen, weil sonst der w. König in das Schach des schw. Laufers g2 treten würde!

J. R. in Wehlen. Ein solches Buch ist nicht vorhanden.

E. H. C. Wenden Sie sich an einen Arzt!

H. K. in M., E. W. in Dresden, L. B. in Constantinopel, Ida M. in D., Bl. Sch. in M. und J. K. in Wehlen: Ungeeignet.


Allerlei Kurzweil.

Scherz-Räthsel.


Magisches Tableau: Die Sterne.


Scherz-Räthsel.


Homonym.

Nur, wo sie sich bewährt, wird man mit Recht sie loben.
Als Vorzug wird sie Dich, den Stein als Kunstwerk zieren;
Sie wird nicht leicht den Stein, Du wirst sie leicht verlieren,
Sie stützt und hebt den Stein, Du wirst durch sie gehoben!

E. St.



[Inhaltsverzeichnis dieses Heftes, hier nicht übernommen.]

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 684. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_684.jpg&oldid=- (Version vom 17.10.2022)