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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Fortschaffen und Aufstapeln einer Anzahl von Baumstämmen, die oft mehrere hundert Kilogramm schwer sind, beschäftigt, wie dies auf dem vorstehenden Bilde veranschaulicht wird.

Inzwischen sind die kleinen, flinken Zeburinder in die leichten zweiräderigen Cabriolets gespannt und zwar mittelst eines an der Spitze der beiden Deichselstangen befestigten einfachen Joches, welches vor dem Höcker des Rindes auf dem Nacken ruht und nach unten durch einen Gurt gehalten wird. Als Leitzügel dient ein feiner, glatter Strick, welcher durch die schon in früher Jugend für diesen Zweck durchbohrte Nasenscheidewand der Zebus gezogen wird. Die höchst einfachen, leicht und elegant gebauten rothlackirten Cabriolets haben eiserne Achsen und Reifen und sind augenscheinlich englisches Fabrikat, denn ein anderes im Zuge befindliches zweirädriges Fuhrwerk – vom indischen Festlande stammend – macht mit seinen niedrigen Holzrädern mit je vier Doppelspeichen und seinen eigenthümlichen Sitzvorrichtungen einen ganz andern, fremdartigen Eindruck.

In raschem Trabe eilen die elegant gebauten Zebus mit den leichten Fuhrwerken dahin, bald aber treiben die Lenker der Gespanne die Thiere durch leichte Gertenhiebe zu rasendem Galopp an, und so entspinnt sich ein tolles Wettfahren im Umkreis der Hüttengruppe.

Der dumpfe Schall eines großen Gonghs macht dem Treiben ein Ende, und wir werfen unsere Blicke der entgegengesetzten Ecke des Platzes zu, von wo sich langsamen, feierlichen Schrittes die lange Reihe der riesigen, mit bunten Decken geschmückten Elephanten nähert. Vorauf zwei Vorreiter, dann vier Musikanten mit dudelsackähnlich quietschenden und schnarrenden Instrumenten – dann kommt der stärkste Elephant mit den langen Stoßzähnen, er ist festlich geschmückt mit hellblauer Decke, welche wie der mit Federbüschen gekrönte Baldachin mit breiten Goldfranzen verziert ist.

Unter dem Baldachin sitzt rittlings auf weichem Polster der wohbeleibte Führer, mit gutmüthigem Lächeln wohlgefällig um sich schauend – er trägt ein langes bis unter die Arme reichendes Gewand von tadelloser Weiße und eine wundersame Kopfbedeckung von gleicher Farbe, welche am meisten einem viereckigen, aufgebauschten Kissen ähnelt. Arme, Hals und Füße sind nackt. Am Ende des langen Zuges folgt auch ein größeres vierräderiges Zebufuhrwerk – durch Verbindung zweier Cabriolets hergestellt. Darin sitzen oder hocken vier bis fünf Singhalesenfrauen oder -Mädchen im Kreise um eine große Kesseltrommel, welche sie unaufhörlich mit ihren kleinen, dicken Händen bearbeiten. Nach mehrmaligem Umzuge gebietet der Führer Halt, sein Elephant hebt den linken Vorderfuß hoch empor, um seinen Reiter absteigen zu lassen. Dann streckt sich das kluge Thier allmählich nieder – der Baldachinsattel (Houdah) wird abgeschnallt, die Decke entfernt und bald liegt die ganze Elephantenschaar behaglich auf der Seite und hält Siesta.

Neben und auf den lebenden Colossen ruhen ihre Führer rauchend, schwatzend oder den grottesken Sprüngen der buntgeputzten indischen Tänzer zuschauend, welche mitten auf dem Platze ihre Künste aufführen und mit überraschender Schnelligkeit und Präcision sich gleichmäßig nach rechts oder links schwenken und vor- und rückwärts springen. Anhaltender Applaus im Zuschauerraume belohnt die flotte Tänzerschaar, dann kommen die Schlangen- und Teufelsbeschwörer, welche in merkwürdigem Aufputze unter wunderlichen Grimassen schwer verständliche Pantomimen aufführen.

Nach dieser Arbeit begiebt sich die Singhalesen-Karawane an ihre starkgewürzte Mahlzeit, die zum größten Theil aus Reis besteht. Wehmüthig denkt dann wohl Mancher von ihnen an das ferne Ceylon und die ruhigere Siesta, die er dort unter dem Palmendache seiner Hütte gehalten, an die paradiesische Insel, auf welcher er noch weniger zu „arbeiten“ braucht, als hier in der Hagenbeck’schen Truppe.

L. B.


Ein märkisches Bad und sein Jubelfest.
(Mit Illustrationen von A. v. Rößler.)

Die Mark Brandenburg ist nicht so arm an landschaftlichen Reizen, wie man bei dem Gerede von des Heiligen Römischen Reiches Streusandbüchse gemeiniglich denkt. Potsdam ist eine landschaftliche Perle allerersten Ranges; aber auch die nähere Umgebung Berlins hat große Schönheiten. Es sei ferner an den Spreewald, an die Wälder und Seen im Nordosten erinnert; endlich an die märkische Schweiz, die viel zu wenig gekannte! Ein Hochland, welches in der höchsten Erhebung – an dem Nordabfalle von Falkenberg bis Freienwalde an der Oder und in der Buckower Gegend im Süden – eine wahrhaft imposante Hügelentwickelung mit wundervollen Waldschluchten und eingestreuten Seen aufweist, bietet diese märkische Schweiz in der langen Thalspalte von Falkenberg bis Straußberg eine Kette von Waldseen, welche wenigstens im Blumenthal eine der schönsten Waldpartien säumt, die man durchwandern kann.

Auch einen Bade-Ort hat diese „Schweiz“ der Mark geliefert; eine starke salinische Eisenquelle und ein reichliches Stück salinischen Eisenmoors stellen das Städtlein Freienwalde an der Oder in die Reihe der wirkungskräftigen Heilbäder Deutschlands. Zudem ist dieses Freienwalde landschaftlich der schönste Punkt der märkischen Schweiz nicht nur, sondern vielleicht des ganzen deutschen Ostens, seine Wald- und Hügelwelt reichlich so schön wie die Mittelgebiete unserer vielbesuchten Gebirge.

In Berlin weiß man dies wenigstens in bestimmten Kreisen, welche im Sommer allsonntäglich schaarenweise Besucher, aber auch ständige Sommergäste in Menge liefern, denen die Nähe der Heimath allerlei erwünschten Vortheil bietet. Doch auch von weither kommen Sommerfrischler und Curbedürftige, Leute mit schlechtem Blut und chronischen Erkältungsleiden, besonders gichtisch geplagte und gelähmte, von deren Heilung die Curchronik Wunder erzählt. Leider hat die Verwaltung vor nicht gar langer Zeit die Votivtafeln und die zahlreichen Krücken verbrannt, welche kräftig dafür zeugten. Der Uebergang des Besitztitels vom Fiscus auf die Stadt (1832) war dem Bade bedauerlicher Weise ungünstig; erst die Gründerzeit, welche mit den alten Bauten aufräumte und allen Comfort modernen Badelebens hierher verpflanzte, um das Geschaffene nach dem „Krach“ mitsammt dem Besitzrechte der Stadt zurückzugeben, bezeichnet den Anfang einer Zukunft für das Bad, die seiner Vergangenheit würdig sein dürfte.

Es ist eine Thatsache, welche sonderbarer Weise fast unbekannt geworden, daß dieses Freienwalde an der Oder bis in den Anfang des Jahrhunderts hinein das Privatbad der Hohenzollern gewesen, wie es als Bade-Ort die Gründung eines der größten Hohenzollern ist, welche die Geschichte kennt: des großen Kurfürsten. Als nämlich 1683 zufällige Heilungen in Folge des Genusses von Wasser aus einer der Freienwalder Mineralquellen Aufsehen erregten und die Kunde davon an den brandenburgischen Hof kam (durch Vermittelung des Freienwalder Apothekers Gänsichen), ließ der Große Kurfürst das Wasser chemisch untersuchen und legte alsbald seine Hand auf die Quellen. Er verfügte die Fassung der Hauptquelle und die Einsetzung einer Brunnenverwaltung und zog im Jahre 1684 selbst mit Gemahlin, zwei Prinzen und ziemlichem Gefolge als Curgast in Freienwalde ein.

Seitdem hat fast jeder Hohenzoller hier gebaut und hier getrunken und gebadet bis in den Anfang dieses Jahrhunderts. Kein Wunder also, daß die Bürger von Freienwalde den zweihundertjährigen Gedenktag des Einzugs des Großen Kurfürsten, dieses für ihre Stadt so wichtigen Ereignisses, durch ein besonderes Fest feierten. Dank der regen Betheiligung der Berliner Künstlerschaft gestaltete sich dasselbe zu einem der glänzendsten Costümfeste, die in den letzten Jahren gegeben wurden, und verdient auch wohl an dieser Stelle eine kurze Erwähnung.

Die Stadt hatte am 21. Juli, dem Jubeltage, üppigsten Festschmuck angelegt. Grünes lieferte der Stadtforst verschwenderisch; Fahnen und Fähnchen hatte eine kurz zuvor abgehaltene Thierschau in Unmenge hinterlassen. So zog

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 566. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_566.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)