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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

„Engelland“. Und das ist jedenfalls die ursprüngliche Bezeichnung. Am lichtvollen Himmel, hinter den Wolken, am Wolkenbrunnen, aber auch bei den Quellen und Brunnen im Innern der Erde (Walhalla und Helheim, Ober- und Unterwelt) dachte man sich dieses Reich der Engel, und zwar als einen prachtvollen Garten, in welchem als bedeutungsvollster der Baum mit den goldenen Aepfeln stand. Er erinnert an das biblische Paradies auf Erden mit dem Baume der Erkenntniß, dessen Frucht im Lateinischen pomum heißt und nach welcher das Engelland später Pommelland, Pömmelland, endlich Pommerland genannt wurde. Damit wäre der von unseren Kindern gesungene Reimspruch vielleicht erklärt. H. S–n.     


C. A. Görner. †. Freund Hein, der Sensenmann, steht im Begriffe, seinen guten Ruf vollständig zu Grunde zu richten. Viel Rühmenswerthes haben die Menschen überhaupt nie von ihm zu erzählen gewußt, aber man mußte ihm wenigstens die Tugend der Unparteilichkeit zugestehen. „Aus allen Kreisen nimmt er seine Opfer, ihm gilt der Bettler gleich dem Edelmann.“ Doch auch dieser Unparteilichkeit scheint er untreu werden zu wollen, denn er hat es neuerdings speciell auf die deutsche Bühne abgesehen, der er in kurzer Zeit eine ganze Reihe ihrer hervorragendsten und bekanntesten Mitglieder geraubt. Die Schauspielkunst hat in den letzten Monaten einen empfindlichen Verlust nach dem andern gehabt; binnen wenigen Monaten Ernestine Wegner, Josephine Gallmeyer, Karl Laroche und nun auch der alte Görner, der norddeutsche Laroche todt! Mit dem alten C. A. Görner, der am 9. April in Hamburg während der Aufführung seines neuesten Lustspiels im Thaliatheater verschied, ist der Nestor der norddeutschen Schauspieler und Bühnenschriftsteller gestorben, denn es sind mehr als sechszig Jahre verflossen, seit er zum ersten Male die Bühne betrat und seit er sein erstes Lustspiel geschrieben. Fast klingt es uns wie ein Märchen, wenn wir lesen, wie der Mann, der noch vor wenigen Wochen als Regisseur und Schriftsteller unermüdlich thätig war, seine künstlerische Anregung durch den Umgang mit Ludwig Devrient gewann[1], wie er als angehender Kunsteleve an einem bitterkalten Februartage des Jahres 1822 zu Fuß von Berlin nach Stettin wanderte, um sich dort bei einer Wochengage von zwei Thalern als „Komödiant“ engagiren zu lassen. Im Jahre 1824 sehen wir ihn schon, einen jugendlichen Impressario von achtzehn Jahren – Görner war am 29. Januar 1806 in Berlin geboren – an der Spitze eines Hoftheaterensembles, wie wir heute sagen würden, nämlich mit der Köthener, vormals herzoglichen Theatertruppe Mitteldeutschland bereisen, bis er in Neustrelitz wieder festes Engagement annahm. Sein Rollenkreis war derselbe wie bei Altmeister Laroche, er umfaßte vorzugsweise Bösewichte und Intriguanten; doch war auch der Nathan eine Glanzleistung Görner’s, und an seinen komischen Genrefiguren, wie Falstaff u. a., konnte man noch in den letzten Jahrzehnten die unverwüstliche Frische des Görner’schen Humors bewundern. Die Eigenthümlichkeit Görner’s als Schauspieler bildete ein kräftiger, aber stets künstlerischer, nie in Naturalismus ausartender Realismus; viele aus feinster Menschenbeobachtung hervorgegangene Züge gaben seinen Leistungen jene vollendete Natürlichkeit und Wahrheitstreue, die ihn zu einem hervorragenden Schauspieler machten.

Als Görner im Jahre 1822 sein erstes Bühnenstück: „Gärtner und Gärtnerin“ schrieb, beherrschte noch die hausbackene Moral und Rührseligkeit der Iffland’schen dramatischen Familiengemälde die Bühne, und man findet bei Görner den Einfluß Iffland’s, später auch den der Birch-Pfeiffer mit Leichtigkeit heraus. Doch traf Görner auch den Ton des modernen Lustspiels mit Glück. Es giebt keine deutsche Bühne, von den ersten Hoftheatern bis herab zu den erbarmungswürdigsten Sommerbühnen, die nicht Görner’s „Geadelten Kaufmann“ zur Aufführung gebracht hätte, und noch heute ist dieses Stück, in welchem der Verfasser das reelle Landvolk der unsoliden Speculation und dem Hochmuthsteufel gegenüberstellt, überall ein gern gesehenes Repertoirestück. Die Zahl der Görner’schen Stücke beläuft sich auf anderthalb Hundert, doch zu den frischen Lorbeeren, die sie ihm eingebracht, hat der goldene Lorbeer sich nicht gesellt; denn als Görner die meisten seiner Bühnenstücke schrieb, war der Begriff der Tantièmen noch nicht erfunden und es existirte noch kein Schutz für das geistige Eigenthum. Eine gesicherte Stellung als Oberregisseur am Hamburger Thaliatheater verschaffte indessen dem greisen Schauspieler und Bühnenschriftsteller einen angenehmen, sorgenlosen Lebensabend, und in dieser Stellung ist C. A. Görner auch gestorben, wie der Soldat auf dem Felde der Ehre, in einer Theaterloge, während der Aufführung seines Schwankes: „Amerikanisch“. Ein tödtlicher Schlaganfall machte dem Leben des um die deutsche Bühne so vielfach verdienten Mannes ein rasches und sanftes Ende. W. H.     

  1. Ludwig Devrient, der älteste und hervorragendste von den berühmten Trägern dieses Schauspielernamens, war am 15. December 1784 geboren; sein hundertjähriger Geburtstag fällt mithin in dieses Jahr, ebenso wie der hundertste Geburtstag Karl Theodor von Küstner’s, dem die später erwähnte Einführung des Tantièmenwesens (die Abführung eines gewissen Procentsatzes von den Einnahmen an den Dichter) zu danken ist. Die deutsche Bühne hat alle Ursache, beide Gedenktage nicht gleichgültig vorübergehen zu lassen.

Erstes Geburtstagsfest. (Mit Illustration S. 297.) Ein sonniges Frühlingsbild aus dem Leben eines jungen Menschenkindes, dem auch der Sommer und die späteren Jahreszeiten seines Lebens Glück und Heiterkeit versprechen. Vortrefflich hat es der Künstler verstanden, die Situation in ihrer ganzen lebensvollen Frische zu fassen und wiederzugeben: den heiteren Frohsinn der Geschwister, das stille Glück der Mutter und Großmutter, das neugierige und freudige Staunen der kleinen Besucher und daneben die emsige Geschäftigkeit der Schwester der Hausfrau, die draußen in der Küche sorglich die Gaben für den Geburtstagstisch ordnet und gleichzeitig den kleinen Gratulanten der benachbarten Familien als wohlbekannte freundliche Führerin dient.

Schon einmal hat der Künstler den Lesern der „Gartenlaube“ gezeigt, wie er zu schaffen versteht, und seinem prächtigen Bilde „Ball an Bord“ in Nr. 27 des vorigen Jahrganges reiht sich das „Erste Geburtstagsfest“ ebenbürtig an.


Eine Bitte. Das Loos eines Schriftstellers, welcher nicht für den anlockenden Genuß des lesefreudigen Publicums schreibt, sondern der ernsteren Pflicht lebt, aus den Schätzen der Menschen- und Völkergeschichte belehrende und erhebende geistige Nahrung für die Zeitgenossen zu gewinnen, und der dennoch darauf angewiesen ist, einzig vom Ertrag seiner Feder eine Familie zu erhalten, – dieses Loos kann ohne das geringste Verschulden selbst des fleißigsten und begabtesten Mannes oft ein recht hartes und schweres werden. Haben doch, auch „die Bücher ihre Schicksale“, von denen wieder die der Autoren abhängen. Ein solcher Schriftsteller, der in den Zeiten der Gefahr die deutsche Sache auch auswärts mit aufopferndem Muthe verfochten hat und für dessen hohe Ehrbarkeit und Tüchtigkeit wir einstehen können, steht in diesem Augenblick vor der bittern Nothwendigkeit, laut die bittende Frage aussprechen zu müssen: „Wer hilft mir?“

Unsere Leser und Freunde wissen, daß wir nur in sehr ausgewählten Fällen ihre Theilnahme einem des besten Looses Würdigen, aber vom Glück Verlassenen zuzuwenden bitten. Dies geschieht hiermit wieder einmal, und zwar mit der Besonderheit, daß wir den Namen des Bedrängten zu verschweigen uns gestatten. Dagegen wird die „Gartenlaube“ über alle Spenden in diesen Ehrenopferstock gewissenhaft quittiren.


Allerlei Kurzweil.



Bilder-Räthsel.


Dechiffrir-Aufgabe.

Levisu rilovolero Rulesusosesi visu solevisuleru velosulilebusu Verobesurile.

Visovo sovisesi veleso rolesesi-volesu Ralerileso ravusibu rele-ralosolavo.




Zweisilbiges Räthsel.

Das Ganze sucht das Erste vor Gefahren
Im Kampfe durch das Zweite zu bewahren.




Auflösung des magischen Tableaus: „Die Palette“ in Nr. 17:
Jeder der in der Palette eingesetzten Buchstaben ist durch das über demselben stehende Zeichen symbolisirt. Man braucht daher nur an die Stelle der in den einzelnen Zeichengruppen des Kreises stehenden Zeichen die betreffenden Buchstaben zu setzen und dieselben nach der Anzahl der Zeichen (jede Gruppe für sich) an einander zu reihen, um die Worte zu finden: Ohne Gunst, Kunst umsunst. S. Atanas.     


Kleiner Briefkasten.

E. R. in Köln. Ihren Vorwurf, daß wir das Heine’sche Memoiren-Fragment mit wesentlichen Auslassungen zum Abdruck gebracht, würden Sie wohl nicht erhoben haben, wenn Sie gewußt hätten, daß es nur wenige Zeilen sind, welche wir an einigen Stellen unterdrücken mußten, sicherlich nicht aus falscher Prüderie, sondern weil deren Inhalt uns für ein deutsches Familienblatt nicht geeignet schien.

Herrn Förster Sauerwald zu Beckedorf. 48 Mark, für das Forstwaisenhaus als Strafgelder gesammelt, haben wir erhalten und an die Centralsammelstelle abgeführt.

G. H. in N. Die Holzschnitte können vom Holzstock direct abgedruckt werden; wird mit mehreren Pressen gedruckt, so verwendet man Clichés. – Die älteren Jahrgänge der „Gartenlaube“ 1853 bis 1855 sind nicht mehr vorräthig.

G. G. W. in P. Das Gemälde von Bodenhausen ist eine Personifikation des Märchens.

H. M. in C. Der Maler Jacopo Robusti, genannt Tintoretto, verfolgte nach seinem Wahlspruche: „Die Zeichnung von Michel Angelo, das Colorit von Tizian“ eine eigene Richtung. In den besten seiner Werke gelang es ihm, die „Großheit“ des florentinischen Stils mit den Vorzügen der venetianischen Schule zu verbinden, in der letzten Zeit erlag er jedoch einem ziemlich entfesselten Naturalismus. Das Monogramm, dessen er sich bedienten ist das folgende: T. t. T.

H. A. in M. Ein schlechter Advocat ist immer noch besser, als ein schlechter Dichter.

„Motto“. Wir haben Ihr Manuscript mit vielem Interesse gelesen, bedauern jedoch, dasselbe nicht drucken zu können, da es für ein populäres Blatt nicht geeignet erscheint.

A. O. in St. Schwindel. Wenden Sie sich an einen tüchtigen Arzt.

H. G. Vor der Pflanze Homeriana haben wir bereits in Nummer 13 des vorigen Jahrgangs gewarnt.

W. M. in Warschau. Nicht geeignet.

A. H. Ungeeignet. Bitten um genaue Adresse.


Inhalt: Salvatore. Napoletanisches Sittenbild. Von Ernst Eckstein (Fortsetzung). S. 293. – Die höheren Töchterschulen. Ein Wort für unser Haus. Von Ferdinand Sonnenburg. S. 296. – Ein Straßenbau und die Anlage einer deutschen Colonie in Brasilien. Von F. Keller-Leuzinger. II. S. 299. Mit Illustrationen S. 299, 300, 301 und 302. – Anna Ottendorfer. Deutsch-amerikanisches Frauenbild von Th. Herm. Lange. S. 302. – Der Maibaum. Bilder aus dem steierischen Volksleben von P. K. Rosegger. S. 304. Mit Illustrationen S. 304, 305, 306 und 307. – Blätter und Blüthen: Ein Liebling der Jugend. S. 307. – C. A. Görner. †. S. 306. – Erstes Geburtstagsfest. S. 308. Mit Illustration S. 297. – Eine Bitte. – Allerlei Kurzweil: Bilderräthsel. – Dechifrir-Aufgabe. – Zweisilbiges Räthsel. – Auflösung des magischen Tableaus: „Die Palette“ in Nr. 17. – Kleiner Briefkasten. S. 308.



Verantwortlicher Herausgeber Adolf Kröner in Stuttgart.0 Redacteur Dr. Fr. Hofmann, Verlag von Ernst Keil’s Nachfolger, Druck von A. Wiede, sämmtlich in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 308. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_308.jpg&oldid=- (Version vom 22.4.2021)