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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

zum Nachlassen der Riemen, was aber auch durch bloße Befeuchtung erzielt werden kann.[1]

Sudanesische Volkstypen. Originalzeichnung von Wilhelm Gentz.
Zur Erklärung dieses Gruppenbildes möge Folgendes dienen: Von den drei Männerköpfen auf der linken Seite des Holzschnittes stellt der oberste einen Typus des durch seine Wildheit schlecht beleumundeten Bischarinstammes dar, während der mittlere uns einen Bewohner Kordofans und der unterste einen Eingeborenen aus Darfor veranschaulicht. Die drei kleinen Köpfe rechts oben sind naturgetreue Portraits nubischer Jugend, und von den Frauenköpfen zeigt uns der oberste eine Repräsentantin der Bischarin, die anderen sind sämmtlich Frauentypen aus Khartum. Im Uebrigen verweisen wir unsere Leser auf den nebenstehenden Artikel.

Die Dörfer des Sudans, deren es unzählige giebt, denn auch die sogenannten kleinen Städte sind nicht viel mehr als Dörfer, nehmen sich fast alle, namentlich von fern gesehen, recht hübsch aus. Mimosen oder sonstige Akazienarten, Dum- oder Fächerpalmen (die Dattelpalme wird über Khartum hinaus immer seltener), Tamarinden und Lebbakbäume, und vor allem gewaltige Adansonien geben der Landschaft einen vollständig tropischen Charakter. Die letzteren, die sogenannten Affenbrodbäume, gehören jedenfalls zu den interessantesten Bäumen der Erde. Es sind wahrhafte Baumriesen, allerdings nur von mittlerer Höhe, aber ihre weitgestreckten Aeste, deren jeder schon an sich einen ungeheuren Baum bilden würde, gehen oft über hundert Fuß in die Breite, sodaß eine einzige Adansonie wie ein kleiner Wald aussieht. Dabei erreichen sie nachweislich ein Alter von vielen tausend Jahren. Die Gärten, und hier und da auch die bebauten Felder sind von Cactusfeigenhecken umgeben, die undurchdringlichen Schutz, sogar gegen wilde Thiere, gewähren, und ein gewaltiger Dornstrauch mit fingerlangen eisenharten Spitzen bildet einen noch dichteren Verhau, die sogenannte Scheriba, die im Kriege zu Verschanzungen dient, wie wir aus den verschiedenen Schlachtberichten von El Teb und Tamanieh noch jüngst erfahren haben.

Die Hütten der Eingeborenen (die Thokuls) tragen sämmtlich ein trichterförmiges Strohdach, „man erbaut sie,“ sagt Brehm (für unsere ganze Schilderung der beste Gewährsmann) „in wenig Tagen, und ein zufällig ausbrechender Brand zerstört sie in wenig Minuten.“

Einfach wie die Hütte ist auch das Leben ihrer Bewohner: der Mann liegt die meiste Zeit auf seinem Ankaréb und trinkt Busa oder Meriesa, zwei auf Durrahkörnern[2] gegohrene, dem Bier ähnliche Getränke, aber für einen europäischen Gaumen von widerlichem

  1. Diese Ankarébs sind überaus bequem und auch oft, namentlich aus Eisenholz, sehr hübsch gearbeitet, sie bilden sogar einen Ausfuhrartikel, und man findet sie häufig in den vornehmen Häusern Kairos und Alexandrias, wo sie als Ruhebetten dienen. Ein anderes kleines Gestell gehört gleichfalls hierher: es sieht aus wie der obere Theil einer gewöhnlichen Krücke und dient den oben geschilderten Schönen Nachts als Nackenstütze um ihre Frisur zu schonen. Unglaublich, möchte man hinzufügen, wenn nicht einst auch bei uns Hochfrisuren Aehnliches erfordert hätten.
  2. Mohrenhirse.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_273.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)