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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

Bilder aus dem Sudan.

Von0 Adolf Ebeling.
(Schluß.)


Sudanesische Frauen. – Das sudanesische Bettgestell. – Die Hütten der Eingeborenen. – Dorfleben. – Heilige und Derwische. – Khartum. – Der Mittelpunkt des afrikanischen Sclavenhandels. – Gordon’s Proclamation.

Wir folgten bis jetzt in unsern Schilderungen den kriegerischen Ereignissen und suchten die Städte auf, vor deren Thoren der Kampf wüthete. Nun müssen wir, um unser Bild zu vervollständigen, auch die stillen sudanesischen Dörfer kennen lernen, in welchen die Frauen und Kinder der Krieger des Mahdi, wie in den Friedenszeiten, das Feld bebauen und die häuslichen Geschäfte besorgen.

Ihr Loos ist im Allgemeinen nicht beneidenswerth, denn die Weiber werden auch im Sudan, wie überall in den mohammedanischen Ländern, und ganz besonders bei den Negervölkern, als Wesen untergeordneter Art betrachtet, denen ja der Koran selbst nur bedingungsweise eine Seele und damit das Anrecht auf Unsterblichkeit zugesteht. Wo dabei freilich die Huris des Paradieses hergekommen, ist eine andere Frage, es sind vielleicht ganz besondere Himmelsgeschöpfe; aber der Koran ist bekanntlich voll von Widersprüchen.

Heilige und Derwische im Reiche des Mahdi.
Originalzeichnung von Wilhelm Gentz.

Trotzdem sind die Sudanesinnen eitel und geben viel auf Putz, wenn auch in höchst eigenthümlicher Weise. Zunächst ist es das Haar, dem sie eine ganz besondere Sorgfalt zuwenden. Sie flechten es nämlich in hundert kleine Stränge, die, wenn das Haar recht üppig ist, terrassenförmig über einander liegen. Dies könnte allenfalls noch für eine originelle Mode gelten, aber das Schlimme und Widerwärtige kommt hintennach, das ist das Einreiben und gewissermaßen Durchtränken des Flechtkunstwerks mit Hammelfett, Telka genannt, das schon beim ersten Gebrauch durch die starke Hitze ranzig geworden ist und einen abscheulichen Geruch verbreitet. Die hübschesten Sudanesinnen (und es giebt wirklich unter den jüngeren Weihern schöne Gestalten mit überaus ansprechender Gesichtsbildung) werden dadurch für den Europäer Ekel erregend, vollends wenn man sieht, wie sie das herabtropfende Fett sorgfältig auf Schultern und Nacken verreiben, um ihrer dunkelfarbigen Haut noch mehr Glanz zu geben. Und einen solchen Kopfputz, für dessen Herstellung es eigene Künstlerinnen giebt, die sich ihre Arbeit teuer bezahlen lassen, tragen die Schönen oft einen Monat und länger, bevor sie ihn erneuern. Die Männer lassen sich dagegen, nach der allgemeinen Sitte der Mohammedaner, das Kopfhaar bis auf einen dicken Büschel im Wirbel kahl scheeren und tragen eine Filzkappe oder gar nichts. Turban und Tarbusch (das rothe Fez) sieht man nur in den Städten, wo auch die übrige Tracht beider Geschlechter eine gewähltere ist. In den Dörfern und auch in den größeren Ortschaften gehen die Kinder bis zum achten und zehnten Jahre unbekleidet; später bekommen die Knaben den Libáhs, eine Art weitfaltiger Badehose, wie sie auch die Aegypter tragen, und die Mädchen den Ráhad, einen aus langen, dicht an einander genähten Lederstreifen bestehenden Leibschurz. Die verheiratheten Frauen fügen diesem Kleidungsstück, außer dem Gesichtsschleier, noch die Fúrdah hinzu, ein größeres oder kleineres Baumwollentuch, in das sie sich sehr hübsch zu drapiren wissen, auch ausnahmsweise Sandalen oder feingeflochtene Strohschuhe, denn gewöhnlich geht alles barfüßig.

Die Kleidung der Männer ist ähnlich, das lange indigoblaue Baumwollenhemd der Aegypter findet sich auch im Sudan; der weiße Stoff kommt meistens aus England und wird in Kairo und in den südlicheren Nilstädten, namentlich in Siut, blau gefärbt. Von den Waffen der Sudanesen haben wir bereits gesprochen; hier wäre nur noch das Sickihn zu nennen, ein Messer, das jeder Mann in einer Lederscheide am linken Arm trägt, das ihn nie verläßt, und das viele nicht einmal Nachts ablegen. Es ist aber weniger Waffe als nothwendiges Hausgeräth, und auch die Nubier tragen ein solches Messer.

Ueberaus seltsam ist das sudanesische Bettgestell, das Ankaréb, das gewiß schon mancher unserer Leser in irgend einem ethnographischen Museum gesehen hat. Es besteht aus einem schrägen, auf kurzen Füßen ruhenden Holzrahmen, dessen schmaler innerer Raum mit starken Lederriemen vollständig überspannt ist; am Kopfende befindet sich eine Vorrichtung zum festeren Anziehen oder

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_272.jpg&oldid=- (Version vom 8.1.2021)