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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884)

das blaugefärbte Linnen vom Tische und verbrühte sich am siedheißen Inhalte der niederstürzenden Suppenschüssel den halben Rücken; die Stubenschwelle überschritt es zumeist in dem Momente, in dem eine achtlose Hand oder ein Windzug die Thür zuwarf; wenn es versuchte, der Nannei über die Bodenstiege nachzuklettern, fiel es gewiß herunter oder klemmte doch wenigstens einen der Füße in die Bretterklumsen. Und wie es erst hinaus durfte in den Hof, auf die Straße, auf die Wiese – o du lieber Himmel! da stand es lange Stunden auf einem Flecke und starrte mit verwunderten Augen hinein in die schöne Gotteswelt – und in solch einer Stellung wär’ es einmal auf der Straße fast überfahren worden; von allen Hunden der Nachbarschaft ward es zerrauft und gebissen; um ein Gras, ein eben, erst aufgeschossenes Kräutchen zu holen, zwängte es den Kopf in die Lucken der Lattenzäune und würgte sich, da es zumeist nicht wieder zurück konnte, an den unnachgiebigen Stäben halb zu Tode; einmal auch stürzte es in einen Tümpel und wäre jämmerlich ertrunken, wenn es nicht die Hände der gelegen kommenden Nannei noch zur rechten Zeit an’s Trockene gezogen hätten.

„O, du Dschapei – du Dschapei du!“

Das zu rufen hatte Nannei an jeglichem Tage dutzendfachen Grund – und so kam es, daß dem Thiere zum bleibenden Namen wurde, was ihm erst nur als Schelt- und Schmeichelwort gegolten hatte: Dschapei!

(Fortsetzung folgt.)

Der Zimmer- und Fenstergarten.

Wenn ich der Blumenliebhaberin und Pflegerin von Floras Kindern mit einigen Rathschlägen für die Behandlung ihrer Lieblinge an die Hand zu gehen gedenke, so muß ich vor allen Dingen bitten, nicht Wunderwerke von mir erwarten zu wollen, denn meine Vorschriften helfen nur „der glücklichem Hand“, das heißt Demjenigen, der sie mit seinem eigenen Verständniß für die Bedürfnisse der Pflanzen zu vereinigen weiß.

Ehe ich die eine oder andere besonders beliebte Pflanzenfamilie bespreche, möchte ich mir erlauben, den Bedürfnissen der Pflanzen im Allgemeinen einige Zeilen zu widmen, sei es auch nur, um sonst nothwendiger Wiederholungen überhoben zu sein, und bemerke vor Allem, daß am geeignetsten als Zimmergarten ein zu diesem Zweck eingerichtetes Blumenzimmer ist, was nicht ausschließt, daß einzelne besonders geduldige Blüthen- oder Blattpflanzen auch im gewöhnlichen Wohnzimmer gut gedeihen. Die beste Lage für ein solches Blumenzimmer ist die gegen Süden und Südost, im Winter noch besser die gegen Südwest, weil auf die Morgensonne wenig zu rechnen ist; das Sonnenlicht wirkt meist sehr wohlthätig auf die Pflanzen und wer solches entbehrt, wird nie viel Glück mit ihnen haben, am wenigsten mit denen, die im Winter blühen sollen. Ein Ausbau mit Fenstern an drei Seiten dürfte allen Zwecken vollständig genügen; doch darf ihm eine bequeme Einrichtung zum Lüften der Fenster, zum Schutz gegen Kälte im Winter und gegen die Mittagssonne im Sommer nicht fehlen. Im Nothfall muß man sich, namentlich bei geringem Vorrath von Pflanzen, mit einem einfachen Doppelfenster begnügen.

Gewächse, welche im Herbst mit ihren Stengeln absterben, oder harte Holzpflanzen, auch solche, welche die Blätter abwerfen, können wenigstens bis dahin, wo sie von Neuem beginnen zu treiben, in einem trocknen Keller oder frostfreien Schuppen überwintert werden, denn ihnen ist die Winterruhe ein ebenso großes Bedürfniß, wie ihnen und allen andern Pflanzen die Wärme, das Licht und zum Theil auch der Sonnenschein im Sommer. Sind jene Räume nicht dumpfig, mit Einrichtungen zum Lüften versehen und noch genügend hell, so kann man darin wohl auch Levkojen, Goldlack, Myrthen, Oleander, Fuchsien, Agaven, Yuccas und viele andere überwintern, welche in dieser Jahreszeit nicht blühen.

Im Allgemeinen sollen die Zimmerpflanzen in nicht zu großen Gefäßen stehen, weil sie darin, namentlich während des Winters, leicht faulen oder sonst krank werden. Bemerkt man dies, so soll die Pflanze in einen andern kleineren Topf versetzt werden, wobei man den Wurzelballen durch Auswaschen in lauwarmem Wasser vollständig reinigt, die faulen Wurzeln ausschneidet und bis zu beginnendem Wachsthum nur wenig Wasser giebt. Die großen Töpfe sind auch unbequem, weil sie viel Platz beanspruchen, und kann man, wenn man die Pflanzen in gehacktes Moos setzt, welches mit Mineraldung getränkt wurde, sehr kleine Gefäße anwenden, also auch verhältnißmäßig viel Pflanzen unterbringen, und hat sich folgende Mischung als Blumendünger im Moos ganz vorzüglich bewährt: 38 % salpetersaures Ammoniak, 30 % doppelt phosphorsaures Ammoniak, 26 % salpetersaures Kali (Salpeter), 5 % doppelt phosphorsaurer Kalk fein gepulvert, 1 % schwefelsaures Eisen, welche Materialien von jeder Droguenhandlung abgegeben werden. Man löst dieselben in Wasser auf und vermischt das Moos mit der Lösung. Bei Bedarf kann solches Wasser später auch in verdünntem Zustande zum Gießen benutzt werden. Im Allgemeinen ist Waldmoos zu empfehlen, nur für Sumpfpflanzen darf Sumpfmoos (Sphagnum) angewendet werden, weil dieses die Feuchtigkeit länger anhält, als gewöhnlichen Landpflanzen dienlich ist.

Das Versetzen der Gewächse in andere und größere Gefäße darf nicht zu oft geschehen: holzige Pflanzen werden in der Regel am seltensten versetzt, weil sie nur langsam größere Wurzeln treiben, weil ihre Blätter vielleicht mehr als die anderer Pflanzen zur Ernährung des Ganzen beitragen und weil die meisten derselben eine Zeit vollständiger Ruhe nöthig haben, in welcher die Aufnahme von Nahrung unmöglich ist. Andere dagegen müssen jährlich verpflanzt werden und, sind es Blüthenpflanzen, am besten bald nach der Blüthe, oder im Frühjahr, wenn diese spät im Sommer eintritt.

Die meiste Vorsicht erfordert das Begießen der Zimmerpflanzen: frisch versetzte Gewächse darf man nach dem ersten Angießen nicht zu oft begießen; die feinen Wurzeln sollen sich nach und nach mit der Erde verbinden, und die Luft muß stets auf die Erde einwirken, nur bei der Auflösung der Nahrungsstoffe mit helfen zu können: wollte man gleich zu stark gießen, so würde auch die lockerste Erde fest werden und die Pflanze müßte unfehlbar schon aus dem Grunde absterben, weil sie nicht eher die Fähigkeit besitzt, Feuchtigkeit und die von ihr aufgelöste Nahrung aufzunehmen, als bis neue Wurzeln sich gebildet haben. Deshalb sollen auch im Keller, bei schwacher Beleuchtung und niedriger Temperatur, überwinterte Pflanzen nur selten, solche ohne Blätter gar nicht begossen werden.

Auch bei angewachsenen und älteren Pflanzen erfordert das Gießen immer einige Vorsicht; man gießt gewöhnlich zu oft oder zu wenig und verliert dadurch manche Pflanze. Am sichersten geht man, wenn man nicht eher gießt, als bis die Oberfläche des Wurzelballens trocken geworden ist, was im Winter weniger oft der Fall sein wird, als im Sommer, oder richtiger zur Zeit des stärksten Wachsthums.

Für den Winter empfiehlt es sich, die Erde nach der Mitte des Topfes oder Kübels, um den Stamm herum ein wenig zu erhöhen, um das Innere mehr trocken, das Aeußere mit den aufsaugenden Faserwurzeln mehr feucht zu halten, welche Erhöhung aber im Frühjahre wieder auszugleichen ist.

Bei Wurzelballen, die niemals austrocknen, ist der Wasserabzug verstopft; man nehme dann die Pflanze aus dem Topfe, reinige das Abzugsloch und bedecke es mit einem, besser mit mehreren Scherben; gewöhnlich wird jetzt ein regelrechtes Verpflanzen, das heißt die Erneuerung der versauerten Erde gute Dienste leisten. Eine Hauptbedingung für das Gedeihen der Pflanzen ist die Anwendung von „überschlagenem“ Wasser von derselben Temperatur wie die des Raumes, in welchem die Pflanze steht.

Gaslicht ist den Pflanzen sehr schädlich; dagegen befördert elektrisches Licht das Wachsthum und das Gedeihen der Pflanzen, wenn es durch farbloses (weißes) Glas gebrochen wird. Uebrigens ist der Bedarf an Licht nicht bei allen Pflanzen gleich; leider aber stützten sich unsere Pflanzenzüchter bei der Beurtheilung dieses wichtigen Moments bisher nur auf ihre eigene Erfahrung oder auf die Ueberlieferungen von Anderen, denn wohl erzählen uns neuere Pfadfinder in dem Gebiete der Pflanzenkunde, daß einzelne Arten in brennender Sonnenhitze wachsen und blühen, aber sie sagen uns selten, welche Pflanzen überhaupt sie in schattiger oder sonniger Lage gefunden haben. Aber die Pflanze selbst sagt uns ganz deutlich, ob sie im Schatten oder unter dem Einflusse des Sonnenlichts gezogen sein will, nur muß man das Mikroskop zu Hülfe nehmen, um ihre Sprache zu verstehen: man muß ihr Blatt untersuchen!

Wenn nämlich, wie Professor Dr. Wittmack durch einen im Vereine zur Beförderung des Gartenbaus in Berlin am 29. März 1883 gehaltenen Vortrag ausführte, unter der Oberhaut zwei Reihen langgestreckter und senkrecht gestellter sogenannter Palissadenzellen sich befinden, dann ist ihre Trägerin eine Pflanze, welche an Sonnenlicht gewöhnt ist, denn die Chlorophyllkörner dieser Zellen befinden sich in Reihen längs der Seitenwände, lassen also den Raum in der Mitte frei und werden von dem hier durchgehenden Sonnenlichte wenig berührt; erst unter diesen Palissadenzellen befinden sich weitere Schichten länglicher oder rundlicher Zellen mit den in ihnen gleichmäßig vertheilten Chlorophyllkörnern, die von dem hier bereits abgeschwächten Sonnenlichte nicht mehr leiden können. Befindet sich aber unter der Oberhaut nur eine Schicht Palissadenzellen, so verlangt die Pflanze mehr Schatten als Licht, und wenn die Palissadenzellen ganz fehlen, wenn die rundlichen Zellen mit ihren gleichmäßig vertheilten Chlorophyllkörnern schon unter der Oberhaut sich vorfinden, dann

gehört das Blatt einer ausgesprochenen Schattenpflanze an.

O. Hüttig.     

Blätter und Blüthen.

Eduard Lasker †. Der Land- und Reichstagskämpfer, der seit 1865 zu den am häufigsten genannten Parlamentsrednern und Volksmännern Preußens und Deutschlands gehört, ist in der Nacht vom 4. zum 5. Januar in New-York gestorben. Unseren Lesern haben wir ihn bildlich im Jahr 1873 (S. 132) vorgestellt und in demselben Jahrgange (S. 550) schilderte dann Siegfried in dem Artikel „Von einem Vielgenannten“ ausführlich das Leben und Wirken dieses Mannes. Seitdem sind zehn Jahre noch schwerer Kämpfe und bitterer Erfahrungen auf dem politischen Felde für Lasker dahingegangen, und auch er hat erleben müssen, was selten Einem erspart wird, der als entschiedener Parteimann die politische Arena

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_050.jpg&oldid=- (Version vom 2.3.2024)