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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

Zwanglose Blätter. Beilage zur Gartenlaube Nr. 35, 1883.




Hauswirthschaftliches.


Reform in der Küche.

Die haus- und volkswirthschaftliche Wichtigkeit dieser Frage haben wir schon vor Kurzem im Hinblick auf das vortreffliche Darmstädter Schriftchen „Zur Volksküche in der Familie“ berührt. Aber mitunter ist es, als ob ein Thema in der Luft läge und ein lange mehr oder weniger dunkel empfundenes Bedürfniß mit einem Male seinen Durchbruch suchte. Fast in demselben Augenblicke, wo von Darmstadt jene für bescheidenere ökonomische Lagen berechnete Unterweisung ausging, wurde von anderer Seite her ein vollständiges Lehrbuch versandt, das den Familien aller Stände segensreiche Umgestaltungen ihres häuslichen Lebens in Aussicht stellt. Die Erscheinung ist sofort in der Presse vielfach besprochen worden und hat bereits eine lebhafte Beachtung überall da gefunden, wohin sie bis jetzt gedrungen ist.

Dennoch pflegt es mit dem entsprechenden Eindringen solcher Publicationen langsam zu gehen, und wir säumen daher nicht, auch von dem Vorhandensein des erwähnten Buches Notiz zu geben, dessen Titel schon zu einer Prüfung seines Inhaltes veranlassen muß. Er lautet: „Neueste gute Schnellküche für Gesunde und Kranke. Auf eigenes bewährtes Verfahren gegründete Anleitung, gesunde und schmackhafte Berichte in kürzester Zeit herzustellen. Von Frau v. Sz.“ (Düsseldorf, Fr. Dietze.)

Vereinfachung und Beschleunigung der Küchengeschäfte! Wenn beides sich einmal allgemein durchgesetzt hätte, würde man erst erkennen, wie überaus nothwendig eine nachdrückliche Anregung zum Erreichen dieses Ziels gewesen ist. Die Zubereitung und Herrichtung unserer Mahle hat zwar im Laufe der Jahrhunderte diese und jene Veränderungen erfahren, im Ganzen und in Betreff der Hauptmanipulationen ist jedoch immer derselbe schablonenmäßig von Geschlecht zu Geschlecht überlieferte Schlendrian geblieben. Zu allen Zeiten verstand es sich im Bereiche der Cultur von selbst, daß die Küche den größeren Theil der Familieneinnahmen verschlingt und daß sie von den Frauen, Töchtern und dienenden Personen den erheblichsten Theil ihrer Zeit und Kraft fordert. Im Ganzen hat man ja bisher nicht schlecht gegessen, sofern die Mittel da sind, den von der Küche gestellten Ansprüchen reichlich und unablässig zu genügen. Wie vielfach ist aber dieser „häusliche Herd“, das Wort im buchstäblichen Sinne genommen, ein Herd der Sorge und Qual, der Störungen und des Aergermisses, des Unfriedens und Unbehagens für alle Hausgenossen! Wie oft z. B. sieht man gewissenhafte Hausfrauen mit erregten Mienen und hoch geröthetem Antlitze am Familientische erscheinen, die stundenlang durch massenhaftes Feuerungsmaterial unterhaltenen Gluthen des Kochofens, Stunden hindurch ertragene, oft durch Angst oder Verdruß gesteigerte Anstrengungen haben sie ermüdet und in eine nervöse, unsympathische Stimmung versetzt. Gewiß, es giebt nur wenige, hoch über der bürgerlichen Linie schwebende Familien, in welchen dieses und anderes aus derselben Quelle fließendes Ungemach nicht erfahren und empfunden wird. Man nimmt es aber hin, als ob es so bleiben müßte, als eine der unerquicklichsten Kehrseiten des häuslichen Daseins, an denen nun einmal nichts zu ändern ist.

Nichts zu ändern? O, sehr wohl kann dem Uebel abgeholfen, oder es kann doch bedeutend gemindert und gemildert werden. So behauptet nun plötzlich Frau von Sz. Und sie behauptet das nicht blos, sondern beweist es und giebt zum Beweise auch eine ausführliche Anleitung, wie der Zweck bei einigem guten Willen in Bezug auf eine große Menge stattlich arrangirter Mahlzeiten und Hunderte der beliebtesten und schmackhaftesten Speisen und Getränke zu erreichen ist.

Für das System der Verfasserin spricht zunächst, daß sie es nicht mühsam erklügelt hat, um durchaus eine neue Erfindung auf den Markt zu bringen. Unversehens, unter der Hand, im Drange mancher gebietenden Umstände hat sie als Führerin eines belebten und gastfreien Hauses allmählich ihre Erfahrungen gesammelt und die Resultate ihres Nachdenkens und Erprobens nur für den eigenen Gebrauch verwerthet, sicher auch von dem Antriebe bestimmt, der Küchenthätigkeit und Küchenbeaufsichtigung eine mehr als flüchtige Muße abzugewinnen für die höheren Aufgaben und Genüsse des Lebens.

Zeiten hindurch lebte sie mit ihren Angehörigen auch auf dem Lande, wo die Herstellung eines guten Tisches mehr oder weniger mit Schwierigkeiten verbunden ist und eine doppelt gewandte und vorsorgende Führung auch in dem Falle erfordert, daß die Familie ohne Besuch ist. Nicht selten stellen sich aber auf den Landsitzen unerwartet Gäste ein, deren Unterhaltung alle Familienglieder gern ungestört genießen möchten und die man freundlich aufnehmen und bewirthen will. Wer das einmal auf der einen oder der anderen Seite mitgemacht hat, wird die peinlichen Verlegenheiten kennen, welche aus solchen Ueberraschungen für beide Theile zu entstehen pflegen. Stets waren die Gäste der Frau von Sz. daher erstaunt, wie schnell bei ihr ohne jede merkbare Unruhe ein reiches und vortreffliches Mahl für eine nicht geringe Zahl von Personen hergezaubert war. Bereitwillig ertheilte sie dann auch den Fragenden Auskunft über das Geheimniß ihrer Kunst, die auf diese Weise schon seit lange in vielen Häusern des Rheinlandes zu fühlbarem Vortheil derselben sich eingebürgert hat, ehe die Erfinderin den mannigfachen Bestürmungen nachgab ihr Verfahren nicht mehr den Zufälligkeiten einer nur mündlichen Fortpflanzung zu überlassen.

So erzählt sie uns selber die Entstehung ihres rein aus bewährter Praxis hervorgewachsenen Buchs, dem man es ansieht, daß die Arbeit mit Liebe und ernstem Fleiß durchgeführt und die Verfasserin dabei von der sicheren Ueberzeugung erwärmt wurde, ihren Mitmenschen etwas Heilsames zu bieten. Eine gut, klar und gemeinverständlich abgefaßte Einleitung legt die theoretischen Seiten der neuen Methode dar. Dann folgt das eigentliche Kochbuch mit der erwähnten Musterkarte von Recepten aller Art und ebenso kurzer als genauer Anweisung für das Bereitungsverfahren, wobei zeitraubende Ueberflüssigkeiten, wie z. B. das ohnedies niemals correcte Abwägen und Messen der Ingredienzien fortan gänzlich wegfallen sollen. Beschränkungen oder Qualitätsverringerungen der gewohnten und beliebten Ernährungsweise werden durch die Schnellküche nicht herbeigeführt.

Eine besonders wichtige Zugabe ist der von ärztlichen Autoritäten geprüfte und probat befundene Abschnitt über die „Krankenkost“, für welche es bisher so genau specialisirte Vorschriften nicht gegeben hat.

Den bisherigen Kochbüchern soll hiermit ihr Verdienst keineswegs abgesprochen werden, es sind vortreffliche darunter, denen man Gutes zu danken hat. Allesammt aber sehen sie den bisherigen Zustand der Einrichtungen, Apparate und Bereitungsarten voraus, während das neue Werk gerade in dieser Hinsicht aufräumen und nützlichen Wandel schaffen will. Die angeregte Reform ist zu einfach und einleuchtend, als daß sie nicht sich Bahn brechen sollte. Möge im Interesse des Familienlebens eine Berücksichtigung der Angelegenheit nicht zu lange auf sich warten lassen.




Gesundheitslampe.

Die Tage werden jetzt kürzer, und der Augenblick rückt heran, da wir aus einer versteckten Ecke eine alte liebe Bekannte hervorholen, in deren treuer Gesellschaft wir die langen Winterabende zubringen, die Lampe, die uns leuchten soll zu ernster Arbeit und fröhlicher Unterhaltung. Sie war verachtet lange Zeit, jetzt sehen wir sie mit anderen Augen an, jetzt werden uns ihre Vorzüge und Fehler vom verflossenen Winter her wieder in Erinnerung gerufen. Da ertönt auch an vielen Orten der nothgedrungene Ruf: Wir müssen uns eine neue Lampe anschaffen! Und damit steht die Hausfrau wieder einmal vor der Qual der Wahl.

Die Welt schreitet vorwärts, und vielleicht hat der Fortschritt auch irgend eine Verbesserung an unsern Petroleumlampen angebracht? fragt sich so manche Kauflustige. Vielleicht sind die Fehler, über die wir uns im vorigen Winter beklagten, ein längst überwundener Standpunkt?

Nun, wir sind in der Lage, wenigstens einen Theil dieser allgemeinen Neugierde befriedigen zu können. Wir führen unsere Leser in die bekannte Lampenfabrik von Schuster und Bär in Berlin, deren Reform-Kosmos-Rundbrenner wir im vorigen Jahre in denselben Blättern empfohlen haben. Dort finden wir in der That eine Novität für die kommende Saison, die wohl von Vielen mit besonderer Freude begrüßt werden wird.

Bei dem genannten Brenner handelte es sich um die Erzielung eines möglichst hellen Lichtes bei möglichst geringem Verbrauch von Petroleum, die heurige Novität bezweckt dagegen die Verminderung einer anderen Eigenschaft unserer Lampen, die in diesem Falle als unwillkommene Begleiterin der Lichtentwickelung aufzutreten pflegt.

Die genannte Firma schreibt uns darüber Folgendes:

„Um das zum Lesen und Arbeiten erforderliche helle Licht zu erzielen, werden die Tisch- oder Hänge- oder Wandlampen allgemein mit einem Schirm versehen, welcher das Licht nach unten auf einen kleinen Raum concentrirt. Bei feineren Arbeiten oder bei geschwächter Sehkraft reicht dieses Hülfsmittel indeß noch nicht aus, und sieht man sich genöthigt, die Lichtquelle dem Auge so nahe wie möglich zu bringen.

Sehr belästigend und sowohl die Kopfnerven, wie auch die Gesichtsnerven in hohem Maße anstrengend, empfindet man dann die große Hitze, welche hellleuchtende Petroleum- oder Gaslampen durch Cylinder und Schirm ausstrahlen, und ist man in Folge dessen, Zwecks der Erholung, häufig gezwungen, die Arbeiten zu unterbrechen.“

Diese Mittheilung ist einfach, aber unanfechtbar wahr, und wer mit uns das Schicksal theilt, zu der Classe der Menschen zu zählen, von denen die Welt ein nachhaltendes nächtliches Arbeiten verlangt, der wird wohl wissen, was ein derartiges Lampenglühen in der langen kalten Winternacht bedeutet. Diese Wärme ist nichts weniger als erwünscht und zuträglich.

Von ihr wollen uns nun die Herren Schuster und Bär ein- für allemal befreien. Sie bringen jetzt Lampen auf den Markt, die nicht einen, sondern zwei Cylinder haben. Der innere Cylinder ist der allbekannte,

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