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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

und in diesem Regiment ununterbrochen bis 1874 diente. Er nahm Theil an den Feldzügen 1848 in Baden, 1866 in Oesterreich und 1870 und 1871 in Frankreich. Während sein Regiment im Norden Frankreichs focht, starb ihm am 1. Januar 1871 die Gattin. Er erhielt Urlaub, um sein Haus daheim zu ordnen, aber schon nach zehn Tagen war er wieder bei seiner Fahne, der Pflicht für das Vaterland getreu. Der alte Held hat seinen Wohnsitz jetzt zu Forbach in unserm Lothringen.

Aus Württemberg, dem alten Schwabenlande, das einst die Reichssturmfahne trug, werden uns die Namen dreier alter Soldaten von 1870 genannt: 1) J. Heller, am 30. November 1813 geboren, 1834 ausgehoben, bis 1848 zum Oberfeldwebel avancirt, von 1859 an Profos und gegenwärtig Assistent an der Württembergischen Hypothekenbank. Zu seinen fünf Kriegsmedaillen gehört auch das Ehrenzeichen für den französischen Feldzug. – 2) Joseph Friedrich Stucke, geboren zu Haßbach im Oberamt Herrenberg am 9. März 1812, diente vom 12. April 1833 bis zum 30. September 1871 im dritten württembergischen Infanterieregimente Nr. 121. Auch er machte als Profos (eine jetzt nicht mehr bestehende Charge im Feldwebelsrange) die Feldzüge l866 gegen Preußen und 1870 auf 1871 gegen Frankreich mit. – 3) Johannes Knöller.

Bei diesem letzten, den wir zu nennen haben, trifft in der That das Sprüchwort ein: „Die Ersten werden die Letzten sein“, denn er ist wirklich der Aelteste aller Soldaten des großen Krieges: am 3. Februar 1809 geboren, und zwar zu Höfen im Oberamte Neuenbürg. Um sein Bild würden wir uns dringend beworben haben, wenn die Nachricht über ihn nicht zu spät zu uns gekommen wäre. Herr Knöller, seines Zeichens Büchsenmacher, wurde in seinem einundzwanzigsten Jahre zum württembergischen Militär ausgehoben, leistete seine normale Dienstzeit ab, blieb vier Jahre vom Militär weg, und diente dann wieder im sechsten Infanterieregimente Nr. 124 ununterbrochen bis zu seinem Abschiede 1881, also achtunddreißig Jahre. Als Regimentsbüchsenmacher machte er die Feldzüge 1848 nach Schleswig-Holstein und Baden, 1866 gegen Preußen und 1870 nach Frankreich mit. Während des Krieges erlebte er in Coulommiers seinen zweiundsechszigsten Geburtstag; in diesem Jahre hat er den vierundsiebenzigsten in der Garnisonsstadt seines Regiments, in Ulm, gefeiert, wo er nun den Lebensabend in Ruhe genießt.

Das sind die acht der ältesten Soldaten unseres letzten Krieges, von denen wir Kunde erlangt haben. Ein neunter wäre „der alte Dettloff“ in Potsdam gewesen, der uns leider während der Vorbereitung zu diesem Artikel gestorben ist. Wenn wir dennoch hier erwähnen, daß er, am 28. Mai 1813 geboren, als Wachtmeister von der zweiten Escadron des Garde-Husarenregiments alle Feldzüge desselben mitgemacht, seit 1879 pensionirt war und am 18. August 1882 zur großen Armee einberufen wurde, – so geschieht dies, weil uns zugleich berichtet wird, daß derselbe eine Wittwe mit zahlreicher unversorgter Kinderschaar hinterlassen habe. Vielleicht ist das doch nicht in solchen Kreisen bekannt, wo man noch ein warmes Herz für das Wohl und Wehe aller Soldaten und ihrer Hinterbliebenen hat.

Der Werth der Schicksale Derer, die wir hier genannt, ist wohl verschieden; Alle aber haben ihr Leben preisgegeben in dem großen Kampfe, dessen Segnungen Millionen zu Theil geworden sind, und sie tragen keine Schuld daran, wenn die Früchte ihrer Thaten verdorben werden. Möge unser Volk sich wieder mit vollem Ernste der Schwere der Gefahr und des erlösenden Gefühls des Umschwungs im Weltgeschicke jener Zeit erinnern: es wird dann besser würdigen, was es hat, und die Blicke schärfen für Das, was ihm Noth thut. In allen Orten aber, wo ergraute Kämpfer aus jener großen Zeit leben, sollte man die Mahnung nie vergessen: Ehret eure alten Helden, denn sie sind eure Ehre! Fr. Hofmann.     




Wo unsere Frauen Hülfe suchen.

Aus der Mappe eines Bade-Arztes.

Ein eigenartiger Zauber liegt in dem Worte „Badereise“, denn gar viele Wünsche und Hoffnungen sind mit demselben eng verknüpft. Und was für Hoffnungen sind das!

Den langen Winter hindurch bleibt die bevorstehende Badereise der Rettungsanker vieler Unglücklichen, und die Familie spart sorgfältig monatelang, um die Leidenden an die Stätten zu bringen, wo aus dem Schooß der Erde die heilenden Quellen springen. Was wird da nicht geopfert, um die Badereise zu erzwingen!

Endlich, endlich kommt der Lenz mit seiner belebenden, alles verjüngenden Macht, und wenn die Nachtigallen schlagen und Menschenherzen aufjauchzen, dann schnüren auch die Ungleichen ihr Ränzlein, um das verlorene höchste Gut der Gesundheit oft in fern gelegenen Orten wiederzuerlangen. Ein wahrer Strom von Reisenden ergießt sich nach den zahlreichen Heilstätten, bald wendet er sich gegen die Meeresküsten, bald klimmt er die Höhen der Berge hinauf. Es sind zumeist blasse, niedergebeugte Gestalten, in deren matten Augen nur ein schwacher Hoffnungsstrahl schimmert. Folgen wir heute einem Theil derselben, gehen wir an die Orte, an welchen vornehmlich unsere Frauen Hülfe suchen.

Auf unserm heutigen Bilde sind jene Stätten bei dem üblichen Namen genannt: es sind „Deutsche Frauenbäder“, die den Gegenstand unserer Betrachtung bilden. Da wird wohl Mancher nicht mit Unrecht fragen: Giebt es denn überhaupt Bäder, die im vollen Maße auf diese Benennung Anspruch erheben dürfen?

Die Erfahrung lehrt uns täglich, daß, so wichtig und bedeutungsvoll das rechtzeitige und energische Eingreifen des Arztes mit seinem medicamentösen Heilschatze für den kranken weiblichen Organismus auch sein mag, dennoch hygienische und psychische Einflüsse, welche der Receptur der Apotheke fernliegen, bei der Behandlung von Frauenkrankheiten eine außerordentlich wichtige Rolle spielen.

Jedermann weiß, wie nutzbringend und oft den Erfolg allein bedingend eine zweckmäßig veränderte Lebensweise und Diät ist, wie wichtig die Abhaltung von zu Hause einwirkenden Schädlichkeiten, Ruhe und Entfernung von häuslichen Geschäften und Sorgen, der Aufenthalt in anderer Umgebung, in Wald- und Bergluft, am Strande des Meeres oder in der Alpenwelt für das erkrankte Nervensystem werden, wie gesteigerte und geregelte körperliche Bewegung in freier Luft bei vielen Frauen, die das Haus und die Kinderstube selten verlassen, oft allein genügt, den gesunkenen Appetit zu heben und bessere Ernährungsverhältnisse herbeizuführen. Der Erkenntniß der hohen Wichtigkeit dieser Einflüsse verschließt sich heutigen Tags kein einsichtsvoller Arzt mehr, denn gerade er ist es, welcher solche hygienische und psychische Einwirkungen in das Bereich seiner ärztlichen Hülfsmittel hereinzieht. Es kann daher nicht Wunder nehmen, daß jene Orte, wo die obengenannten Einflüsse in ungestörter und eingreifender Weise zur Geltung kommen, für den kranken weiblichen Organismus von besonderer Wichtigkeit sind und von Frauen viel und gern aufgesucht werden.

Fragen aber die Frauen, wo sie diese Plätze finden, so müssen sie zunächst auf die beliebten Sommerfrischen des Gebirges, welche schon gewisse Ansprüche auf klimatische Curorte erheben, hingewiesen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_311.jpg&oldid=- (Version vom 1.1.2024)