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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883)

zu erzeugen, welches im Stande ist, den schwersten Marinegeschützen den nachhaltigsten Widerstand entgegenzusetzen.

Der Ruhm der Herstellung dieses Hartgußeisens und zwar in jeder Form, in riesigen Dimensionen und hohen Gewichten, dabei dennoch in völlig gleichartiger und allen Ansprüchen an einen Panzer völlig gerecht werdender, vorzüglicher Qualität gebührt allein Herrn Commerzienrath Gruson in Buckau bei Magdeburg.

Die Gruson’sche Fabrik in Buckau bei Magdeburg:
Granatenstraße.

Unter Hartgußeisen versteht man in der Technik eine aus gewöhnlichem Gußeisen fabricirte Masse, deren Guß nicht in einer Lehm-, sondern in einer eisernen Form – Schale oder Coquille – stattfindet. Durch die Anwendung der als sehr guter Wärmeleiter wirkenden eisernen Form wird eine ungemein schnelle Erstarrung der Gußmassen erzielt, und dies verursacht nicht nur eine dichte Lagerung der einzelnen Eisentheilchen, sondern verhindert auch vor allen Dingen eine chemische Änderung des Eisens, wie z. B. durch Verbrennung der in demselben enthaltenen Kohle. Schon die in den sechsziger Jahren von Gruson gefertigten Hartgussgeschosse waren den englischen Panzergeschossen aus ähnlichem Material an Güte, vor allem an Härte, überlegen. Trotzdem blieb die Fabrik in Buckau dabei nicht stehen. Gruson’s Bestreben ging darauf aus, das Hartgußeisen durch eine besondere Mischung verschiedener Roheisensorten und durch ein besonderes Gußverfahren auf einen möglichst hohen Härtegrad zu bringen, und dies gelang ihm so vollkommen, daß seine eigenen Hartgußgranaten bei den letzten Erprobungen an dem neuen Hartgußpanzer in Trümmer gingen. Erst nach längerem Beschießen zeigte derselbe geringen Vertiefungen und kleine Risse.

Die Gruson’sche Fabrik in Buckau bei Magdeburg:
Panzer-Montage-Raum.

Da jedoch diese Eisenhärte allein ein Fehler des Panzers wäre, der gleichzeitig genügende Zähigkeit besitzen muß, um den wiederholt darauf fallenden Geschossen möglichst lange widerstehen zu können, so sann Gruson weiter und erreichte auch diese letzte Vervollkommnung seines Gußeisens durch eine Mischung verschiedener Essensorten. – Näher auf das Mischungsverhältniß einzugehen, würde hier zu weit führen und dürfte ebenso wenig im Interesse der Fabrik liegen, wie eine eingehende Beschreibung der Maßnahmen, welche den größeren oder geringeren Härtegrad des Hartgußeisens herbeiführen.

Dem Leser der „Gartenlaube“ wird es aber interessant sein, einiges über die Panzerfrage im allgemein zu erfahren, und dies führt uns von selbst auch zur Beantwortung der Frage: Warum man in Deutschland für Land- und Küstenbefestigungen der Walzeisen-Panzerung die Hartguß-Panzerung vorgezogen hat.

Es ist jedes Staates erste militärische Aufgabe, für seine Kriegsbedürfnisse im eigenen Lande die erforderlichen Quellen zu erschließen. Hierdurch wird nicht nur der Möglichkeit vorgebeugt, daß ihm eine vielleicht unentbehrliche auswärtige Quelle im Fall eines Krieges abgeschnitten werden kann, sondern auch in national-ökonomischer, in handelspolitischer Richtung erreicht, daß die für Kriegszwecke verausgabten Summen im eignen Lande bleiben und auf diese Weise wieder dem Wohlstand des Reiches und seiner Bürger zu Gute kommen.

Als aber das deutsche Reich mit dem Ausbau seines Festungsystems, mit der Anlage neuer Küstenbefestigungen vorging, war die Fabrik in Dillingen noch nicht in der Lage, Panzerplatten anfertigen zu können, wogegen Gruson bereits im Jahre 1868 einen Panzerstand aus Hartguß zu Versuchszwecken auf dem Tegler Schießplatze bei Berlin aufgestellt hatte. Kurz nach Beendigung des deutsch-französischen Krieges konnten die Versuche bereits wieder, und zwar in erweitertem

Maßstabe, gegen einen Panzerdrehthurm aufgenommen

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1883). Leipzig: Ernst Keil, 1883, Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1883)_208.jpg&oldid=- (Version vom 14.12.2023)