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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)


Begabung seinem Dienste mit Treue und Hingebung gewidmet haben, – und zu Diesen wird es ihn immerdar in erster Reihe zählen. Wenn der Fürst Bismarck die ihm von Busch (‚Graf Bismarck und seine Leute‘, Bd. II., S. 14) in den Mund gelegten wegwerfenden Worte über Gagern wirklich gesprochen haben sollte, so würde das wohl nur als eine Bestätigung dafür zu betrachten sein, daß Nachtischreden überhaupt durch eine besondere Inspiration beeinflußt werden.“

Eine schlimmere Aufnahme findet „der mehrgenannte Abgeordnete Temme, der durch seine rücksichtslose Uebertragung privatrechtlicher Formeln auf staatsrechtliche Angelegenheiten wie durch die Leidenschaftlichkeit seiner Sprache bei der Linken großes Ansehen erlangt hatte, während die Mehrheit der Versammlung sich vielleicht über Gebühr durch seine auffallende Mohrenphysiognomie mit Ohrringen, wolligem Haare und eingedrückter Nase von ihm abgestoßen fühlte.“

Dagegen spricht er über Waldeck sich folgendermaßen aus: „Zeitungsnachrichten besagten, daß die äußerste Linke in der Verfassungsurkunde nur Eine Kammer zulassen wolle, die weder aufgelöst, noch auch durch ein aufschiebendes Veto der Krone beschränkt sein solle. Gewiß ist, daß deren Mitglied Waldeck diesen Standpunkt bereits in seiner Berliner Candidatenrede eingenommen hat und daß er bald als das Haupt, ja als das lebendige Programm der demokratischen Partei in der Nationalversammlung, wie im Lande anerkannt worden ist. Eine nähere Betrachtung seiner für die weitere Entwickelung der Dinge so bedeutsam gewordenen Persönlichkeit zeigt, daß er zwar die zu jener Führerschaft erforderlichen Eigenschaften in hohem Maße besaß, aber das allgemeine Vertrauen nicht gewinnen konnte. Seine äußere Erscheinung war selbstbewußt imponirend, und seine hervorragende juristische Befähigung officiell anerkannt, indem er kaum zweiundvierzig Jahre alt 1844 als Hülfsarbeiter, dann als wirkliches Mitglied in den höchsten Gerichtshof berufen worden war, obgleich er schon damals die bäuerlichen Rechtsinteressen in Westfalen vom demokratischen Standpunkte aus lebhaft vertreten und sich den Namen des ‚Bauernkönigs‘ erworben hatte. In jüngeren Jahren hatte er sich auch in Dichtungen versucht, allein seine spätere öffentliche Wirksamkeit läßt in ihm nur noch den streng geschulten Juristen erkennen, der die logische Formel mit echt westfälischer Zähigkeit um so einseitiger auf das politische Gebiet übertrug, als ihm die staatswissenschaftlichen und volkswirthschaftlichen Doctrinen verhältnismäßig fremd geblieben zu sein scheinen. Jedenfalls fehlte ihm der ruhige staatsmännische Tact, der ihn und seine Partei vor Maßlosigkeit hätte bewahren können. Der idealistische Grundzug seines Wesens trat nur noch insofern hervor, als er unter Mißachtung der sprüchwörtlichen Wahrheit, daß das Beste der Feind des Guten ist, nicht blos nach dem begrifflich Vollkommensten strebte, sondern auch an die Möglichkeit seiner sofortigen Verwirklichung gegenüber einem Volke glaubte, welches seine relative Unreife von Tag zu Tag immer handgreiflicher vor Aller Augen erwies. Die leidenschaftliche Begeisterung, mit welcher er diese ideologischen Anschauungen vertrat, gab seinen die Phrasen und Schlagwörter des Tages nicht verschmähenden Reden eine wahrhaft zündende Kraft bei seinen Parteigenossen, obgleich ihm die hohe Beredsamkeit der englischen und französischen Meister der Tribüne versagt war. Wohl nicht mit Unrecht hat man auch von seinem brennenden Ehrgeize gesprochen, allein bei dem stets hervorgetretenen Adel seiner Gesinnung muß angenommen werden, daß derselbe nicht in einer persönlichen Schwäche, sondern der Stärke seiner Ueberzeugung wurzelte, daß gerade Er der Mann sei, das erstrebte Beste zu verwirklichen. Der wirkliche Verlauf der Ereignisse hat dies Selbstvertrauen nicht gerechtfertigt, sondern nur Enttäuschungen und Niederlagen ihm und seiner Partei eingebracht.“

Mit einer Stelle des Buches, welche die Vermögensverhältnisse des preußischen Königshauses betrifft, wollen wir die Mittheilungen aus dem selben schließen. Seite 37 lesen wir:

Bei der Frage der königlichen Civilliste haben die Regierungscommissare auf Erfordern der Commission eingehende Mittheilungen über die Dotationsverhältnisse unseres Königshauses gemacht, welche ich sofort skizzirte und dem Protocoll einverleibte. Meines Wissens sind aber diese Notizen nicht in die Handbücher unseres Staatsrechtes übergegangen, und sie verdienen wegen ihres allgemeinen Interesses eine summarische Wiedergabe. Eine eigentliche Civilliste besteht in Preußen nicht, vielmehr werden die Bedürfnisse der Krone, einschließlich der prinzlichen Apanagen, durch den Kronfideicommißfonds gedeckt, welcher aus einer von den Domanial-Einkünften vorab zu entnehmenden Jahresrente von 2½ Millionen Thalern nebst dem Goldagio von 73,000 Thalern besteht. Hierzu kommt das durch König Friedrich Wilhelm den Ersten aus angekauften Gütern testamentarisch begründete Hausfideicommiß, sowie der aus Ersparnissen des Königs Friedrich Wilhelm des Dritten gebildete Krontresor im Capitalbetrage von 6 Millionen Thalern nebst einem demnächst erzielten, nicht näher angegebenen weiteren Betrage. Dieser Krontresor hat folgende den opferwilligen Charakter des Königs kennzeichnende Entstehungsgeschichte. Seit den Kriegsjahren von 1806 u. f. hatte der König die Ausgaben der sogenannten Privatschatulle sehr beschränkt und demnach aus den Revenuen der Staatsdomainen eine bedeutende Summe weniger, als unter diesem Titel herkömmlich, entnommen. Als nun aber in Folge des Pariser Friedens die Staatscasse aus der den Franzosen auferlegten Contribution einen namhaften Zuwachs erhielt und den Beamten die sogenannten ‚Bons‘ ausgezahlt werden konnten, hielt man auch den König für berechtigt, sich aus derselben Quelle dasjenige, was er während der Kriegsdrangsale freiwillig entbehrt hatte, ersetzen zu lassen. Derselbe ließ die ihm solchergestalt erstattete Summe, zu welcher späterhin die Ueberschüsse der vorbezeichneten Kronfideicommißrente hinzutraten, abgesondert verwalten und machte den dadurch gebildeten Fonds zum Gegenstande einer testamentarischen Verfügung, wonach der Nachfolger in der Regierung über eine Summe von 3 Millionen frei zu verfügen befugt sein, dagegen eine Summe von 3 Millionen einen sogenannten eisernen, nur in Fällen der Noth angreifbaren Bestand bilden sollte.

Der Mehrbetrag des Krontresors, aus den ferneren Ersparnissen der auf 2½ Millionen fixirten jährlichen Rente entstanden, ist durch das Testament Friedrich Wilhelm’s des Dritten zu einem Fideicommißfonds für nachgeborene königliche Prinzen mit eventuellem Rückfalle an die Krone bestimmt worden. Diese Krondotation wurde durch das Gesetz vom 30. April 1859 um 500,000 Thaler, durch das Gesetz vom 27. Januar 1868 um 1 Million Thaler, endlich durch den Staatshaushaltsetat von 1873 um 1½ Millionen Thaler vermehrt, sodaß dieselbe dermalen neben dem Hausvermögen 16,719,000 Mark beträgt.“

Peter Reichensperger’s „Erlebnisse“ werden schon als eine Bereicherung unserer nicht übereifrig gepflegten Memoiren-Literatur, insbesondere aber als die Schrift eines so bedeutenden Parteimannes eine bevorzugte Aufnahme finden. Daß man auch auf dem entgegengesetzten Standpunkte Ursache hat, diesem Werke Beachtung zu schenken, haben wir mit diesen Mittheilungen bewiesen. Man wird im Lager der liberalen Zeitgenosen nach Waffen zur Bekämpfung manchen Angriffs suchen; man wird besonders gern zu Bernstein’s Schilderung jener Tage, zu Münch’s, K. Blind’s u. A. Erinnerungen und Erlebnissen zurückgreifen, und vielleicht ist durch Reichensperger’s Vorgang der Anstoß gegeben, daß mit der gleichen tagebuchartigen Genauigkeit und Ausführlichkeit auch vom deutschfreisinnigen Standpunkte aus jene ewig denkwürdige Zeit dargestellt wird.




Im Kampf gefallen. (Abbildung Seite 769.) Bengt Nordenberg, der schwedische Genremaler, der unseren Lesern seit 1870 durch das freundliche Bild „In einer schwedischen Dorfkirche“ bekannt ist, führt uns heute in ein norwegisches Bauernhaus, in welches plötzlich Schreckniß und Jammer ihren Einzug gehalten haben. Fröhlich saßen Großeltern und Enkel um den wärmenden traulichen Herd, und die junge Gattin harrte in dem heiteren Kreise nur des Mannes, um das Abendbrod aufzutragen. Hat keine Ahnung sie beunruhigt, kein Zeichen eines nahenden Ereignisses sie aufgeschreckt? Ihr rüstiger Mann ist mit Gewehr und Hund der Waidmannslust nachgegangen; was wird er mit heimbringen zur Freude der Hausfrau und der harrenden Kinder? Wohl kehrt er heim mit allen Ehren des Siegers, aber, wie der Kämpfer der alten Heldenzeit – auf dem Schild; er hat den gefahrvollsten Kampf bestanden, aber er ist – im Kampf gefallen. Sie bringen der Gattin den todten Mann, den Kindern den todten Vater – und es trocknet keine Thräne, daß hinter dem Schlitten, der seine Leiche trägt, sein überwundener Feind gleichsam im Triumphe ihm nachgetragen wird. Dem muthigen Bärenjäger hat der Tod das Halali geblasen. Aber sein Andenken wird noch lange fortleben in seiner Gemeinde, und wenn beim Abendlicht die Heldenkämpfe erzählt werden, welche die kecken Männer der skandinavischen Berge und Wälder mit den Bären bestanden, so wird auch der Kampf mit gepriesen, der diesem jungen Helden das Leben gekostet.




Wir eröffnen hiermit eine neue Subscription auf die

dritte (letzte) Folge

von

Herman Schmid’s gesammelten Schriften.

Volks- und Familien-Ausgabe

in vierwöchentlich erscheinenden 12 bis 16 Bogen starken Bänden à 75 Pfennig.
(Die Ausgabe in Heften à 30 Pfennig besteht daneben fort.)

Herman Schmid’s Erzählungen erfreuen sich einer so allgemeinen Beliebtheit, daß wir dieselben unseren Lesern nicht besonders zu empfehlen brauchen. – Die dritte (letzte) Folge der gesammelten Schriften enthält die nachstehenden Erzählungen:

Der Bauernrebell. – Die Geschichte vom Spötterl. – Im Himmelmoos. – Mütze und Krone. – Hund und Katz’. – Concordia. – Aufg’setzt. – Ledige Kinder. – Die Türken in München.

Bestellungen auf die Bandausgabe der dritten (letzten) Folge werden von allen Buchhandlungen entgegen genommen. Der erste Band der dritten Folge (der 33. der ganzen Reihe) ist bereits erschienen und kann auf Verlangen sofort zur Ansicht geliefert werden.

Leipzig.

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Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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