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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Marie ist alt geworden, alt und einsam, aber sie glaubt dem Schwur noch heute; sie wartet noch immer auf die Rückkehr des Geliebten, von dem sie nie wieder ein Wort gehört, nie eine Nachricht erhalten hat. Ach, hätte doch eine mitleidige Seele ihr gesagt, er sei gestorben!

Jahr auf Jahr verging; ihre Wangen wurden immer bleicher; alles Denken erlosch in ihr, und nur der eine Gedanke blieb klar in ihrer Seele: „Er kommt – er muß kommen;“ die ganze übrige Welt war ihr wie versunken, wie in dichten Nebel gehüllt.

Der Vater starb; die Schwestern starben – sie stand mit trockenen Augen an den Särgen ihrer Lieben; nichts bewegt mehr ihr Herz, als dieses Eine: „Er kommt – er muß doch kommen.“

Und so wandert sie noch heute mit den Soldaten hinaus, ewig ihn suchend, ewig ihn erwartend; sie wird wandern, so lange noch Athem in ihr ist. – Arme Marie, einst so jung, so schön – und nun? O grausame Liebe, die nicht Treue kennt noch Erbarmen!

E. R.



Zur Geschichte der schwedischen Regimenter, welche bei Lützen gefochten haben, ist wohl die Mittheilung nicht uninteressant, daß Schweden noch heute eine Anzahl von Regimentern aufzuweisen hat, die ihren Ursprung in Truppentheilen haben, welche an jener Schlacht betheiligt waren. Das Interesse für diese Nachfolger der ruhmreichen Streiter dürfte gegenwärtig in Deutschland um so größer sein, als bekanntlich der Plan besteht, Delegationen jener Regimenter zu der am 15. September dieses Jahres auf dem Schlachtfelde von Lützen stattfindenden Gedächtnißfeier (siehe diese Nr. S. 611) zu entsenden. Unter diesen Umständen dürften Abbildungen (vergl. S. 609) einiger Chargen dieser Truppentheile sowie die nachstehenden Mittheilungen über die Geschichte derselben unseren Lesern gegenwärtig besonders willkommen sein.

Die jetzige königliche Svea-Leibgarde stammt, gewissermaßen als eine Seitenlinie, von dem berühmten Gelben Regimente ab, das aus geworbenen Deutschen bestand, die im Jahre 1611 oder 1612 nach Schweden gewandert waren. Dieses Regiment hatte bei Lützen Mittags die Landstraße genommen; später, zu weit vorgegangen, mußte es vor Pappenheim, der mit frischen Reitermassen erschienen war, zurückweichen und erlitt ungeheure Verluste. In Reih’ und Glied, wie sie gestanden und bis zum letzten Augenblicke ausgeharrt hatten, lagen die tapfern Mannschaften hingestreckt, noch im Tode ein Bild der Ordnung und Disciplin. Später bei Nördlingen halb aufgerieben, bei Kaiserslautern noch mehr zusammengeschmolzen, ging das Gelbe Regiment mit Herzog Bernhard in französische Dienste und kehrte nie wieder nach Schweden zurück. Dieses Glück war nur der sogenannten Guardia vergönnt, die, aus je 30 „Adelsburschen“ bestehend, jeder der vier Compagnien zugetheilt war und den Dienst um des Königs Person zu versehen hatte. Diese Guardia begleitete, 60 Mann stark, die Leiche des Königs nach Stockholm zurück, und aus ihr stammt die jetzige Svea-Leibgarde (vergl. Nr. 6 auf unserer Abbildung, S. 609), die 1645 neu begründet ward.

Das Ostgöta-Regiment, das auf dem rechten Flügel mit der größten Tapferkeit kämpfte und dessen Rest in Merseburg überwinterte, während 411 Verwundete in Coburg untergebracht wurden, ward 1816 in die zwei schwedischen Leibregimenter (Nr. 2 und 3) verwandelt.

Von Reiterregimentern wirkten bei Lützen namentlich Uppland och Södermanland, von dem (anfangs aus 8 Compagnien zu je 125 Mann bestehend) nach der Schlacht bei Lützen kaum 300 Mann übrig waren und aus welchem die zwei noch bestehenden Dragoner- (Nr. 1) und Husarencorps (Nr. 5) und das Grenadiercorps (Nr. 4) des Leibregiments gebildet wurden. Die Vestgötareiter, die auf dem rechten Flügel kämpften und 1791 zu einer Infanterietruppe umgestaltet wurden, bilden als solche seit 1816 das zweite Leibregiment. Endlich Smålands Regiment! In 8 Compagnien unter Führung Federik Stenbock’s ausgezogen, war es bei Lützen, wo es zunächst der Infanterie auf dem rechten Flügel stand, auf 400 Mann zusammengeschmolzen. Als die Infanterie zum zweiten Male die Landstraße forcirte, erhielt Stenbock eine tödtliche Verwundung, und nun trat eine große Verwirrung ein. Da geschah es, daß den König, als er zur Stelle eilte, um sich selbst an die Spitze des Regiments zu stellen, die tödtende Kugel erreichte. Die Reiter hatten schwere Verluste erlitten und wurden in Meißen einquartiert. Im Jahre 1801 wurde Smålands Regiment in ein leichtes Dragoner- und 1822 in Smålands Husarenregiment (Nr. 7) umgestaltet.


Das Edison-Licht in New-York. In New-York geht soeben ein Culturwerk seiner Vollendung entgegen, dessen voraussichtliches Gelingen einer großen Entscheidungsschlacht in dem Kampfe gleichen wird, welchen auf Leben und Tod die Gasbeleuchtung mit dem elektrischen Lichte führt. Die neue muthige Rivalin, welche dort auf dem Kampfplatze erscheint und den Gasbrenner nicht nur aus großen Fabriksälen, sondern auch aus Comptoir- und Wohnstuben zu verdrängen sucht, ist unsern Lesern schon aus den früheren Jahrgängen der „Gartenlaube“ bekannt; wir meinen die kleine Edison’sche Glühlichtlampe, welche in unserem Blatte (vergl. Jahrg. 1880, Nr. 5) als das „Licht der Zukunft“ bezeichnet wurde.

In der Pearlstreet der nordamerikanischen Handelsmetropole erhebt sich nunmehr eine Centralstation, in welcher mit einer Dampfkraft von insgesammt 1500 Pferdestärken zwölf große elektro-dynamische Maschinen getrieben werden; sie sollen eine genügende Menge Elektricität erzeugen, um ein eine englische Quadratmeile bedeckendes Stadtviertel mit etwa 30,000 Edison-Lampen zu erleuchten. Von dieser Centralstelle laufen strahlenförmig nach allen Richtungen hin starke kupferne Hauptleitungen, welche wie die bekannten Gas- oder Wasserleitungsröhren die Straßen meistens in unterirdischen Canälen durchziehen. Mit diesen Hauptleitungen sind nun die Grundstücke der Consumenten durch besondere Hausleitungen verbunden, welche beim Eintritt in die Häuser zunächst sinnreiche Apparate zur Messung der Elektricitätsentnahme passiren. Von diesen Meßapparaten zweigen sich dünnere Drähte ab, welche nach allen Richtungen hin das Haus durchziehen und bald wie die Leitungen der gewöhnlichen Haustelegraphie in den Mauerputz eingelegt, bald einfach auf die Tapeten und Wände gelegt werden. Hier münden sie in die verschiedenartigsten Lampenformen, in elegante Kronleuchter, die von der Decke herabhängen, in Wandarme, die an geeigneten Stellen angebracht sind, oder in transportable Stehlampen, die man von dem einen Tisch des Zimmers auf den anderen nach Belieben stellen kann.

Wie bequem ist dabei das Anzünden und Auslöschen des Lichtes! Die Umschalter, welche zu diesem Zwecke dienen, werden häufig so angebracht, daß man die Räume, ohne sie zu betreten, erleuchten kann. So brennt man z. B. im Keller das Licht mittelst eines einfachen Hahnes von der Küche aus an, und um das Schlafzimmer zu erleuchten, genügt es, nur einen Knopf zu drehen, der mit der Hand bequem vom Bette zu erreichen ist.

Edison’s Lampe besteht bekanntlich aus einer im Innern luftleeren Glaskugel von Form und Größe einer Birne. In derselben befindet sich eine verkohlte Bambusfaser, die durch den elektrischen Strom bis zur Weißglühhitze erwärmt wird. Gegenwärtig werden fabrikmäßig drei Arten dieser Lampen erzeugt: die sogenannte A-Lampe, welche ein Licht von etwa sechszehn englischen Normalkerzen ausstrahlt, die B-Lampe, deren Lichtstärke acht Kerzen beträgt, und endlich die Hundert-Kerzen-Lampe, welche, wie ihr Name andeutet, eine Lichtmenge zu entwickeln vermag, die dem Glanze von hundert englischen Normalkerzen gleichkommt. Für den gewöhnlichen Hausbedarf kommen selbstverständlich nur die beiden zuerst erwähnten Lampen in Betracht, es ist aber dabei zu bemerken, daß für besondere Fälle Edison’sche Lampen von beliebiger, geringerer oder größerer Lichtstärke hergestellt werden können.

Auf die hygienischen Vortheile der elektrischen Lampen den Petroleum- oder Gasbrennern gegenüber hinzuweisen, dürfte kaum nöthig sein. Bekanntlich verschlingt eine gewöhnliche Gasflamme annähernd ebenso viel Sauerstoff wie die Lungen zweier Personen und füllt außerdem die Luft unserer Wohnräume mit Kohlensäure, Kohlenoxyd und anderen der Gesundheit schädlichen Gasen. Oft erhitzen auch die Gasflammen die Stubenluft in einer höchst lästigen Weise. Von allen diesen Uebelständen kann bei der Anwendung des elektrischen Lichtes nicht die Rede sein. Die Edison’sche Lampe entlehnt der Atmosphäre nichts, führt ihr auch nichts zu und entwickelt dabei zwölfmal weniger Hitze, als die gleichleuchtende Gasflamme.

Schon aus dieser gedrängten Mittheilung werden unsere Leser ersehen, daß der schließliche Ausgang des ersten in New-York in großem Maßstabe in Angriff genommenen Versuches, elektrische Beleuchtung in Privathäusern einzuführen, von der höchsten culturellen Bedeutung sein wird und daß er wohl verdient, mit dem größten Interesse verfolgt zu werden.




Kleiner Briefkasten.

E. R. in Danzig. Auf die in Nr. 34 an dieser Stelle aufgeworfene Anfrage wegen des Civilversorgungsscheines der Militäranwärter theilt man uns von competenter Seite freundlichst mit, daß bei Zurückgabe oder Nichtbenutzung des Civilversorgungsscheines allerdings eine Zulage, in der Regel von 6 oder 9 Mark monatlich, gewährt wird. Das entsprechende Gesuch würde an das königliche Kriegsministerium einzureichen sein. Nähere Auskunft über derartige Pensionsverhältnisse wird den betreffenden Invaliden stets an den Pensionszahlstellen ertheilt.

W. L. in Prag. Ihre günstige Meinung von den Robert Keil’schen Werke „Goethe, Weimar und Jena im Jahre 1809“ deckt sich völlig mit unserer Anschauung über diese verdienstvolle Publication, und wenn Sie das Lob, das unser Kritiker dem Buche so reichlich spendet, als ein nur gerechtfertigtes, die Ausstellungen aber, die er an demselben macht, als „nicht ganz zutreffende“ bezeichnen, so widersprechen wir Ihnen auch hierin im Allgemeinen nicht. Wir sehen, wie Sie, keine Veranlassung, die von einem so gewissenhaften Goethe-Forscher vertretene Echtheit der in dem Werke mitgetheilten „Abhandlung Goethe’s“ anzuzweifeln, obgleich der Beweis für dieselbe natürlich nur auf Grund des Originalmanuscriptes geführt werden kann. Der Werth jener Abhandlung will nicht, wie unser Kritiker es thut, im Hinblick auf den Dichter, sondern auf den Staatsmann Goethe gemessen werden. Wie hoch übrigens bedeutende Männer von dem Keil’schen Werke denken, das illustrirt wohl am besten die nachfolgende Stelle aus einem uns mitgetheilten Briefe Gustav Freytag’s, welche folgendermaßen lautet: „Ich habe das interessante Buch sogleich durchgelesen und bitte Sie, auch Herrn Keil meinen Glückwunsch zu dieser Bereicherung unserer Goethe-Literatur übermitteln zu wollen. Dergleichen anspruchslose und mit sachkundigem Commentar versehene Mittheilungen originaler Aufzeichnungen sind mir und wahrscheinlich vielen Anderen weit lieber als langathmige ästhetische Abhandlungen.“

L. L. in Riga. Besten Dank! Senden Sie freundlichst mehr dieses Genres!

K. K. in B. Leider ungeeignet! Verbindlichsten Dank!

M. M. Verfügen Sie über das nicht verwendbare Manuscript!

Ida und Ella. Das betreffende Buch ist durch jede Buchhandlung zu beziehen. Fragen Sie gefälligst an Ihrem Orte nach!

F. P. in St. Reiner Schwindel, wie alle solche Anpreisungen.

E. L. in Nixdorf. Ungeeignet, weil allzu reflectirend und nicht knapp genug gehalten! Ihr Manuscript kam als unbestellbar von der Post zurück. Es liegt für Sie bereit. Schreiben Sie uns gütigst!

H. Nictspe. Zur Begutachtung des Eingesandten fehlt uns alle Zeit. Dasselbe steht zu Ihrer Disposition.


Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882). Leipzig: Ernst Keil, 1882, Seite 616. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1882)_616.jpg&oldid=- (Version vom 26.4.2023)