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Verschiedene: Die Gartenlaube (1882)

Trotz des ungedämpften Sonnenlichts war hier die Hitze nicht drückend: jede der langhingestreckten Wellen, die wie leise plaudernd daher rollten, schien neue Kühlung zu bringen. Bob wurde das Herz weit und weiter: diesen milden, traumhaften Zug, der Allem ringsum ausgeprägt war, empfand er als etwas ihm Verwandtes – sein Element fortan. Und er hatte einst geglaubt, daß es der Sturm – die Leidenschaft wäre.

Der Officier, welcher sich nicht umgesehen hatte, war, je mehr sich Bob ihm genähert, um so langsamer gegangen, wie in Gedanken vertieft. Jetzt stand er still und blickte nach den nächsten Hügeln der Düne, als wollte er landeinwärts gehen und so die große Straße nach Lisdroy gewinnen. Dabei blickte er zurück, den Strand entlang und erkannte nun bald den auf ihn Zuschreitenden. Daß Zellina ihn suche, mußte er wohl als selbstverständlich annehmen. So schritt er ihm entgegen und grüßte mit Bob zugleich, nur noch gemessener als dieser.

(Fortsetzung folgt.)




Blätter und Blüthen.

Vermißte. (Fortsetzung von Nr. 20):

32) Die Verwandten eines Todten werden gesucht. Am 21. Mai 1877 wurde dem Vorstande der kleinen evangelisch-lutherischen Gemeinde in der russischen Kreisstadt Jelez, im Orelschen Gouvernement, Herrn E. Jansen, die Anzeige gemacht, daß im Hospital ein schwererkrankter fremder Deutscher liege. Er fand denselben in hoffnungslosem Zustande, doch erfuhr er noch von ihm, daß er Karl Müller heiße, Schlosser und auf der Reise von (oder nach, es war nicht mehr zu verstehen) Moskau sei, daß eine Schwester von ihm als Schauspielerin in Königsberg (wahrscheinlich in Preußen) lebe und er von gut situirten Verwandten Geldbriefe erwarte, die man vielleicht unterschlagen habe. Wo er geboren, sagte er nicht. Er starb, nachdem ihm der lutherische Prediger das Abendmahl gereicht, nach wenigen Tagen und wurde auf dem russischen Friedhof von Jelez begraben. Hat diesen Karl Müller Niemand vermißt?

33) Zu Ostern 1878 ist der Schieferdecker Otto Müller von Schellenberg in Sachsen, wo er die Stütze seiner verwittweten Mutter und seiner jüngern Geschwister war, abgereist, zuletzt in Bodenbach gesehen worden und seitdem für die Seinen verschwunden.

34) Im russischen Gouverment Saratow, und zwar, wie der Ort in den Briefen geschrieben ist, in „Samolet-Sadon Alexnew“ (?!), lebte noch im April 1874 ein im Jahre 1840 zu Gotha geborener Tapezier Ernst Otto Müller, von dem seine Mutter, eine Wittwe in Gotha, seitdem nicht die geringste Kunde erlangen konnte.

35) Der Schlosser Andreas Noack aus Bautzen, am 23. Februar 1851 geboren, hat, laut Mittheilung der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-Actiengesellschaft, vom 5. August bis zum 8. December 1873 auf dem Bremer Dampfschiff „Schmidt“ als zweiter Maschinisten-Assistent gedient. Als solcher schrieb er am 4. Januar 1874 an seine Mutter und ist seitdem verschwunden und trotz aller obrigkeitlichen Bemühungen noch nicht aufzufinden gewesen.

36) Emil (Julius August) Müller, Seemann, den 4. November 1847 in Stettin geboren, schrieb zuletzt am 22. April 1878 von Dunedin auf der Insel Neu-Seeland, daß er auf einem Auckland-Dampfschiff Fahrten zwischen Dunedin und Sydney gemacht, aber, da das Schiff verkauft werde, nach Auckland zurückkehren werde, wohin Briefe an ihn (unter der Adresse „William“ Müller) „Eingeschrieben“ gerichtet werden möchten. Dies geschah, aber weder von dem Sohn, noch von dem deutschen Consul in Auckland kam eine Antwort an die angstvoll harrende Mutter des Vermißten.

37) Ein Karl Gustav Louis Albert Müller ist am 9. Januar 1850 zu Szarde, Kreis Memel geboren, als Maurer im März 1875 von Berlin aus nach Rußland oder in die Türkei gegangen, um sich bei Bauunternehmungen als „Architekt“ zu betheiligen – soll auch in Odessa gesehen worden sein. Aber wo nun?

38) Ein jetziger Seemann, Oswald Waldemar (Oscar) Schulze, aus Koberziniz bei Libus in Polen, am 28. December 1843 geboren, wurde in Bromberg erzogen, begab sich 1859 nach Danzig zur königlichen Marine, diente bis zum Matrosen zweiter Classe und ging im Mai 1866 von der „Vineta“, Capitain Kruhn, ab. Am 15. November 1871 reiste er nach Melbourne ab, machte dort am 25. Januar 1872 sein Steuermanns-Examen und erhielt am 28. sein Steuermanns-Patent. Seit dieser Zeit bekam seine Mutter alle recommandirten Briefe an ihn als unbestellbar zurück, und dennoch richtete Schulze im Jahre 1873 in einem Briefe, welcher einem andern an den Herrn Prediger Serna in Bromberg beigelegt war, die Frage: „ob sie todt sei?“ und die Bemerkung: „wenn er wieder keine Antwort bekäme, so möge sie annehmen, er sei für sie todt.“ Nun schrieb die Mutter sofort unter der neuen Adresse, und abermals kommt, nach sechs Monaten, der Brief als unbestellbar zurück.

39) Robert Peschke aus Kayna bei Zeitz, Seemann, jetzt 31 Jahre alt, ging 1875 mit der Corvette „Louise“ in See, die er krankheitshalber in Rio de Janeiro verließ, diente dann auf einem englischen Schiff und schrieb im Hochsommer 1876 aus Liverpool, daß er nach Buenos-Ayres fahren werde. Seitdem ist er verschollen.

40) Der Bäckergeselle Gottlieb Sauer, 1843 in Nordenburg (in Ostpreußen) geboren, ging als Wanderbursche 1869 in die Türkei, kehrte 1870 zurück, um als Reservist beim Train (als Bäcker in der Ersatzreserve I) den Feldzug in Frankreich mitzumachen, soll dann in oder bei Stettin gearbeitet haben. Sein Bruder Julius in Neuwied sucht ihn.

41) Eine arme Lehrerwittwe, deren Gatte am 7. September 1881 gestorben ist und ihr außer einem erwachsenen Sohn noch vier unversorgte Kinder hinterlassen hat, sucht diesen Sohn als die einzige Stütze in ihrer Noth und Verlassenheit. Derselbe, Constantin Sauter, aus Luisendorf bei Cleve, jetzt 24 Jahre alt, Mechaniker, arbeitete über vier Jahre in Pforzheim in einer Werkzeugsfabrik (Insel), schrieb vor Jahresfrist den Seinen, daß er nach Oesterreich gehe, um in Wien Stellung zu suchen, und ist seitdem verschollen. Auch die kaiserliche Gesandtschaft hat vergeblich nach ihm geforscht. Sauter ist groß und schlank von Gestalt, blondhaarig; sein linkes Auge ist durch eine Stahlsplitterverwundung besonders kenntlich. Könnte Sauter vom Tode seines Vaters Kunde erhalten, so würde er ohne Säumen zu seiner unglücklichen Mutter heimkehren.

42) Johannes Schad, bis Anfang 1881 Kellner in Berlin, von wo er am 15. Januar zum letzten Male geschrieben, wird von seiner Mutter (in Aue bei Schmalkalden) gesucht.

43) Vor 27 Jahren ist der Kattundrucker Christian Eduard Schick aus Glauchau (Sachsen) nach Brasilien ausgewandert; er wird von seinem Bruder Karl gebeten, Nachricht zu geben.

44) Der Schlosser Ernst Robert Emil Schneider aus Magdeburg hat sich vor vierthalb Jahren auf die Wanderschaft begeben und seitdem kein einziges Mal an seine Eltern geschrieben. Indeß ist sein Vater gestorben; die Mutter bittet den Sohn um eilige Heimkehr.

45) Der ehemalige Gymnasiast Albert Schneider aus Bunzlau in Schlesien, ein junger Mann von 20 Jahren, etwa 1,60 Meter groß, mit dunklem Kopfhaar, untersetzter Gestalt, ist auf einer Reise von Regensburg heimwärts bis Görlitz gekommen und seitdem verschwunden. Die armen Eltern bitten dringend, ihnen den einzigen Sohn auffinden zu helfen.

46) Karl Nüsch aus Schwerin hat, als Schneidermeister in Genf wohnend, vor zwölf Jahren zum letzten Mal an seine jetzt im achtundachtzigsten Jahre stehende Mutter geschrieben. Die Greisin fragt, was aus ihrem Sohn geworden sei?

47) Hermann Pohle, Buchbindergehülfe aus Oltschütz bei Wurzen in Sachsen, lernte und arbeitete in Leipzig, von wo aus er am 10. Mai 1873 sich über Jena nach Stuttgart begab. Seitdem fehlen alle Nachrichten über ihn. Seine arme kranke Mutter und sein Vater, vom Tagelohn in Stünz bei Leipzig lebend, befürchten, daß der Vermißte ausgewandert sei, aber wohin?


Berthold Auerbach’s Nachlaß. Soeben geht uns nachstehender Aufruf zu, dem wir hier gern einen Platz gewähren: „Im Namen zugleich der von Berthold Auerbach letztwillig zur Herausgabe seines literarischen Nachlasses mit mir beauftragten Herren Dr. Jacob Auerbach in Frankfurt am Main, Dr. Anton Bettelheim in Wien und Rechtsanwalt Eugen B. Auerbach in Berlin ersuche ich behufs vorläufiger Sichtung und späterer Herausgabe seiner Correspondenz alle Diejenigen, welche Briefe des Verewigten besitzen, solche an den obengenannten Rechtsanwalt Auerbach, W. Leipzigerstraße Nr. 103 freundlichst senden zu wollen.

Den Wünschen der Adressaten hinsichtlich Weglassung nicht zur Veröffentlichung geeigneter Stellen wird selbstverständlich gewissenhaft entsprochen werden.

Die Rücksendung der uns anvertrauten Manuscripte erfolgt baldthunlichst.

Berlin, im Juni 1882.

Friedrich Spielhagen.“





Kleiner Briefkasten.


G. K. in Detmold.0Reichsdörfer“ nannte man ehemals diejenigen Dörfer oder Höfe, welche unmittelbar unter dem Kaiser und Reich standen. Dieselben hatten ihre besonderen Ober- und Untergerichte, sowie Reichsschulzen und zahlten nur Kriegsanlagen. Die letzten Reichsdörfer waren Alschhausen und die freien Leute auf der leutkirchner Haide in Schwaben, Althausen, Glocksheim und Seenfeld in Franken, Sulzbach und Soden im oberrheinischen Kreise. Durch den Reichsdeputationshauptschluß von 1803 wurden sie an größere Staaten vertheilt.

Z. E. in Sch.0 Unter „Kette“ versteht man in der Jägersprache die Vereinigung von Flugwild, das nicht einer Familie angehört; so bilden z. B. Hühner, Enten etc. aus verschiedenen „Völkern“, wenn sie sich zusammenthun, eine Kette.

Langjähriger Abonnent in S.0 Wir bedauern, Ihnen nicht dienen zu können.

B. Z. in Tarnowitz.0 Die „ledernen Kanonen“ Gustav Adolf’s bestanden aus einer kupfernen Röhre, die mit eisernen Ringen umgeben und mit Tauen, sowie mit Lederbezug umwickelt waren. Sie bildeten den Uebergang vom schweren Geschütz zu den leichteren Feldgeschützen, haben sich aber nicht bewährt.

A. B. in Bukarest.0 Das Elsaß hat seinen Namen von dem Flusse Ill.

K. D. in Berlin.0 Portrait und Biographie unserer allbeliebten Mitarbeiterin Elisabeth Bürstenbinder (E. Werner) finden Sie im Jahrgange 1876, Seite 461.



Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

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