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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)


Die Tannenmeise.

In Wald und Feld ist’s kahl geworden;
Verstummet ist der Lieder Schall.
Es hat der rauhe Wind aus Norden
In’s Grab gelegt die Blumen all’.

Er ließ der Flocken wilden Reigen
Aus grauen Wolken niedersprüh’n.
Nur Eines blieb: An Tannenzweigen
Erglänzt und prangt das dunkle Grün.

Und in den dicht beschneiten Aesten
Ein Vöglein singt, sobald es tagt.
Das schied nicht mit den Sommergästen;
Das hat’s mit Eis und Schnee gewagt.

Die Tannenmeise hat vertrieben
Nicht Sturm und Frost. Ihr lust’ger Laut
Sagt, daß dem Baum sie treu geblieben,
Drinn sie das Nest im Lenz gebaut.

Das Vöglein hat im Zweig gesessen;
Es sang so frisch und frühlingsfroh.
Da hat’s der alte Baum vergessen,
Daß längst schon Lenz und Sommer floh.

Daß Winter herrscht ringsum im Lande
Mit harter Hand, er ahnt es kaum,
Und träumt im weißen Schneegewande
Noch weiter seinen Sommertraum.

Emil Rittershaus.





Stadt der Monumente, darf besonders stolz sein auf die Namen seiner Menschenfreunde; denn keine Stadt des Landes hat Namen aufzuweisen von so gutem Klange, wie: J. Patterson, John Hopkins, George Peabody, Thom. Wilson und Mac Donogh.

Dem Gemeinsinne dieser Männer verdankt die Stadt die trefflichsten Anstalten: das Gebäude der Peabody-Bibliothek mit seinen Bücherschätzen, eines der prächtigsten und bestbestellten seiner Art, die John Hopkins-Universität, welche trotz ihrer Jugend einen hervorragenden Rang unter den Hochschulen des Landes einnimmt, und das von demselben Manne gegründete Hospital. Auch das Deutschthum hat seine gemeinnützigen Bestrebungen durch Errichtung einer vortrefflichen Waisenanstalt bekundet. Die Perle Baltimores aber ist der Druid-Hill-Park. Der amerikanische Maler braucht nicht, wie in Europa, meilenweit nach Motiven zu laufen oder tagelang nach einem seinen Wünschen entsprechenden Baumaste zu suchen: der Park ist reich an auserlesenen alten Baumgruppen, deren Aufbau und Farbenpracht das Auge jedes Künstlers mit Wonne erfüllt; er ist reich an schönen Anlagen, Quellen, Seen und Fontainen, an belebten Wegen wie an Pfaden, die tiefer und tiefer in das verschwiegene

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 880. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_880.jpg&oldid=- (Version vom 12.1.2023)