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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

entledigt und den landesüblichen „Ihn“ angelegt. Es ist dies ein aus schmalen Streifen einer Kriechpflanze verfertigter, dichter und bauschiger, fast bis zum Knie herabreichender Bastfaserrock, der mittelst eines Gürtels aus Pandanusblatt, dem Kangr, festgehalten wird. Er verleiht dem Träger einen unverhältnißmäßigen Umfang, wie dies namentlich der junge, noch mit einem Kittel versehene Krieger rechts zeigt. Ueber dem Ihn trägt Kabua noch als besondere Zierde ein aus verschiedenen Kleiderresten zusammengenähtes buntes Tuch. Sein lockiges Haupthaar ist von einem schmalen mit weißen Muscheln besetzten Bande festgehalten und mit einigen Federn geschmückt. Die reiche Tätowirung Kabua’s, welche in mattblauem Tone sich auf der braunen Haut sehr vortheilhaft abhebt, kommt in vollstem Maße zur Geltung. Neben Kabua links steht sein Feldhauptmann, ein alter würdiger Kanaka, dem schon die durch einen Ring aus Pandanusblatt enorm ausgedehnten Ohren, noch mehr aber der mächtige Kopfputz aus Federn des Fregattvogels ein besonders phantastisches Aussehen verleihen. Die zwei sitzenden Krieger, ebenfalls nur mit dem Ihn bekleidet, zeigen die alte Weise des auf dem Hinterkopfe zu einem Knoten gebundenen Haares. Zwar trägt der junge, auf dem Stumpfe einer Palme sitzende Freiwillige ebenfalls einen Zopf, er stammt aber von einer der nördlichen Inseln der Gruppe, deren Bewohner sich noch ursprünglicher erhalten haben. Die feine aus Pandanusfaser geflochtene Matte, welche er um die Schenkel geschlungen hat, bildet eine sehr gefällige Tracht für diese nackten braunen Gestalten. Ganz links erblickt man zwei Mädchen in dem auf Jaluit am meisten üblichen Costüm, indem nämlich den nationalen Matten für die untere Körperhälfte noch ein Kattunjäckchen nach europäischem Schnitt hinzugefügt wurde. Sie halten die Adscha, die sanduhrförmige, an einer Seite mit Haifischhaut überzogene Trommel, das einzige Musikinstrument der Marshaller, im Arm, nicht um in ähnlicher Weise wie in unseren Kriegen mit derselben zum Kampfe anzufeuern, sondern nur damit den Tanzvorstellungen nicht die Begleitung fehlt. Die zwei holden Damen im Hintergrunde führen uns die eigentliche Nationaltracht dieser Insulanerinnen vor mit der beim weiblichen Geschlecht auf Arme und Schultern beschränkten Tätowirung, welche jetzt, wie die enorme Erweiterung der Ohrläppchen, immer mehr abkommt.

     Jaluit (Bonham), Marshall-Inseln, im October 1880.




Resignation.

„Sehsuchtsschwer, voll süßer Ahnung
Liegt das Herz mir in der Brust;
Möchte schwelgen, möchte schlürfen
Durstig an dem Kelch der Lust.

5
Einen Kelch voll Feuerlabe

Füllt, o füllt, ihr Mächt’gen, mir!
Was an Wonnen lebt hienieden,
Schenkt es jählings mir – und ihr!

Zage Küsse, blasse Freuden,

10
O ihr Götter, gebt uns nicht!

Gebt auf einmal alle Leiden,
Allen Schatten, alles Licht!

In der Liebe Tempel trinken
Laßt uns süße Götterlust,

15
Laßt wie Blitze sie durchzucken

Die entzückte, junge Brust!

Ist die Wonne dann verrauschet,
Komme, was da kommen soll!
Donnernd stürze ein der Tempel,

20
Noch in Aschen feuervoll!“ – –


Da – wie ich noch brünstig flehe,
Flammt um mich ein magisch Licht,
Und vom Himmel eine Stimme
Also mahnend zu mir spricht:

25
„Mäß’ge, ruheloses Herze,

Deinen ungestümen Schlag!
Denn dein Loos ist Lust und Schmerzen,
Wie da wechselt Nacht und Tag.

Schwachen, staubgebund’nen Sinnen

30
Ziemt nicht volles Sonnenlicht;

Nur uns Göttern kann es taugen –
Sterbliche ertragen’s nicht.

Dann nur ward dir höchster Adel,
Wenn dich läutert herber Schmerz,

35
Wenn dich bessert weiser Tadel –

Edles Maß beglückt das Herz.“

C. del Negro.




Die Sieger auf der Hunde-Ausstellung zu Cleve.

Die in reizender Umgebung gelegene einstmalige Hauptstadt des Herzogthums Cleve, die durch die Sage von Lohengrin weitberühmte Dreihügelstadt, ist den Lesern der „Gartenlaube“ aus früheren Jahrgängen (vergl. Jahrgang 1879, S. 586) zur Genüge bekannt. In Cleves Straßen herrschte im Anfang des verflossenen Sommers ein buntes Treiben; man traf emsig Vorbereitungen zu der großen Jagdausstellung (wir werden über dieselbe in einer unserer nächsten Nummern berichten. – D. Red.), welcher eine Hunde-Ausstellung voranging. Das schnaubende Dampfroß brachte aus aller Herren Ländern in das stille Städtchen gar seltene Gäste, nicht etwa in den Coupés erster bis vierter Classe – sie wurden vielmehr in eigenartig eingerichteten Behältern und Transportkasten vorschriftsmäßig unter der Obhut des Bahnpersonals bis Station Cleve befördert und hier von dem Ausstellungscomité in Empfang genommen: Hunde waren es, Hunde aller Rassen von dem klugen, in Gefahr und Noth Hülfe leistenden Sprossen des St. Bernhard herab bis zu der nichtsnutzigen faulen Art der seidenhaarigen Schooßhündchen der Salonwelt.

In unserer ein wenig an Ausstellungswuth leidenden Zeit ist bei dem großen Pubiicum das Interesse für derartige Fachausstellungen ein ziemlich kühles; wir sind einigermaßen abgestumpft gegenüber dem uns allzu oft gebotenen Genusse des Schauens; denn keine Stadt im deutschen Lande unterläßt es heutzutage, im Laufe von wenigen Jahren eine Industrie-, Gewerbe- oder landwirthschaftliche Ausstellung in ihren Mauern zu beherbergen. Und nicht nur die große Zahl solcher Ausstellungen erschlafft unser Interesse an denselben, sondern es liegt vielfach auch in der Natur dieser Schaustellungen selbst, daß sie uns kalt lassen; denn wer da erwartet, sie müßten immer eine Art von Theater bilden, in dem man Interessantes, Neues, Großartiges zu sehen bekommt, der irrt nur allzu oft. Die blendende Effectwirkung läßt sich aber am allerwenigsten bei den ihrer Natur nach ziemlich monotonen Fachausstellungen erzielen, und daher ist auf ihnen das schaulustige Publicum stets in geringer Menge vertreten.

Aber die hohe Ziffer der Besucher ist keineswegs der richtige Maßstab für die Beurtheilung des Werthes einer Ausstellung, die ernstere Ziele, als die Befriedigung eines verwöhnten Auges zu erstreben hat. Ihre Hauptaufgabe besteht vielmehr darin, ein getreues Bild der Fortschritte unserer culturellen Thätigkeit zu bieten und theils dem anerkannt Guten allgemeinere Verbreitung

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 703. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_703.jpg&oldid=- (Version vom 28.10.2022)