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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Krieges und der Gründerperiode in den Reihen der Lehrer entstanden, würdig ausfüllten. Während der Zeit des Lehrermangels waren fast alle Hauslehrerstellen in weibliche Hände übergegangen, aber jetzt, wo eine rückläufige Bewegung dem Lehramte wieder viele männliche Kräfte zugeführt hat, zeigt sich die Ueberproduction unserer Lehrerinnenseminare. Zahlreich ziehen heute unsere Lehrerinnen in’s Ausland, oft einem bedenklichen Loose entgegen.

Dringender als je ist es daher für Mädchen, die sich auf eigene Füße stellen wollen, geboten, sich nach anderen Fächern umzusehen, und mit Recht legte der Vertreter der preußischen Regierung, Geheimrath Dr. Schneider, es im vorigen Herbste den zu ihrer Hauptversammlung in Braunschweig vereinigten deutschen Mädchenlehrern an’s Herz, nach solchen Fächern auch ihrerseits Umschau zu halten.

Kaum dürfte zur Lösung der Frage etwas näher liegen als die Berücksichtigung einzelner Zweige des Kunstgewerbes, bei welchen der dem weiblichen Geschlechts eigene Formen- und Farbensinn die schaffende Hand wesentlich unterstützt, und in der That sind an vielen Orten kunstgewerbliche Schulen für Mädchen eröffnet worden, die viel versprechen, die allereigenste Domäne der Frauen aber bilden doch die Nadelarbeiten. Es ist erfreulich, daß diese Arbeiten im deutschen Hause wieder zu Ehren kommen; denn lange Zeit mußte es geradezu heschämend wirken, wenn ein Stück altmütterlichen Hausrathes aus der Truhe hervorgezogen und mit den nüchternen und dürftigen Arbeiten der Gegenwart verglichen wurde.

Auf die im Vorstehenden angedeuteten Anschauungen gründete sich die Errichtung zahlreicher Lehranstalten. Die 1866 eröffnete Ecole professionelle in Paris, die weit verzweigten Anstalten des Lette-Vereins in Berlin, die württembergischen Industrieschulen, die Gewerbeschulen in München, Karlsruhe und Hamburg und andere sind zu gleichem Zwecke gegründet und wirken segensreich. Eine besonders gut eingerichtete Anstalt dieser Art, eine wahre Musterschule, besitzt Leipzig in der seit 1875 bestehenden höheren Fach- und weiblichen Gewerbeschule von Frau Auguste Busch.

Aus einer einfachen Nähschule, die Frau Busch jahrelang mit Erfolg geleitet hatte, ist ein alle Zweige weiblicher Nadelarbeit umfassendes Institut geworden. Dasselbe ist in dem neu erbauten, für die Zwecke der Schule auf’s Angemessenste eingerichteten Hause der Leiterin untergebracht und mit den besten Lehrmitteln reichlich ausgestattet. Durch langjährige Erfahrungen und durch auf ausgedehnten Reisen erworbene Anschauungen hat sich Frau Busch in den Besitz der besten Methoden gesetzt und kein Opfer gescheut, um mittelst Einführung anderswo bewährter Einrichtungen ihre schnell emporblühende Schule zu vervollkommnen.

Die Anstalt zerfällt in drei Abtheilungen. Die erste umfaßt eine Reihe von selbstständigen Cursen. Hier wird eine Schaar jüngerer Schülerinnen in den Elementen der Nadelkünste unterwiesen; dort sind junge Mädchen mit den zierlichen Arbeiten der Putzmacherei beschäftigt. Sie werden von ähnlichen Gruppen abgelöst, die Wäsche- oder Kleiderconfection erlernen, in Flicken und Stopfen unterrichtet werden oder sich im Copiren und Entwerfen stilvoller Muster üben.

Dazwischen rauschen in geschäftigem Schwünge Nähmaschinen von verschiedener Bauart, ja selbst in der Waschküche ist noch ein Lehrstuhl für Waschen und Bügeln errichtet. Und überall herrscht derselbe Eifer, sodaß viele Mädchen, ja selbst junge Frauen von Cursus zu Cursus fortschreiten, oder dieselben Curse wiederholen, bis die in der Anstalt erstrebte Selbstständigkeit geschmackvollen Schaffens erreicht worden ist.

Die zweite Abtheilung enthält das Seminar für Handarbeitslehrerinnen.[WS 1] Hier werden die einzelnen Fächer in einem Jahrescursus, bei mangelhafter Vorbildung in zweijährigem Lehrgänge, in systematisch geordneter Reihenfolge gelehrt, wozu pädagogische und methodische Anweisungen kommen. Die Erfolge sind durch vielfache wohlbestandene Lehrerinnenprüfungen bezeugt.

Die dritte Abtheilung umfaßt die weibliche Gewerbeschule und soll ihre Schülerinnen, wie der Name sagt, zu gewerbmäßiger Verwendung der Nadelkünste ausrüsten, und in den Unterrichtskreis dieser Abtheilung sind alle zu diesem Zwecke erforderlichen Hülfsmittel eingereiht, Zeichnen von Schnitten und Mustern, Buchführung, Rechnen, Stoffkunde u. dergl.

Für die ganze Anstalt ist eine Schulsparcasse begründet.

Das allgemeine Interesse kommt der segensreich wirkenden Schule entgegen; denn die angesehensten Frauen der Stadt sind mit fach- und geschäftskundigen Herren zu einem Curatorium zusammengetreten, welches der Leiterin zur Seite steht. Die Stadt- und Staatsbehörden fördern das Unternehmen; Freistellen sind aus städtischen und aus Privatmitteln gegründet, und die Königin von Sachsen hat ihre Theilnahme für die Bestrebungen der Anstalt dadurch bekundet, daß sie alljährlich mehrere junge Mädchen auf ihre Kosten in derselben ausbilden läßt.

Zum Segen der weiblichen Jugend wünschen wir allen verwandten Unternehmungen gleiches Gedeihen.

N.




Eine Vertheilung „deutscher Waffen“ in Siebenbürgen. Die Bitte, welche Friedrich Hofmann’s Artikel „Die Sachsen in Siebenbürgen“ (vergl. Nr. 23 und 24 dieses Jahrgangs der „Gartenlaube“) für die sächsische Bevölkerung Siebenbürgens ausspricht, hat zu unserer Freude schon jetzt einen hübschen Erfolg erzielt. Wie Dr. Karl Wolff, Chef-Redacteur des „Siebenbürgisch-deutschen Tageblattes“ und Vertreter der Sachsen im nächsten ungarischen Reichstage, aus Hermannstadt berichtet, sind seit dem Erscheinen unseres Aufsatzes aus den verschiedensten Gegenden „deutsche Waffen“ in Gestalt von Lesebüchern und Kinderschriften bei der Buchhandlung Franz Michaelis in Hermannstadt eingegangen.

Der Anfang ist gemacht worden, und wenn die Größe der Sendungen noch in keinem Verhältniß zu dem literarischen Reichthume Deutschlands steht, so sind wir doch fest überzeugt, daß diesem Mißverhältniß abgeholfen werden wird, wenn man erfährt, in welchem Geiste die Gaben in Siebenbürgen empfangen worden sind.

Wie Karl Wolff uns schreibt, hat sich eine Anzahl deutscher Männer in Hermannstadt zu einem Comité vereinigt, um die Vertheilung der Bücher in ärmeren sächsischen Landgemeinden vorzunehmen. Als die zuerst zu berücksichtigende Gemeinde wurde das Dorf Talmesch, der am weitesten nach Süden vorgeschobene, vor den Eingang in den Rothenthurmpaß gestellte Vorposten der sächsischen Ansiedelungen, ausersehen. Dort versammelten sich am Sonntag, den 10. Juli, Nachmittags achtzig Schulkinder in Gemeinschaft ihrer Eltern im Chor der von der Gemeinde bis zum letzten Platz gefüllten Kirche, wo neben dem Ortspfarrer und dem Schulmeister auch die Comitéherren von Hermannstadt Platz nahmen. Nach den einleitenden Worten des Pfarrherrn sprach der redegewandte Karl Wolff zu den Kindern, indem er sie in die Geschichte ihrer Heimath zurückführte und ihnen, trotz der Liebe zum alten Mutterland, die Treue gegen das Vaterland, dem ihr Volk seit sieben Jahrhunderten angehört, als heilige Pflicht pries. Treu sollten die Kinder an ihrem deutschen Wesen, an den deutschen Mutterlauten festhalten. „Denn wäre der deutsche Laut in diesem Lande verstummt, dann würde die segensvolle Verbindung mit dem Mutterlande zerrissen sein und Trägheit und Rohheit würden sich über die gesegneten Gefilde ausbreiten, welche deutscher Fleiß hier an den Thoren des Morgenlandes geschaffen und mit sprechenden Zeugnissen der Bildung und Gesittung geschmückt hat.“

Nach Wolff’s Ansprache wurde eine Anzahl der gespendeten deutschen Bücher als Ehrengaben an die fleißigsten Kinder vertheilt; eine andere wurde der Schulbibliothek überwiesen. Feierliche Stimmung beherrschte Alles, und mit Freudenthränen in den Augen nahmen die Kleinen ihre Bücher entgegen.

Am Schlusse wies der Seminardirector Klein von Hermannstadt in einer Ansprache an die Erwachsenen noch darauf hin, daß der größte Werth dieses deutschen Bücherschatzes in der Gesinnung bestehe, welche die Spenden angeregt habe. Die edelste Wirkung werde darum auch in der Gesinnung hervortreten, die der Bücherschatz hier pflanze und erhalte.

Das war die erste deutsche Büchervertheilung bei unserem siebenbürgischen Bruderstamme. – Wer wird angesichts derselben nicht wünschen, daß eine solche von Dorf zu Dorf im siebenbürger Sachsenlande möglich werde? Brauchen wir noch einmal zu bitten und zu mahnen, daß die Vielen, welche in der Lage sind, hier zu spenden, von ihrem Ueberfluß im Bücherschränke einen so segensreichen Gehrauch machen möchten? Gegenüber der Umständlichkeit der Versendung in so weite Ferne wird die Mittheilung willkommen sein, daß die Buchhandlung von Franz Michaelis in Hermannstadt (Siebenbürgen) derartige Sendungen zwar gern vermittelt, sich dieselben aber zur Bequemlichkeit der gütigen Spender nicht direct, sondern durch ihren Commissionär am Centralsitz des deutschen Buchhandels, die Buchhandlung von Carl Cnobloch in Leipzig, erbittet.

Die Redaction.




„Die fremdländischen Stubenvögel“ von Dr. Karl Ruß. (Verlag von Karl Rümpler in Hannover. Preis 30 Mark.) Von diesem vierbändigen Werke, das sich durch gründliche Sachkenntniß auszeichnet, hat soeben der dritte Band: „Die Papageien“ die Presse verlassen. Karl Ruß hat die meisten der auf unserm Vogelmarkt auftauchenden Arten selbst gepflegt und ihre Lebensgewohnheiten erforscht; zudem bot ihm seine Zeitschrift „Die gefiederte Welt“ ununterbrochen das werthvollste Material, wie auch sein Verkehr mit den bedeutendsten Vogelliebhabern, -Züchtern und -Händlern das Werk wesentlich förderte – Verhältnisse, welche das dankenswerthe literarische Unternehmen auf die Höhe der Zeit gehoben haben.

Ruß giebt nun in diesem dritten Bande seines Werkes zunächst eine eingehende Charakteristik der einzelnen Papageien-Arten. Er schildert das Freileben dieser Vögel, soweit es von Reisenden und anderen Beobachtern erforscht worden ist, ertheilt gründlichen Unterricht in der Pflege und Wartung, Züchtung und Abrichtung der Vögel, bespricht ihre Eigenthümlichkeiten, ihre Begabung und ihre Leidenschaften und giebt über die Heimath, den Fang, den Transport, die Einführung und den Marktpreis der Papageien genaue Auskunft. Einen ganz besonderen Werth erlangt aber das Ruß’sche Werk dadurch, daß über jede einzelne Art alles Bekannte und Wissenswerthe mitgetheilt ist, sodaß wir in demselben ein ganz vorzügliches Nachschlagebuch besitzen. Das elegant ausgestattete Werk enthält auf 10 Tafeln Abbildungen von 39 Arten im Buntdruck.

Im Anschluß hieran bemerken wir noch, daß der erste Band des Gesammtwerkes bereits im Jahre 1878 unter dem Titel „Die Körnerfresser“ mit reicher illustrativer Ausstattung erschienen, der vierte Band dagegen, „Die Vogelpflege, -Abrichtung und -Zucht“ behandelnd, gerade im Erscheinen begriffen ist, während die Herausgabe des zweiten Bandes „Die Kerbthierfresser“ erst zu Ende dieses Jahres beginnen wird. Um jedoch die Resultate seiner Forschung auch den weitesten Kreisen zugänglich zu machen, hat Dr. Karl Ruß von dem Ganzen eine gedrängte Ausgabe „Handbuch für Vogelliebhaber“ veranstaltet. Den Freunden der Vogelwelt sei auch dieses Buch hiermit auf das Beste empfohlen.

A. Frenzel.




Kleiner Briefkasten.

Eine Abonnentin. Muß der Consequenzen halber leider abgelehnt werden.

„O forsche nicht!“ Bitte, vergleichen Sie Nr. 6, Jahrg. 1880, der „Gartenlaube“!

A. L. in Altona. Sie finden das Gesuchte in der im Verlage von Ernst Keil in Leipzig erschienenen Schrift Scherr’s „Goethe’s Jugend“, geb. M. 4,50.

Lehrerin aus dem Wupperthal. Ihrem Zwecke wird die „Pädagogische Vacanzen-Zeitung“ (Berlin, S. Schwarz’sche Buchhandlung) dienen.

H. R. in Hbg. Wenden Sie sich an den Dr. med. Curschmann, Director des dortigen Hospitals!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Handarbeiterinnen, vergl. Berichtigung (Die Gartenlaube 1881/42).
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 616. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_616.jpg&oldid=- (Version vom 18.9.2022)