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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Weise bei der Jagd, nur daß sie sich gleichzeitig größerer Mengen der Thiere zu bemächtigen suchen die nun, von einer Postenkette umzingelt, in geregelter Arbeit mit Kugelschüssen durch den Kopf getödtet werden. Fell und Fett entnimmt man den Cadavern, ersteres, um es zur Leimbereitung zu verwenden, letzteres, um es zu Thran auszukochen.

Die massenhafte Abschlachtung der Robben hat übriges ein merkliches Zurückgehen des Bestandes zur Folge gehabt, daher denn jetzt meist nur noch die Männchen aus den Heerden abgeschossen werden. Früher war der Jagdertrag des Robbenschlages an den californischen Küste allein ein so ungeheurer, daß man jährlich Tausende von Fässern mit dem Thrane der Thiere füllte, und man kann auf die Zahl der Getödteten schließen, wenn man bedenkt, wie selten so große Robben erlegt werden, daß vier genügen, um ein Faß mit Thran zu füllen.

Die Gefangenschaft ertragen die Seelöwen ausgezeichnet und werden außerordentlich zahm, wovon sowohl das Londoner südamerikanische, wie unser Berliner californisches Exemplar Beweise geben. Vorzüglich das erste nach England gekommene Thier stand zu seinem freundlichen Pfleger, dem Matrosen Lecomte, in wahrhaft rührendem Verhältnisse. Das Anziehende der Thiere hat sogar bei der californischen Regierung so viel Anerkennung gefunden, daß sie eine Heerde derselben, gegen achtzig Stück, unter ihren besonderen Schutz genommen hat. Diese Heerde wohnt auf einer steilen Felsgruppe am Eingange der Bucht von San Francisco, wo ihnen keine verderbliche Kugel nahen darf. Aus der Zahl ihrer Brüder auf den benachbarten vogelfreien Ufergebieten stammt auch der Berliner Seelöwe (Arctophoca Gilliesppi) her, und seine eingehende Beobachtung hat die Anregung zu unserem Bilde gegeben.




Die deutsche Seewarte in Hamburg.

Zum Einzug in ihre neue Heimatsstätte.
Von A. Woldt.

Der malerische Höhenzug, welcher die prächtigen Villenanlagen der reichen Hamburger Kaufmannswelt am rechten Elbufer bei Blankenese trägt und über Altona bis nach Hamburg hineinreicht, wird an seinem Südende, dem sogenannten „Stintfang“, von einem monumentalen Gebäude mit vier Eckthürmen gekrönt, dem stolzen neuen Heim der deutschen Seewarte, dem architektonischen Meisterwerke der Hamburger Architekten Kirchenpauer und Philippi. Die feierliche Einweihung dieses großartigen Institutes soll am 14. September dieses Jahres in Kaiser Wilhelm's Gegenwart stattfinden, und an diesem Tage wird auch die Seewarte endgültig die gastfreundliche Stätte verlassen haben, welche ihr seit ihrer Begründung im Jahre 1875 das benachbarte Seemannshaus gewährt hat. Wohl steht es dem verdienstvollen Director der Seewarte, Professor Dr. Neumayer, und seinem Stabe von Gelehrten und Praktikern an, diesen Tag auch für sich als einen Ehrentag zu betrachten, da es ihnen gelungen ist, die Aufgaben des Institutes der Vollendung nahe zu bringen; denn der Name der deutschen Seewarte hat in wissenschaftlichen Kreisen wie auf allen Meeren einen guten Klang, wo immer die deutsche Flagge weht. Für den Laien aber hat das Institut einen täglich in ganzem Umfange empfundenen Werth: es ist uns die größte Wetterprophetin, die uns stets am besten mit Nachrichten über die Witterung des nächstkommenden Tages versieht, da nicht weniger als 80 Procent ihrer täglich ausgegebenen Wetterprognosen eintreffen. Es giebt im ganzen deutschen Reiche vielleicht keine Zeitung und kein Blättchen, die nicht die Wetterberichte der Seewarte ihren Lesern verkündeten. Vermöge seiner sonstigen zahlreichen wissenschaftlichen Publicationen nimmt außerdem dieses Institut einen hohen internationalen Rang unter den ähnlichen Einrichtungen anderer Nationen ein.

Als die „Gartenlaube“ zum ersten Mal (vergl. Nr. 12, 1875) über dieses dem Chef der kaiserlichen Admiralität unterstellte Reichsinstitut Mitteilung machte, hatte dasselbe seine weitgreifende Thätigkeit noch nicht begonnen, und es wurde daher nur in großen Zügen der Arbeitsplan der Anstalt dem Leser angedeutet.

Indem wir heute das Bild der neuen Seewarte nach einer meisterhaft ausgeführten Medaille bringen, welche die Direction zum Tage der Einweihung, dem 14. September 1881, für ihre „Mitarbeiter zur See“ gestiftet hat, geben wir eine kurze Beschreibung der Einrichtung der Innenräume des Gebäudes und ihrer Bestimmung. Das stattliche quadratische Gebäude ist von dem Seemannshause etwa hundertdreißig Meter entfernt und nimmt mit dem dazu gehörenden Terrain den oberen Theil des Stintfanges, welcher sich durchschnittlich dreißig bis zweiunddreißig Meter über den Nullpunkt des Elbpegels erhebt, ein. Die ganze Anlage ist, so weit man dies in der Nähe einer großen Stadt überhaupt beanspruchen kann, zu klimatologischen und wissenschaftlichen Beobachtungen sehr geeignet; denn die Isolirtheit des Stintfanges gewährt genügende Sicherheit für die notwendigen Beobachtungen über die Elemente des Erdmagnetismus, sowie für Compaßuntersuchungen, da größere Eisenmassen in der Umgebung nicht vorhanden sind; sie bietet ferner, Dank ihrer freien Lage, einen günstigen Beobachtungspunkt für die Messung der Windstärke und Windrichtung, sowie eine weite Rundsicht zur Prüfung von Sextanten, endlich aber gestattet die Nähe des Hafens stets den Verkehr der Schifffahrttreibenden mit dem Institute.

Treten wir durch den Haupteingang an der Südwestseite des Gebäudes ein, so überblicken wir vom Erdgeschosse aus fast die ganze innere Anlage. Sämmtliche Räume der drei Stockwerke laufen um einen mittleren quadratischen mit Glas gedeckten Hof und sind mit einander durch Corridore verbunden, die sich wiederum gegen den Hof in Arcaden öffnen. Das Erdgeschoß enthält die Wohnung des Directors Neumayer und die unter dem bekannten Nordpolfahrer, Capitain Koldewey, stehende zweite Abtheilung der Seewarte mit der dazu gehörenden Sammlung von Instrumenten und Modellen. Es ist bekannt, welche Wichtigkeit die nautischen Instrumente für den Schiffer auf hoher See haben, wie er den Compaß nöthig hat, um die Richtung der Fahrt, den Sextanten, um den Stand der Gestirne und dadurch den Ort des Schiffes, Baro- und Thermometer, um die Veränderung des Wetters zu erkennen etc. Da nun schon ein kleiner Fehler des Meßinstrumentes bei den ungeheuren Entfernungen die auf See vorkommen, große Irrthümer über die Lage des Schiffes hervorbringen kann, so hat die zweite Abtheilung der Seewarte die Aufgabe der Beschaffung und Prüfung der nautischen meteorologischen und magnetischen Instrumente übertragen erhalten. Vom ersten Momente an, wo diese Thätigkeit begann, haben die Mechaniker, welche sich mit Anfertigung derartiger Apparate beschäftigt, die Bedeutung der wissenschaftlichen Prüfung erkannt und von Jahr zu Jahr immer mehr davon Gebrauch gemacht. Bis zum Schlusse des Jahres 1879 sind mehr als dreitausend derartige Untersuchungen durch Herrn Koldewey mit Hülfe seiner Assistenten H. Eylert und A. Lauenstein ausgeführt worden.

Eine ganz besondere Thätigkeit entfaltet die Abteilung in Bezug auf die Deviationsbestimmung, das heißt die Untersuchung der Ablenkung, welche die Nadel des Compasses an Bord eiserner Schiffe erfährt. Was die Sammlung von Modellen und Instrumenten betrifft, so ist dieselbe in acht Gruppe geordnet und umfaßt Alles, was zur wissenschaftlichen Schifffahrtskunde in Beziehung sieht. Es ist hier leider nicht der Raum vorhanden, auf die einzelnen Gegenstände einzugehen, deren specielle Instandhaltung dem Mechaniker der Seewarte, Herrn Frank von Liechtenstein, übertragen ist, das Eine darf aber hervorgehoben werden, daß die Beschaffung der Instrumente einen außerordentlichen Aufwand von Arbeit und Erfindungskraft gekostet hat. In erster Linie vertrat hierbei die Direction den Standpunkt, daß sie nach Möglichkeit deutsche Mechaniker und Fabrikanten zur Lieferung heranzog, wie dies überhaupt jetzt unsere staatliche wissenschaftlichen Institute thun, und es kann gar nicht genug betont werden, welchen Aufschwung seitdem die Präcisionsmechanik bei uns genommen hat.

Das erste Stockwerk enthält die Directorialräume und die erste Abtheilung der Seewarte. Zu den erstere gehört unter Anderem ein Conferenzsaal, ein Zimmer für den Meteorologen des Instituts, Dr. W. Köppen, welcher, unabhängig von den einzelnen

Abtheilungen, sich wissenschaftlichen Spezialuntersuchungen einschlägiger

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 607. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_607.jpg&oldid=- (Version vom 18.9.2022)