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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Zur Poesie unserer Cavallerie-Attacken.

Eine Manöver-Plauderei zum Sedan-Tage.
Von Fedor von Köppen.
Mit Originalzeichnungen von Otto Fikentscher.

Es liegt doch viel Poesie in dem Soldatenleben. Man suche sie nur nicht auf den Casernenhöfen, wo das ABC des Gamaschen-Exercitiums gedrillt wird, nicht auf der Reitbahn, wo die jungen Recruten zum ersten Male ein Roß besteigen lernen!

Ulanen-Attack beim Manöver.

– aber schon die Feldmanöver, welche die Probe für die Kriegstüchtigkeit und Leistungsfähigkeit der Truppen bilden sollen, leiten in die Poesie des Kriegslebens hinüber.

„Früh Morgens um vier, eh’ die Hähne noch kräh’n, da sattelt sein Roß der Ulan,“ um in der Vorhut dem ganzen Corps voranzureiten, das Terrain aufzuklären und den Feind aufzusuchen. Zwei Reiter, welche die vorderste „Spitze“ bilden, sprengen voran; ein dritter folgt als sogenannter „Verbindungsmann“ zwischen jenen und dem Vortrupp, und wenn die Reiter an der Spitze etwas Wichtiges vom Feinde entdecken, sprengt er sofort zurück und rapportirt dem Führer der Vorhut. In den überraschenden Fällen – wie ein solcher auf unserer untenstehenden Abbildung vorliegt – benachrichtigt er auch wohl den Führer durch einen Signalschuß. Die beiden Reiter der Spitze sprengen muthigen Herzens und scharfen, spähenden Blickes nach allen Seiten lugend auf der Landstraße voran durch Forst und Flur. „Nichts vom Feinde gesehen?“ ist die immer wiederkehrende Frage, mit welcher sie jeden Vorübergehenden anhalten oder auch den Bauer hinter dem Pfluge ausforschen, und der biedere Landmann, der in seinem Leben noch keinen kriegerischen Feind in seinen Fluren erblickt hat, schüttelt, fast verwundert über die merkwürdige Frage, das Haupt. Ist er doch gewohnt, in jedem Soldaten – gleichviel ob er die Mütze oder die Czapka, die Drilljacke oder den Tuchrock trägt – einen Landsmann oder „Gutfreund“ zu begrüßen.

„Nee, Fründschaff,“ antwortet er, „keenen Feind hab’ ich nich zu sehn gekriegt, blos die Hulaner. Wenn Ehr die meent, da stecken noch ’ne ganze Menge hinter dem Walde, die sind nicht weit weg von hier.“ Und in der That, zwischen den Föhren hindurch sieht man es

Die erste Begegnung mit dem Feinde.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 596. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_596.jpg&oldid=- (Version vom 15.9.2022)