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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)


Gefangene Spione.
Nach dem Gemälde von Professor Schuch.


darauf kam die Sache hinaus, daß Niemand in Rußland sagen oder schreiben durfte, was er liebe. An Bildung und Erkenntniß mangelte es nicht; die Franzosen waren im Lande gewesen, und bald darauf die Russen in Frankreich; auf dem Wiener Congresse hatten die Repräsentanten der vornehmen russischen Welt Alles gekostet, was die Civilisation des Westens zu bieten vermochte. Der Czar selbst – Alexander der Erste – coquettirte mit dem Liberalismus, schwärmte für englische Verfassungszustände und spielte den Freisinnigen, bis die deutsche Russin Juliane von Krüdener ihn in ihren Netzen fing und mit den Nebeln einer mystischen Anschauung umgab. Damals hatte es einen Augenblick geschienen, als ob über Rußland die Sonne besserer Tage ihr Licht verbreiten wolle. Aber es war nur ein kurzer Traum; die ihn geträumt hatten, mußten es bitterlich büßen. Der Bund der Decabristen, welcher sich empörte, als Czar Nicolaus die Erbschaft Alexander’s übernahm, ward blutig zertreten. Hat Puschkin diesem Decabristenbunde angehört? Es ist darüber viel gestritten worden, und der Verdacht, daß er im entscheidenden Momente von dem Bunde abgefallen, ward allerdings dadurch bestärkt, daß man ihn geraume Zeit in den revolutionären russischen Kreisen als Renegaten ächtete. Allein es liegt keine Thatsache vor, aus welcher die Ueberzeugung geschöpft werden könnte, daß er in die Pläne und Absichten der Pastel, Bestuschew und Murawiew eingeweiht gewesen. Man rechnete eben nur auf ihn, wie man aller Orten auf

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 549. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_549.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)