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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

verhauen hat er den Block; er stellt sich ja ordentlich wie ein Mensch an.“ Dann trat er auf Erich zu, gab überflüssige Rathschläge und that unnütze Fragen, immer mit einem gewissen Augenzwinkern bis Jener ihn aus etwas unceremonielle Weise ersuchte, zum Teufel zu gehen. Statt diesen Rath zu befolgen, blieb Bartels gerade vor ihm stehen, sah ihm eine Weile starr in die Augen und fuhr endlich los:

„Weißt Du’s denn schon?“

„Was?“

„Daß sie sich verlobt hat?“

„Wer?“

„Nun, Deine Wassernixe, die schöne Melusine oder Helena oder unter welchem Namen diese Species sonst in der Naturgeschichte vorkommt.“

Erich legte den Schlägel hin und wandte ihm ein völlig gleichmütiges Gesicht zu.

„Ja, ich weiß es schon seit einigen Tagen.“

„Und daß sie gestern abgereist sind?“

„In der That?“

„Und – das ist Dir so ganz einerlei?!“

„Vollkommen. So, da ist Dein Block. Wenn ich weiter haue, verderbe ich ihn Dir am Ende.“

Erich verließ eilig das Atelier. Bartels sah ihm erstaunt nach. „Das ist doch die Möglichkeit – so sehen nun die redlichen Leute aus. Man soll doch keinem Menschen mehr trauen. Nun, die Hauptsache bleibt, daß es ihm ‚einerlei‘ ist. Aber ich gäbe Viel darum, wenn ich wüßte, was da vorgegangen ist.“


(Fortsetzung folgt.)



Blätter und Blüthen.

Faure's Elektricitäts-Ansammler (Accumulator). Just im Beginne des April, wo man auch bei uns den Leuten allerlei Dinge vorredet, die nicht wahr zu sein brauchen, bedeckten sich eines schönen Morgens alle Mauern voll Paris mit großen Plakaten, welche dem Publicum das nahe Ende der Dampf- und Steinkohlenherrschaft und den Beginn des elektrischen Zeitalters verkündeten. Eine neue Erfindung, der Accumulator von Faure, ermögliche es – so hieß es –, beliebige Mengen von Kraft, da wo man sie billig haben könne, z. B. an großen Wasserfällen, in Form voll elektrischer Spannung „auf Flaschen zu ziehen“ und sie daraus nach Bedarf und Belieben zu entnehmen, um sein Haus zu beleuchten, seine Maschinen, Locomotiven, Wagen und Schiffe zu treiben, sodaß Steinkohlen und Pferdekraft überwundene Standpunkte seien. Wie es scheint, hatte man die Bildung einer großen Actiengesellschaft im Auge und gedachte nach amerikanischem Vorbilde eine Anzahl Gimpel anzulocken, die ihre Gelder einem Zukunftsprobleme darleihen sollten.

Im Uebrigen ist die Erfindung nicht uninteressant und möglicher Weise nach bestimmten Richtungen verwertbar. Sie gehört zu den sogenannten secundären galvanischen Batterien, die vor langen Jahren in Deutschland erfunden und durch den französischen Physiker Gaston Planté zu einer bedeutenden Leistungsfähigkeit gebracht worden sind. Diese Batterien bestehen im Wesentlichen aus Bleiplattenpaaren, die in angesäuertem Wasser hängen und mit einer Elektricitätsquelle verbunden werden. Die zuströmende Elektricität wird gewissermaßen all diesen Bleioberflächen durch chemische Veränderungen, die sie daselbst erzeugen, gebunden, oder richtiger gesagt, es wird durch den Strom eine neue Säule von sehr starker Spannung erzeugt, indem sich auf der einen Seite Bleihyperoxyd bildet, welches mit metallischem Blei einen starken Strom liefert. Das Endergebniß gleicht also einer Aufspeicherung des Stromes, die sich dabei auch in verstärkter Intensität wieder gewinnen läßt. Familie Fauré hat nun verstanden, den Bleiplatten der Planté’-schen Secundär-Batterie eine größere Aufnahmefähigkeit zu geben, indem er ihre Oberfläche mit einer Schicht schwammigen Bleies bedeckte, und auf diese Weise konnte er eine Elektricitätsmenge, welche eine Stunde hindurch die Arbeit eines Pferdes leisten kann, in einer Säule von 75 Kilogramm Gewicht aufspeichern. Man sieht, das ist kein besonders großes Kraftquantum für ein so schweres Magazin, aber Fauré hofft die Leistungsfähigkeit der Säule noch steigern zu können, und dann könnte sie ja wohl ein geeignetes Mittel werden, um z. B. eine elektrische Eisenbahn oder ein Schiff zu treiben. Der berühmte englische Physiker Sir William Thomson in Glasgow bestätigte in der „Times“ vom 9. Juni, daß Herr Fauré ihm in einem solchen Kasten von einem Kubikfuß Inhalt eine Million Fußpfunde Elektricität übersandt habe, welche Kraftmenge anscheinend auf der zweiundsiebenzig Stunden langen Reise voll Paris nach Glasgow keine merkliche Verminderung erlitten habe. Nichtsdestoweniger bleibt die Phantasie, in solchen Behältern die Kraft der Wasserfälle zu verfrachten, sehr utopisch: denn es würde augenscheinlich viel geeigneter sein, sie durch Metallstangen fortzuleiten und die Fabriken, wie wir es schon früher in der „Gartenlaube“ betont haben, so nahe als möglich bei den Wasserfällen anzulegen, wie es ja in Schaffhausen und Bellegarde bereits geschehen ist.





Der Maler auf der Studienreise. (Zu unserer Abbildung S. 485.) In dem zum kühlen Trunke einladenden feinsten Wirthshause eines unserer interessanten Gebirgsstädtchen ist ein seltener Gast abgestiegen – einer jener Zauberkünstler mit Pinsel und Palette, die mit wenigen Farben und Strichen die originellen Volkstypen der Umgebung in täuschender Aehnlichkeit auf dem Papier festzuhalten verstehen. Neugierige Augen ertappten ihn bei dieser Thätigkeit auf seinen Wanderungen durch Wald und Flur; geläufige Zungen trugen rasch diese Kunde von Haus zu Haus, und so hat auch des Wirthes Töchterlein den Herrn Maler durch schöne Worte veranlaßt, sie abzuconterfeien. So ein Maler auf der Studienreise arbeitet schnell; bald stand das Fräulein leibhaftig da auf dem weißen Carton. Draußen im Garten in der schattigen Laube wurden dem Bilde noch ein paar charakteristische Farben und Lichter aufgesetzt, und nun tritt der Künstler mit dem fertigen Werke in das Gastzimmer. Da wird die interessante Lectüre des „Stadt- und Landboten“ sofort unterbrochen und Alle – der Herr Oberförster, der Herr Pfarrer und der Herr Amtmann - blicken, wie gebannt vor Staunen auf das so schnell fertig gezauberte Kunstwerk. – So dachten wir uns die Situation, als wir das heute von uns reproducirte treffliche Bild E. Stammel’s zum ersten Mal erblickten, und die Phantasie des Lesers dürfte bei Betrachtung dieser Scene aus dem lustigen Künstlerleben kaum zu einem andern Resultate gelangen.




Kleiner Briefkasten.


E. D.-O. in Teplitz. Sie fordern uns zu einer Schilderung des in Kuchelbad bei Prag ausgeübten mörderischen Anfalls czechischen Pöbels auf deutsche Studenten auf. Inzwischen haben die Tagesblätter ihren Lesern Schilderungen jenes schmachvollen Vorganges so zahlreich geboten, daß wir unsererseits uns füglich ein Eingehen auf den Gegenstand ersparen können, dies um so mehr, als wir zu der Deutschen-Frage in Böhmen bereits in dem Artikel „Die Deutschen in Böhmen“ (vergl. „Gartenlaube“ Jahrg. 1880, Nr. 51) energisch Stellung genommen haben. Wir verfehlen aber nicht, bei dieser Gelegenheit noch einmal unserer tiefsten Entrüstung über die nichtswürdigen Attentate Ausdruck zu geben, welche das Deutschthum in Böhmen zu erleiden hat und welchen die jüngsten Vorkommnisse in Prag die Krone aufgesetzt haben. Es ist in der That weit gekommen in Oesterreich, einem durch deutschen Geist gegründeten und durch Jahrhunderte von diesem Geiste geleiteten Staate. In allen nichtdeutschen Ländern des Reiches der Habsburger ist der Teutsche und das Deutschthum den rohesten Verunglimpfungen und endlich in Böhmen sogar banditenhaften Anfällen ausgesetzt. Mit Recht weisen Sie in Ihrem Briefe auf die Notwendigkeit des engsten Bündnisses zwischen Deutschland und Oesterreich und auf die Gefahren hin, welche dem politischen Zusammengehen der beiden Staaten durch die unaufhörlichen Deutschenhetzen in allen slavischen, magyarischen und sogar in den rumänischen Bevölkerungen der österreichischen Monarchie drohen; denn woher soll die deutsche Nation das Vertrauen auf das Bündniß mit einem Staate schöpfen, der dem deutschen Namen so wenig Achtung zu sichern weiß, daß Ausschreitungen, wie die in Prag, überhaupt noch möglich sind, einem Staate, dessen Armee selbst unter diesem Gegeneinanderhetzen der nichtdeutschen und deutschen Volksteile an Kraft der Einheit einbüßen muß? Aber die Pöbeltumulte in Prag gewinnen noch an Bedeutung, wenn wir bedenken, daß sie sich in erster Linie gegen den Geist der überall so hochgeachteten deutschen Universitäten richteten, daß die Czechen durch dieselben einen Gewaltact rohester Art gegen die älteste Hochschule Deutschlands verübten. Schon spricht man in Zeitungen davon, daß der Aufenthalt der deutschen Studenten zu Prag in Zukunft ein Ding der Unmöglichkeit sein wird. So weit darf es nicht kommen. Die deutschen Hörsäle der ehrwürdigen Carolina Ferdinandina dürfen nicht leer bleiben. So viel an uns liegt, werden wir unsere Pflicht thun und unsere Landsleute all den durch Jahrhunderte blühenden Ruhm dieser Pflanzstätte deutschen Geistes erinnern sie ermahnen, muthig auf ihrem Posten auszuharren. Zu diesem Zwecke gedenken wir in nächster Zeit einen Artikel über die Bedeutung der deutschen Universität in Prag zu bringen. Bis dahin aber rufen wir den Gehetzten zu: Laßt euch durch Acte brutaler Gewalt nicht beirren! – In dem Kampfe der Völker siegen schließlich Bildung und Aufklärung.

Herm. G-ch in Dresden. Machen Sie gütigst die nötigen Angaben! Ihr Wunsch wird dann beim Abdruck der nächsten Liste Berücksichtigung finden. Freilich werden Sie sich noch längere Zeit gedulden müssen.

H. H. in Alexandrien. Wir schrieben Ihnen nicht, weil Sie uns Ihre nähere Adresse nicht angegeben hatten. Ihren Artikel acceptiren wir mit bestem Dank.

B. D. in Göttingen. Es freut uns, Ihnen raten zu können. Aus Anlaß der am 8. Juli dieses Jahres erfolgten zweihundertjährigen Gedächtnißfeier des Todes Georg Neumark’s ist im Verlage von Hermann Beyer und Söhne in Langensalza eine Festschrift „Georg Neumark nach Leben und Dichten“ von Franz Knauth[WS 1] erschienen. In dem Werkchen finden Sie die gewünschte Aufklärung über den Dichter.

Zwei Freunde. Dietrich!

M. M. in Leipzig. Wir bedauern sehr, Ihnen eine Auskunft nicht ertheilen zu können. Es giebt allzu viele Familien, welche die von Ihnen erwähnten Namen tragen.

Kl. Abonnentin in Schlesien. Die gewünschte Adresse lautet: Herrn Professor Emanuel Geibel in Lübeck.

C. M. in L.. Die Adresse ist Redactionsgeheimniß, soll Ihnen aber unter Discretion brieflich mitgeteilt werden, wenn Sie Ihren vollen Namen nennen.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Anführungszeichen versetzt.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 488. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_488.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2023)