Seite:Die Gartenlaube (1881) 436.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

seines Werkes über Skandinavien und Belgien nach Island, um uns im zweiten Bande „Englische Studien“, „Französische Provinzfahrten“ und „Bilder aus Spanien“ zu bieten. Wenn ein so reiches Programm zur Geschichte von Land und Lenken der Gegenwart schon an und für sich eine starte Anziehungskraft auf jeden Freund ethnographischer Lectüre üben muß, so wird sich der Leser bei genauerer Kenntnißnahme von Nordau’s „Vom Kreml zur Alhambra“ um so mehr gefesselt fühlen, als dieselben neben den Vorzügen einer überaus farbenreichen und lebhaften Darstellung sich durch gediegenen sachlichen Inhalt und viel Selbstständigkeit in der Beurtheilung der einzelnen Völkerindividuen auszeichnen. „Im intimen Umgänge mit den verschiedenen Völkern Europas,“ sagt Nordau im Vorworte seines vortrefflichen Buches, „erkannte der Verfasser, daß jedes derselben neben weniger rühmlichen doch auch treffliche Eigenschaften besitze, daß selbst die auf den ersten Anblick abstoßenden Züge ihres Charakters, wenn man ihre geschichtlichen, klimatischen und ethnographischen Ursachen kennt, in einem viel spmpathischeren Lichte erscheinen und daß man überhaupt jedes Volk lieben müsse, wenn man in seine Sprache, seine Literatur, seine Vergangenheit eingedrungen ist.“

Die in diesen Worten angedeutete Idee, eine sympathische und wohlwollende Beurtheilung der Culturnationen unter einander mehr und mehr anzubahnen, findet fast in jedem Abschnitte des Nordau’schen Werkes einen wohlthuenden Ausdruck, und so hilft es in der That eine ebenso wichtige wie menschlich schöne Aufgabe unserer Tage würdig lösen – eine Mission, als deren einsichtsvollen Vertreter und thatkräftigen Träger Max Nordau sich bereits früher in seinem einer ähnlichen menschheitlichen Idee dienenden Buche „Paris unter der dritten Republik“ (Leipzig, Bernhard Schlicke. Dritte Auflage. 1881) auf das Glänzendste legitimirt hat.




Zwei Lieder von Th. Sternberg

Leben ist Nebel
(nebeL = lebeN).

Ja, Leben ist Nebel;
Verstehst du den Sinn?
Und Nebel ist Leben,
Fährt schnell dahin.

Und was wir erworben
Und was wir geliebt,
Wir sollen’s verlieren:
Der Nebel zerstiebt.

Ja, all unser Hoffen
Und all unser Glück
Entrückt uns die Wolke,
Giebt nichts mehr zurück.

Und fragst du, o Seele:
„Was bleibt mir zuletzt?“
Das Leben ist Nebel –
O, weißt du es jetzt?



Nizza.

Im dunklen Kranz der Berge
Seh’ ich ein sonnig Thal:
Auf hohen Felsen wohnet
Die Blum’ im Sonnenstrahl.

In stillen Buchten ruhen
Die Meereswogen aus,
Und weiße Segel gleiten
Wie Vögel still nach Haus.

Die alten Burgen schlummern
In grauer Sagen Nacht,
Und tief im Schluchtendunkel
Der Quell nur plaudernd wacht.

Die Küsten fernhin ziehen,
Verschwimmend wie im Traum -
Man sieht die Brandung steigen
So fern – man hört sie kaum.

In all den reichen Gärten
Schneeweiße Villen drin -
Und auf dies Bild des Friedens
Sinkt leis der Abend hin.




Im Pfarrhof. (S. Abbildung S. 425.) Es ist ein sinniges Bild, in welchem A. van der Benne in drei lebensvollen Gruppen die Contraste der edlen Kunst des Essens uns vor Augen geführt hat: die fahrende Familie, welche sich im Pfarrhofe ihre Kartoffelsuppe bereitet, die beiden Herren Confratres, welche in einer schattigen Laube des Hintergrundes ihr „täglich Brod“ genießen, und zum Dritten die Pfarrköchin, welche in Gemeinschaft mit dem hochgehaltenen gefüllten Truthahn die geschmackvollste Gruppe bildet.

Dem Künstler war es offenbar nur um den Contrast in höherer Potenz zu thun, nicht um einen moralisirenden Fingerzeig: nur vier Augen richten von der Nomadengruppe sich auf den Truthahn, während die Mutter zufrieden ihre Kartoffeln schält und selbst der Esel seine Aufmerksamkeit nur den Disteln schenkt, die wie für ihn da gewachsen sind. Indem schmeckt dem Manne das Pfeifchen; er ist nicht ganz arm. Und wie rücksichtsvoll hat der Maler die beiden schmausenden Herren in eine Ferne gerückt, wo sie weder stören noch gestört werden, während der Köchin frisches, liebliches Gesichtchen verräth, daß sie ein gutes Herz hat und daß sie obendrein nicht nur den Topf der armen Frau auf ihren Herd setzen, sondern auch noch vom Ueberfluß der Pfarrküche etwas hineinfallen lassen wird. – Wenn wir das Bild so betrachten, haben wir es gemacht wie die Biene, die aus den Blumen nur das Süße zieht und das Gift darin läßt.




Kleiner Briefkasten.


K. W. in C. Sie schreiben uns, daß Sie sich für die Wiederherstellung der Marienburg nicht begeistern können, weil Ihnen aus unsern beiden Bildern in Nr. 17, welche den Stadt- und den Capellenflügel des Hohen Hauses darstellen, die architektonische Schönheit des Baues nicht entgegentrete. Nun wohl, das war auch gar nicht die Absicht jener Bilder, welche nur den Vandalismus, der an der Burg verübt wurde, zur Anschauung bringen sollten. Sehen Sie sich gefälligst unsere Abbildungen der Marienburg im Jahrgang 1859, Nr. 6 an, und Sie werden sich zu der Ansicht bekehren, daß die Marienburg in ihrer ursprünglichen Gestalt von außerordentlicher Schönheit ist. Leider ist das großartige und kunstvolle Bauwerk, wie unser Artikel darthut, in seinen einzelnen Theilen in unverzeihlicher Weise zerstört worden. Der Zweck, den wir mit der bildlichen Wiedergabe gerade der am schändlichsten ruinirten Partien des Hohen Hauses verfolgten, war, unsern Lesern die dringende Nothwendigkeit der Wiederherstellung eines im Großen und Ganzen ihnen aus unsern früheren Jahrgängen bekannten Prachtbaues deutlich vor die Augen zu führen.

D. C. in Hemmingstedt. „Goethe auf dem Todtenbette“ ist von Professor Dr. Friedrich Preller gezeichnet worden. Diese nach der Natur gefertigte Originalzeichnung ist das einzige Todtenportrait des Dichters, welches auf uns gekommen ist. Erst nach sechsundvierzig Jahren, wenige Wochen vor seinem Tode, konnte sich der Künstler entschließen, in die Vervielfältigung der bis dahin sorgsamst gehüteten Zeichnung zu willigen; es geschah nur, um durch den Verkauf der Drucke der Elisabeth-Rosen-Stiftung zu Karlsbad eine Einnahmesteuer zuzuwenden. Der Vertrieb dieses Lichtdrucks (Quartformat, Preis 2 Mark) wurde der Verlagshandlung von Paul Bette in Berlin W, Kronenstraße 37, übertragen.

Studenten-Massenbesuch auf der Wartburg. Ihre Anfrage er reichte uns leider zu spät; denn unsere Pfingstnummer befand sich beim Empfange Ihres Schreibens bereits im Druck. Warum gaben Sie Ihre Adresse zu brieflicher Beantwortung nicht an?

K. E. in L. Wenn Sie unserem Artikel „Der Spargelbau in Braunschweig“ von Ferdinand Sonnenburg (Nr. 21) Unvollständigkeit vorwerfen, weil er in der Aufzählung anderer durch Spargelbau bekannter deutscher Ortschaften „einigermaßen willkürlich“ verfährt, so haben wir darauf zu erwidern, daß eine Vollständigkeit weder in der Absicht noch in der Ausgabe dieser Aufzählung liegen konnte. Sie haben allerdings vollkommen recht, wenn Sie unter anderen Orten Schwetzingen in Baden zu den hervorragendsten Pflanzstätten für den deutschen Spargelbau zählen.

Es werden dort, wie man uns schreibt, in manchen Jahren mehr als 10000 Centner vorzüglicher Spargel gebaut und das Versandgebiet derselben gehört zu den ausgebreitetsten in Deutschland.

A. B. in Trier. Es ist eine Pflicht der Höflichkeit, einer vielbeschäftigten Redaction nur leserliche Manuscripte einzusenden. Das Ihrige hat auf dieses Prädicat keinen Anspruch.



Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das zweite Quartal des laufenden Jahrgangs. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahres aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung.


Das nächste Quartal gedenken wir mit der feinsinnigen Erzählung „Mutter und Sohn“' von A. Godin

zu eröffnen und neben derselben die in den jüngsten Nummern begonnene Artoria’sche “Novelle „Ungleiche Selen“ zu Ende zu führen.

Ein besonderes Interesse dürften die am Schlusse des vorigen Jahrgangs angekündigten und nunmehr zum Drucke vorbereiteten Schilderungen in Wort und Bild von Rudolf Cronau’s Reise um die Welt in Anspruch nehmen, welche wir im Laufe des kommenden Vierteljahrs unter der Rubrik „Um die Erde" zu veröffentlichen beginnen werden. – Selbstverständlich haben wir außerdem für ein reichhaltiges Programm unterhaltend belehrender Beiträge Sorge getragen, aus deren Reihe wir hier nur die folgenden hervorheben: zunächst zeitgemäße Betrachtungen unter dem Titel: „Nihilismus und russische Dichtung“ von Wilhelm Goldbaum, sodann eine Anzahl instructiver Artikel aus dem Gebiete der Gesundheitspflege, ferner pädagogische Beiträge zur Frage der Arbeitsüberbürdung unserer Jugend in den Schulen von verschiedenen Autoren und endlich literar- und kunsthistorische Aufsätze von Rudolf von Gottschall, Hermann Kretschmar u. A. Auch werden nunmehr unsere Skizzen über die liberalen Parteien des deutschen Reichstags ihren Abschluß finden, indem wir den beiden bisher publicirten Besprechungen der Secessionisten und der nationalliberalen Partei als dritten und letzten Artikel eine historische Würdigung der Fortschrittspartei aus berufener Feder folgen zu lassen gedenken.

Die Redaction der „Gartenlaube“.


Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1881, Seite 436. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_436.jpg&oldid=- (Version vom 10.9.2022)