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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Abfertigungsstelle eingerichtet ist, ebenso werden die steuerpflichtigen Pakete besonders behandelt.

Von diesem großen Niederlagsraum aus führen sechs Thüren auf den längs derselben hinlaufenden Perron, an welchen zu bestimmten Stunden, täglich dreimal, die Postpaketbestellwagen herangeschoben werden. Von hier erfolgt nun die letzte Verladung, und die Pakete werden direct ihren Eigenthümern zugeführt. Alle diese Verrichtungen folgen aber so schnell auf einander, daß die eine Stunde vor der festgesetzten Abfahrtszeit der Bestellwagen eingehenden Pakete noch mit zur Bestellung gelangen. In der Post giebt es eben keine Pause; Tag und Nacht wird hier gearbeitet.

Dreimal füllt und leert sich dieser gewaltige Raum, des Morgens, des Mittags und in den späteren Nachmittagsstunden. Fluth und Ebbe wechseln hier ganz regelmäßig mit einander ab, und am Morgen ist die Fluth am stärksten, so daß der mächtige Raum oft bis obenan mit Gütern aller Art gefüllt ist.

Da lagern Pakete in allen Formen und Arten auf und neben einander. Hier ein zierliches Paket an eine Modistin, daneben

Das kaiserliche Paket- und Zeitungspostamt in Leipzig: Der Zeitungsverpackungssaal.
Für die „Gartenlaube“ aufgenommen von H. Heubner.

die Wäschkiste für einen Studenten, auf ihr eine sogenannte „Futterkiste“ für einen Soldaten; dort ragt ein schwarzer Cellokasten hervor, an den sich eine wohlverpackte Jagdbüchse anlehnt. Wohin man auch sieht, nichts als Schachteln, Kisten, Koffer, Körbe, Fäßchen, Pakete aller Art. Draußen am Perron halten die Bestellwagen. Beamte und Unterbeamte haben vollauf zu thun. Ein reges Leben herrscht in der Halle – die Ebbe beginnt. Bald ist alles eingeladen; die Postillone besteigen ihre Plätze, und mit der Minute fahren die zwanzig Wagen ab, einer nach dem andern dem betreffenden Stadtpostbezirk zu. Jetzt ist alles leer, aber bald füllen sich die Räume wieder, und so wiederholt sich unablässig dieses bunte Treiben.

Zu gewissen Zeiten treten aber auch Springfluthen ein, nämlich zu Weihnachten und zu den Meßzeiten. Gewöhnlich sind hier siebenzehn Beamte und mit Einschluß der Paketbesteller achtunddreißig Unterbeamte thätig, bei Eintritt der Hochfluthen aber reicht das vorhandene Personal nicht aus; dann müssen zahlreiche Hülfsarbeiter zur Bewältigung der riesigen Arbeit angenommen werden. Aber selbst bei dem regsten Verkehr – im Jahre 1880 gingen 1,335,096 für den Ort bestimmte Pakete, mithin täglich 3708 Stück ein – herrscht die größte Ordnung, und ganz besonders muß hervorgehoben werden, daß die Pakete mit der möglichsten Schonung behandelt werden. Kommt aber doch einmal eine Irrung vor, so wird dieselbe baldigst aufgeklärt. Meist ist das Publicum selbst daran schuld; denn die Adressen sind mitunter unvollständig oder so schlecht geschrieben, daß sie nur schwer gelesen werden können, und öfter ist auch die Verpackung eine ungenügende. Man erleichtere also durch festes Einpacken, durch genau und deutlich geschriebene Adressen, namentlich auch dadurch, daß man die Pakete selbst mit vollständiger Adresse versieht, den Postbeamten ihre schwierige Aufgabe!

Jetzt aber steigen wir in die obere Etage, um dem Zeitungspostamte unsern Besuch abzustatten. Diese Abtheilung versendet nur die bei der Post bestellten in Leipzig erscheinenden Zeitschriften, zur Zeit 250. Außerdem hat sie für Leipzig und dessen Vororte die in Oesterreich, Baiern und Württemberg erscheinenden Zeitschriften zu besorgen und ist die einzige Postanstalt, die den Zeitungsverkehr zwischen Deutschland und Italien, sowie den Zeitungsverkehr mit dem deutschen Postamte in Constantinopel vermittelt. Auch hier ist Tag und Nacht keine Ruhe. In mächtigen, oft centnerschweren Ballen kommen die Zeitungen bei der im Parterre gelegenen Zeitungsabnahmestelle an und werden nun mittelst eines Fahrstuhls in den im ersten Stockwerke befindlichen achtzig Schritte langen und vierzehn Schritte breiten Zeitungsverpackungssaal gebracht und dort gegen Quittung übernommen. Der große weite Raum – unser Bild zeigt ihn – ist in zwei Abtheilungen getheilt. Die kleinere ist zur Vertheilung und Verpackung der politischen Blätter bestimmt; die andere größere, durch siebenzehn Fenster erhellte Abtheilung nimmt die wissenschaftlichen, die illustrirten Blätter, die Fachzeitungen etc. auf und steht mit den daranstoßenden Bureaus der Beamten in unmittelbarer Verbindung.

Der Saal ist mit einer großen Anzahl numerirter Regale, deren jedes wieder in viele Fächer getheilt ist, gefüllt. Der ganze Zeitungsverkehr ordnet sich nämlich nach den Eisenbahnverbindungen in 167 Course.

Ein solcher Cours umfaßt nun alle die an der betreffenden Linie gelegenen Postanstalten. Hier ist also z. B. das Regal mit dem 79. Cours Altona-Kiel. Ueber den Fächern lesen wir nun der Reihe nach die Namen: Albersdorf, Arnis, Ascheberg, Barmstedt, Bordesholm, Bornhöved, Bramstedt, Büsum, Burg auf Fehmarn, Cismar etc. Eben wird eine illustrirte Zeitschrift expedirt: da heißt es so und soviel Exemplare nach Albersdorf, so und soviel nach

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_413.jpg&oldid=- (Version vom 26.6.2022)