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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

Blätter und Blüthen.

Ludwig Samson Freiherr von und zu der Tann-Rathsamhausen weilt seit einigen Wochen nicht mehr unter den Lebenden. Er gehört zu den Männern, welche deutsches Volk und deutsche Ehre hoch „über Alles“ schätzten. Als Sohn eines baierischen Oberstlieutenants und Sprosse eines alten fränkischen Geschlechts, dessen Stammschloß sich in der Stadt Tann an der Ulster noch heute im Besitze der Familie befindet, am 18. Juni 1815 geboren, erhielt er seine wissenschaftliche Ausbildung in der königlichen Pagerie zu München und trat am 1. August 1833 als Junker in das erste Artillerieregiment ein. Wenige Monate später zum Unterlieutenant und 1840 zum Oberlieutenant befördert und in den Generalstab berufen, wurde er zugleich Adjutant des damaligen Kronprinzen Maximilian, mit dem er 1844 Griechenland besuchte und der auch als König ihn stets zu schätzen wußte. So war er im März 1848 bereits zum Major und Flügeladjutanten des Königs aufgestiegen, als die Kunde von der Erhebung Schleswig-Holsteins gegen Dänemark blitzschnell durch ganz Deutschland drang und alle patriotischen Herzen entflammte. Auch von der Tann folgte dem allgemeinen Rufe zu den Waffen. Er stellte sich an die Spitze einer Freischaar und verstand das anfangs verrufene Freischaarenwesen so energisch zu ordnen, daß die Waffenthaten desselben sich allgemeine Achtung, ja Bewunderung erzwangen. Als der dort commandirende alte General von Wrangel Nordschleswig den Dänen preisgegeben hatte, war es von der Tann, der am 7. Juni 1848 mit 400 Freiwilligen die ihm gegenüberstehenden 5000 Dänen bei Hoptrup angriff und siegte. Diese That, seine heldenmüthige Vertheidigung von Apenrade und die Versenkung des Dampfschiffes „Hertha“ im kleinen Belt bei Aroesund erhoben ihn zum gefeiertsten Volkshelden jener Tage. Nach Abschluß des Malmöer Waffenstillstandes kehrte er, von den Segenswünschen Schleswig-Holsteins begleitet, in die Heimath zurück. Während der beiden nächsten schleswig-holsteinischen Kriege (1849 und 1850) nahm er als Oberstlieutenant und Stabschef der unter dem Prinzen Eduard von Sachsen-Altenburg stehenden Division 1849 an der Erstürmung der Düppeler Schanzen Theil, und stand 1850 an der Seite des Generals von Willisen als Chef des Generalstabs. Schleswig-Holsteins Stern sollte damals untergehen; die Diplomatie feierte ihre traurigen Triumphe, und von der Tann trat als Oberst wieder in den Dienst seines Königs, der ihn 1855 zum Generalmajor und im Dezember 1859, nachdem er ihm kurz vorher das Commando der ersten Infanteriebrigade übergeben, zu seinem Generaladjutanten ernannte. Im Februar 1861 schlug er als Generallieutenant und Generalcommandant seinen Sitz in Augsburg auf, nahm aber nur wenige Monate später dieselbe Stellung in München ein.

Das Jahr 1866 brachte offenbar dem Herzen des kerndeutschen Mannes eine schwere Prüfung: der deutsche Bruderkrieg brach aus; der einundsiebenzigjährige Prinz Karl von Baiern übernahm den Oberbefehl über das siebente deutsche Bundescorps, und von der Tann wurde dessen Generalstabschef. Nachdem er am 14. Juni in Olmütz die Convention mit Oesterreich abgeschlossen hatte, übernahm er die Leitung der Operationen, die bekanntlich zu keinem baierischen Siege führten. Die Ultramontanen, denen von der Tann als deutscher Patriot und als Protestant von jeher doppelt verhaßt war, benutzten, namentlich in ihren Scandalblättern, gierig die Gelegenheit, die alleinige Schuld dieses Mißgeschickes auf ihn zu wälzen.

Das Urtheil seines Königs über ihn und seinen Werth wurde durch diese Vorgänge nicht berührt; im Gegentheil: er wurde 1867 zum Oberstinhaber des elften Infanterieregiments und zwei Jahre später zum General der Infanterie erhoben und beim Ausbruche des französischen Krieges mit der Führung des ersten baierischen Armeecorps betraut.

Die Thaten von der Tann’s in diesem Kriege stehen dem Gedächtnisse unserer Leser zu nahe, als daß wir sie einzeln aufzählen müßten. Sein Corps focht mit bei Wörth, bei Beaumont und bei Sedan; er eroberte Orleans und vollbrachte vor der Uebermacht der französischen Loire-Armee seinen musterhaften Rückzug von Coulmiers nach Toury, kehrte mit dem Großherzog von Mecklenburg nach Orleans zurück und war zuletzt, zugleich mit dem Führer des zweiten baierischen Armeecorps, von Hartmann, vor Paris thätig, bis der Friede ihn mit der Siegerheimkehr lohnte. Auch nach dem Frieden war er an der Spitze des ersten baierischen Armeecorps geblieben, bis der Tod ihn im Bade Meran am 26. April plötzlich „zur großen Armee“ abberief.

Die Trauer um den deutschen Volks- und Vaterlandshelden war eine so allgemeine und innige, daß es uns nicht wundern darf, wenn auch die schwarze Rotte sich noch einmal aufraffte, um dem verhaßten Manne den Sarg mit ihrem „baierischen Vaterlands“-Gift zu bespritzen. (Vergl. „Gartenlaube“ 1862, Nr. 12 und 1870, Nr. 47)

Fr. Hfm.     




Schwere Elternsorgen! Unter dieser Bezeichnung registriren wir heute drei Vermißte im Knaben- und Jünglingsalter, zu deren Wiederauffindung wir die schon so oft bewährte Hülfe unserer Leser dringend anrufen.

1) Der fünfzehnjährige Sohn des Cantors Hübner in Rengersdorf bei Marklissa (Reg.-Bez. Liegnitz), Gustav Hübner, war bei einem Buchbinder in Lauban in der Lehre, und verließ das Haus seines Meisters heimlich am 30. Januar dieses Jahres. Vierzehn Tage später kam ein Brief von ihm, aus Petersdorf bei Halle an der Saale, bei seinem Vater an, in welchem er um Verzeihung bat und Heimkehr (und zwar über Magdeburg-Berlin) versprach, wenn ihm einiges Geld nach Bernburg, postlagernd, geschickt würde. Dies geschah sofort, aber statt des Sohnes kam das Geld, das bei der Bernburger Postbehörde nicht abgeholt worden war, zurück. Der junge Mensch ist seitdem spurlos verschollen. Er trug dunkle Kleidung; Ueberzieher, Rock und Hosen waren schwarz-blau; die Weste war grau; er ist von Statur groß und stark, stottert und hat erfrorene Hände.

2) Hermann Steinbach, der 12½ Jahre alte Sohn des Hutfabrikanten Robert Steinbach in Magdeburg, ein Gewerbeschüler, ist am 15. December 1880 aus der Schule nicht in das Elternhaus zurückgekehrt und seitdem trotz aller obrigkeitlichen Nachforschungen spurlos verschwunden. Er trug einen schwarzcarrirten Tuchanzug, Stiefeln mit Lackkappen und rothgeränderte Strümpfe und hat dunkelblondes Haar, starke Augenbrauen, weiße Gesichtsfarbe und etwas aufgeworfene Lippen.

3) Eine Wittwe wohnte in München mit ihrem Sohne zusammen, einem braven jungen Mann, der als Buchbinder dort arbeitete und jeden verdienten Pfennig der Mutter zuwandte. Da kam, während mehrtägiger Abwesenheit der Wittwe, eine Postanweisung von ihrer Tochter an sie an, und da auch der Sohn nicht daheim, sondern in seiner Werkstatt war, so hatte der Postbote die Sendung einer Nachbarsfrau übergeben, die auch ihren Namen in das Quittungsbuch setzte. Die Postanweisung kam jedoch nicht in die Hände der Wittwe, dagegen behauptete die Nachbarin, sie dem Sohn übergeben zu haben. Vor das Postamt gefordert, leugnete der junge Mensch beharrlich jede Kenntniß von dieser Geldanweisung, und auch als der betreffende Beamte mit Drohungen ihn zum Geständniß aufforderte, blieb er fest bei der Behauptung seiner Unschuld, aber er verließ sofort München; das geschah am 4. Juli 1881), und seitdem ist es weder der Mutter noch der Schwester gelungen, eine Spur von ihm aufzufinden. Die Mutter ist so trostlos über den Verlust ihres wahrhaft braven Sohnes, daß ihr der Gram in kurzer Zeit das noch nicht zu alte Haupt gebleicht hat. Die Unschuld des Sohnes ist längst erwiesen: jene Postanweisung ist von unredlichen Händen benutzt worden, wie bereits eingestanden ist. Aber den jungen Menschen hat die Scham über solch einen Verdacht fortgetrieben. Er heißt Cajetan Wolfgang Koppel, ist am 20. September 1863 zu Linz in Oberösterreich geboren und heimathberechtigt zu Schwaz in Tirol; die Erscheinung des siebenzehneinhalbjährigen Jünglings ist eine angenehme, indem er sich durch schlanke Gestalt, ganz goldblonde, dichte Locken, große blaue Augen und ein volles, rundes Gesicht auszeichnet; auch ein besonderes Kennzeichen fehlt ihm nicht: eine Narbe, Schnittwunde, mitten durch die Stirn. Möge der armen Mutter bald eine Kunde von ihm oder über ihn zukommen!




Am Brunnen. (Mit Abbildung S. 325.) Bedarf dieses reizende Genrebild C. Böker’s einer wortreichen Erklärung? Es spricht ja deutlich genug für sich selbst, wie jedes dem Leben abgelauschte Kunstwerk. Sind sie nicht unsere guten Bekannten – diese sonnige Gebirgslandschaft, das junge Dirndl am Brunnen und der alte gebeugte Landbriefträger? Ja, dieser Briefträger! Vielen mag er schon als ein unheimlicher Sendbote des unerbittlichen Schicksals erschienen sein; denn seine einfache lederne Tasche enthält nur zu oft den ganzen Jammer des irdischen Daseins. Nun, die Nachricht, welche er heute dein Mädel auf unserem Bilde gebracht, war gottlob nicht verhängnißvoll. Frohe Botschaft der Liebe war sie vielmehr. Das können wir mit gutem Gewissen behaupten; denn zu unverkennbar hat der Künstler ihr junges, rundes Gesichtchen zum Spiegel so froher Botschaft gemacht. „Möge der Sommer ihres Glückes blühen!“




Kleiner Briefkasten.

H. B. Sheboygan in Wisconsin. Das von Ihnen beobachtete Phänomen war eine mit Regenbogen verbundene Nebensonnen-Erscheinung, wie sie durch Brechung der Sonnenstrahlen in sehr kleinen Eiskrystallen, die in der Luft schweben, entsteht. Diese Erscheinungen lassen sich in einer völlig befriedigenden Weise erklären, erfordern aber für das Verständniß eingehendere mathematische Kenntnisse. Andeutungen darüber finden Sie in jedem besseren physikalischen Lehrbuche.

M. B. in Braunschweig. Wiederholen Sie gütigst Ihr Anliegen unter Angabe Ihrer vollen Adresse! Wir beantworten, wie bereits oft erklärt, alle an uns gestellten Anfragen lieber auf brieflichem Wege.

W. Th. A. in Berlin. Recht hübsch zwar, namentlich „December“, aber bei dem lyrischen Sprühregen, der sich täglich über die „Gartenlaube“ ergießt, ist die einzig mögliche Antwort: „Wolfsschlucht“. Besten Dank!

Ernestine C. in New-Orleans. Leider ungeeignet! Verfügen Sie gütigst über das Manuscript!

M. F. in Dortmund. Den Roman „Ein Held der Feder“ von E. Werner finden Sie im Jahrgang 1871.

L. R. in L. Leider ungeeignet.

C. F. A. in Rostock. Die uns zum eventuellen Abdruck gesandten Manuscriptblätter dürfen nur auf einer Seite beschrieben sein.

Ottomar Sch. in Weißenfels. Die gewünschte Adresse lautet einfach: Guido Hammer in Dresden.

H. 1000 in Görlitz. Nein!

R. K. in W. Sie haben vollkommen Recht. Von einer unwürdigen Beisetzung Schiller’s , wie unser Lessing-Artikel (Nr. 7, S. 116) sich irrthümlich ausdrückt, kann keine Rede sein. Die „Gartenlaube“ selbst hat diese jahrelang verbreitete falsche Meinung bereits früher in ihrem Artikel „Der katholische Schiller“ von Robert Keil (vergl. Jahrg. 1875, S. 134 ff.) auf das Gründlichste widerlegt.

Ein Abonnent in Florenz. Die Artikel Die Truppen des italienischen Feldzugs und Eine Hirschjagd auf Java finden Sie beide im Jahrgang 1859.

O. in Wladiwostok. Ja! Nach den deutschen Reichsgesetzen, die Civilehe betreffend, ist es erlaubt.

E. S. in A. Ein kleines Talent, für die Veröffentlichung nicht bedeutend genug – zu wenig eigenartig.

M. im Bodenstein. Nein! Die „Gartenlaube“ ist kein Nachweisungsbureau.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_336.jpg&oldid=- (Version vom 12.9.2022)