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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

worden, und die der Nordseite zugekehrten Räume werden durch viereckige Oberlichtfenster im Scheitel der Gewölbkoppen noch besonders erhellt. Die neun mittelsten Pfeilercompartimente der Nordgallerie wurden speciell zum Tempel des preußischen Herrscherruhms bestimmt, die mittelsten vier Pfeiler dagegen hinweggenommen, und so gewann man einen quadratischen Raum, dessen Seitenmauern weit über die bisherige Dachhöhe des alten Zeughauses hinausgeführt und dann durch eine flache Kuppel überwölbt wurden.

Von außen her gesehen, wird dieser höhere quadratische Mittelbau der Nordseite oben mit einer Balustrade abgeschlossen, auf welcher römische Trophäen, genau im Stil der so häufig auf dem alten Gebäude wiederkehrenden, aufgestellt sind. Von ihr umgeben, erhebt sich die in Kupfer getriebene äußere Schutzkuppel, während die gemauerte Kuppel im Innern auf einem eisernen Ringe ruht, der nur an den vier Berührungspunkten auf den tragenden Mauern aufliegt. Um ihnen und den an den vier Ecken eingefügten, leichten, dünn gemauerten Zwickeln die für sie zu schwere Last zu erleichtern, ist diese innere Kuppel in den vier Ecken durch ein darüber errichtetes eisernes Hängewerk gleichsam schwebend gehalten. Die Gallerien der Nordseite zur Rechten und Linken dieser mit einer Kuppel überwölbten Herrscherhalle sind zur Ruhmeshalle der preußischen Feldherren bestimmt.

Gegen die auf sie mündenden Nord- und Westgallerien werden sie zwischen den Pfeilern durch prachtvolle, von E. Puls (Berlin) mit der ganzen Kunst der alten Augsburger und Nürnberger Meister in Eisen geschmiedete Gitterthore abgeschlossen, wie auch ähnliche Gitter von nicht minder reicher Zeichnung, im Stil der edelsten Barocke von demselben Meister geschmiedet, im Erdgeschoß die Gallerien des Ingenieur- und Artilleriemuseums zur Rechten und Linken der mittleren Eingangshalle des Gebäudes abschließen.

Auf den ihrer Bestimmung entsprechenden künstlerischen Schmuck wird sowohl die Herrscher- wie die Feldherrenhalle wohl noch manches Jahr zu warten haben, und von ihrer dereinstigen reichen, farbigen Erscheinung kann man sich gegenwärtig noch kaum ein Bild machen. Nur Einiges mag schon jetzt hier hervorgehoben werden. So sollen unter Andern die großen halbrund abgeschlossenen Wandflächen der Feldherrenhalle in späteren Zeiten mit den Bildern von Ruhmesthaten der preußischen Armee geschmückt werden, während die Büsten der Führer der letzteren auf hohen hermenartigen schwarz marmornen Postamenten vor den Pfeilern ihre Aufstellung finden werden.

Die vier Gemälde an den entsprechenden Wandflächen der Herrscherhalle rechts und links von der Eingangsthür und drüben zu beiden Seiten der dort hinein vertieften Nische sollen jene großen geschichtlichen Ereignisse darstellen, welche vier verschiedene Epochen der Entwickelung der preußischen Herrschermacht eröffnen und bezeichnen: Die Krönung Friedrich’s des Ersten zu Königsberg, gemalt von Camphausen, die Huldigung der schlesischen Stände vor Friedrich dem Zweiten, gemalt von Steffeck; der Aufruf Friedrich Wilhelm’s des Dritten an sein Volk von Bleibtreu, und die Kaiserproclamation zu Versailles von Anton von Werner. Dagegen sind für die weißen Flächen der vier Gewölbzwickel und die innere flache Kuppelhöhlung selbst Gemälde symbolischen Stoffes und idealen Stiles projectirt, für welche Aufgabe in dem Maler Geselschap der vor Allen berufene und auserwählte Künstler glücklich gefunden worden ist.

Auf den Zwickeln finden in runder Umrahmung die symbolische Gestalten der vier Herrschertugenden: Weisheit, Mäßigung, Tapferkeit und Gerechtigkeit ihren Platz, und aus vergoldeten Schilden unterhalb derselben sind, durch Lessing in Stuck modellirt, Handlungen dargestellt, in welchen diese Tugenden sich äußern. Auf den großen Schildbogenflächen, welche von rein ornamental behandelten Dreiecken seitlich eingeschlossen werden, werden in figurenreichen Compositionen folgende Darstellungen ihren Platz finden: die Herausforderung des Vaterlandes durch äußere Feinde, die Vertheidigung seines Bodens, die Hineintragung des muthwillig entstammten Krieges auf des Feindes Gebiet, der Sieg und die Vereinigung der deutschen Stämme. Auf dem Kuppelgemälde, dessen Cartons und große Farbeskizzen bereits eine volle Anschauung seiner künftigen Erscheinung gewähren, sieht man in friesartiger Composition auf Goldgrund zwischen einer obern und untern ornamentalen Einfassung einen ringförmig geschlossenen Zug dahinschwebender charaktervoller Idealgestalten; die letzteren stellen den Triumph des Siegers, den Stolz, den Glanz und strahlenden Pomp des Kriegers und auf der andern Seite den Jammer der besiegte und gestürzten Herrscher, über welchen die Nemesis den Stab bricht, das Weh der gefangenen Krieger und des unterworfenen Volkes dar.

In diesen Schöpfungen Geselschap’s vereinigt sich die ideale Großartigkeit der Anschauung und Gestaltung mit gründlichem Naturstudium, eine wahrhaft rafaelische Schönheit der Zeichnung mit der harmonischen Pracht des Colorits. Unter den Werken der deutsche monumentale Malerei unseres Jahrhunderts werden diese immer unter den ersten genannt werden.

Der plastischen Kunst bleibt ebenfalls ein bedeutender Antheil an der Ausschmückung der Herrscherhalle zugewiesen: In der mit rothem Stuckmarmor ausgekleidete Nische, der Thür gegenüber, wird die von Fritz Schaper in Marmor auszuführende kolossale Victoria, die mit erhobenem Lorbeerkranz in der Rechten auf mächtige Schwingen heranschwebt, ihre Stelle finden, während vor jedem der vier Eckpilaster dieses Kuppelraumes eine sitzende Idealgestalt angebracht werden wird; diese Idealgestalten werden Verkörperungen des Sinnes Hohenzollern’scher Wahlsprüche darstellen und wahrscheinlich von R. Begas in Marmor gemeißelt werden. Zu beiden Seiten zunächst jener Victoria, und ebenso zunächst der Eingangspforte und vor den vier die Kuppel tragenden Pfeilern werden die bronzenen Kolossalstatuen vom großen Kurfürsten bis zu Kaiser Wilhelm aufgestellt werden, und die Bildhauer Enke, Schüler, Hitgers, Brunow und Hundrieser sind mit der Ausführung der ersten sieben Fürstenstatuen betraut, während für die Statue des Kaisers während seines Lebens der betreffende Auftrag nicht ertheilt werden soll.

Der Boden dieses ganzen Hauptgeschosses ist statt der frühere Dielenlage nun mit der schönsten römischen Marmor- und Kalksteinmosaik bekleidet, und in einzelnen besonders ausgezeichneten Compartimeten zeigt derselbe eine prächtig stilisirte Ornamentik; in den vier Ecken des Bodens der Kuppelhalle außerhalb des mittleren großen ornamentalen Ringes sieht man nach Geselschap’s Zeichnungen in vier Gruppen musivisch dargestellt: den Kampf mit dem Ur, dem Hirsch, dem Bären und die Bändigung des wilden Rosses. Die Bogengurten der Compartimente der Feldherrenhalle sind durch ornamentale Reliefcompositionen decorirt, deren Kernstück immer einen der sechs großen preußischen Orden bildet, und in ähnlicher Weise fanden in den Gurten der Wölbungen der übrigen drei Gallerien dieses Geschosses die preußischen Kriegsdenkmünzen künstlerische Verwendung.

Diese herrlichen Gallerien sind zum historischen Museum der Schutz- und Handwaffen bestimmt, wie die des Erdgeschosses zum Artillerie- und Ingenieur-Museum. Solcher Bestimmung entsprechend, sind hier unter die nächsten zwei Wandpfeiler- und Bogenflächen zu beiden Seiten des Eingangs- und Ausgangsportals mit grau in grau gemalte Bildern (von Ludwig Burger) geschmückt, welche die Vertheidigung einer befestigten Stadt im Mittelalter, die Beschießung einer solchen in der ersten Zeit nach Einführung des Pulvers, die Laufgräbenarbeiten vor Straßburg und die heutige Küstenvertheidigung durch die Monstregeschütze der Strandbatterien darstellen. Durch das Entfernen der alten Fester, an deren Stelle Butzenscheiben von feinfarbigem Kathedralglas gesetzt wurden und durch die prächtigen Hotzsculpturen der Thürflügel im Schlüter’schen Stil von Jörgens haben auch diese Erdgeschoßräume, in welchen nun wohlgeordnet die reiche Sammlung von Geschützen aus drei Jahrhunderten und die der Festungsmodelle, der Werkzeuge und sonstigen Gegenstände des Kriegs-Ingenieurwesens ihre systematische Ausstellung erhalten, eine völlig verwandelte Erscheinung gewonnen.

Zum artistischen Director des Waffenmuseums ist der bekannte Maler und kunstgelehrte Professor Hermann Weiß, der Verfasser der „Costumkunde“, ernannt worden.

Die reichen Schätze an alten kunstvolle Waffen, Meisterwerken mannigfacher Kunstgewerbe des fünfzehnten, sechzehnten, siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderts, welche ehedem im

alten Zeughause fast verloren waren, werden nun erst durch die vorzügliche systematisch geordnete und praktisch verständliche Aufstellung in den Gallerien des ersten Stockwerks zu ihrer vollen Geltung gelangen und für das Studium im Einzelnen zugänglich werden, und nicht minder reich ist diese Sammlung auch an althistorischen Reliquien der brandenburgisch-preußischen Fürsten, Feldherren und Truppen aus drei bis vier Jahrhunderten, welche für uns ein ebenso lebhaftes patriotisches wie allgemein geschichtliches

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_247.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)