Seite:Die Gartenlaube (1881) 136.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1881)

und wurde zurückgeschrieben, 1878 aber, abermals in Elberfeld, wegen Untauglichkeit freigesprochen. In Folge einer Nachfrage der Mutter bei der königlichen Polizeidirection in Elberfeld kam die Nachricht, daß Hanns am 26. November 1878 sich dort polizeilich abgemeldet habe in der Absicht, in die Heimath zurückzukehren. Der seitdem spurlos Verschollene ist von untermittlerer, untersetzter Statur, blondhaarig und durch eine Narbe von einem Stemmeisenschnitt über dem einen Auge besonders kenntlich.

38) Karl Hennig, Maurer aus Röderau bei Riesa, 1841 geboren, zuletzt in Copitz bei Pirna wohnhaft, von wo er im Herbst 1876 nach Hamburg ging; von da reiste er mit dem Schiffe „Herschel“ nach Australien. Am 23. März schrieb er aus Adelaide (Hôtel „King of Hanover“, Rundel-Street), daß er Lust habe, später Sidney oder Neu-Seeland zu besuchen. Auf zwei Briefe kam seitdem keine Antwort von ihm.

39) Am 15. December vorigen Jahres verließ der noch nicht ganz sechszehn Jahre alte Sohn des Landbriefträgers Hentschel, Hermann Hentschel, heimlich, in Abwesenheit der Eltern und in dürftiger Kleidung, wahrscheinlich aus Furcht vor einer zu erwartenden Strafe, die elterliche Wohnung in Mückenhain am Bahnhof Rodersdorf[WS 1] im Kreise Liegnitz. Er war bis dahin beim kaiserlichen Postamt III. in Nicolausdorf als Schreibergehülfe beschäftigt gewesen. Noch am 18. December war er in Mückenhain; denn an diesem Tage bat er den Gemeindevorsteher um eine Legitimation, „da er sich vermiethen wollte“, erhielt dieselbe und ist seitdem verschwunden und verschollen. Der junge Mensch ist etwa fünf Fuß hoch, schlank aber kräftig, mit blondem Haar, blauen Augen und rundem Gesicht.

40) Eduard Höhne, aus Oberfriedersdorf bei Neusalza (Sachsen), Hufschmied, reiste mit mehreren Schlossern und Schmiedegesellen am 1. Mai 1863 nach Australien, kam dort glücklich an, hat aber den Seinen nie wieder Kunde zukommen lassen.

41) Max Linus Hoppe, aus Burgstädt in Sachsen, jetzt vierundzwanzig Jahre alt, Sohn des Formenstechers Hoppe, reiste am 2. Mai 1874 von Hamburg auf der englischen Bark „Martha Jackson“ nach Valparaiso, wo er an der Place de Victoria in einem deutschen Bierhause zuletzt gesehen wurde. Ihm fehlt der rechte Zeigefinger.

42) Eduard Wilhelm Hübler, aus Marklissa am Queis, 1849 geboren, Sohn des Schuhmachers und Lederhändlers Chr. W. Hübler, hat den Seinen so lange keine Nachricht von sich gegeben, daß er in Gefahr steht, für todt erklärt zu werden.

43) Am 15. October 1869 reiste Ernst Traugott Knopf (1842 zu Prießnitz in Sachsen-Weimar geboren) mit Frau und drei Kindern, durch Vermittelung des Agenten Louis Knorr in Hamburg mit Schiff „Sanct Katharina“ nach Brasilien, um sich in Donna Francisco anzusiedeln – und ist seitdem für seinen alten in kümmerlichen Verhältnissen lebenden Vater nicht mehr aufzufinden.

44) Eine hochbetagte Wittwe in Tilsit bittet dringend um eine Kunde von ihrem Sohne, dem Riemergesellen Theodor Koose, der vor acht Jahren in die Fremde gegangen ist und seit dem Juli des vorigen Jahres nichts von sich hat hören lassen; sie weiß nur, daß derselbe vom 9. bis 21. August vorigen Jahres im Krankenhanse zu Detmold gewesen und von da nach Schwalenberg im Lippischen gereist ist, ohne dort Arbeit gefunden zu haben.

45) An die „Gartenlaube“ ergeht sogar die Bitte: die Eltern eines Kindes zu suchen, nämlich den Menagerie- oder Schaubuden-Besitzer Johann Stephan Krichel aus Koffern bei Aachen und dessen Ehefrau Marie, geborene Krosse aus Leipzig. Beide haben vor fünf Jahren Verwandten ein kränkliches und geistesschwaches Kind zurückgelassen und seit drei Jahre keine Nachricht von sich gegeben. Ihr dermaliger Aufenthaltsort kann, ihres Gewerbes wegen, den Behörden kein Geheimniß sein.

46) Gustav Liebmann, noch unter Vormundschaft stehender junger Mensch, geboren 1864, der am 8. Februar 1879 bei dem Schleifer Albert Pohl in Niemegk (Provinz Brandenburg) in die Lehre trat, hat sich am 7. September desselben Jahres von dort entfernt und ist seitdem nirgends aufzufinden gewesen.

47) Der Bahnwärter Ludwig in Seifersdorf im Kreise Liegnitz vermißt seinen Sohn, den im December 1857 geborenen Schiffsjungen Ernst Robert Ludwig. Derselbe ist, laut Bericht des Seemanns-Amtes zu Hamburg, am 7. August 1878 mit dem Schiffe „Elsabea“, Capitain Möhlmann, verschollen.

48) Friedrich Wilhelm Ernst von Malßka, ehemals Apothekergehülfe, wird seit 1875 vermißt. Er ist 1847 zu Königsberg in Preußen geboren, diente 1870 bis 1873 bei dem 1. Westfälischen Infanterieregiment Nr. 13, zeitweise als Lazarethgehülfe fungirend, und arbeitete 1875 in einer Fabrik bei Stettin in untergeordneten Verhältnissen. Obrigkeitliche Nachforschungen haben denselben nicht finden können; vielleicht gelingt es diesem öffentlichen Aufrufe, ihn in seinem eigenen Interesse zu einem Lebenszeichen zu bewegen.

49) Hermann Martin, Lohgerber aus Gera, 1856 nach Amerika ausgewandert, war englischer Soldat in Quebec und Gibraltar, dann wieder in New-York und Paladin Bridge etc. Er scheint die Adresse seines Vaters nicht mehr zu kennen; sie ist: Chr. Martin in Gera.

50) Hermann Lebrecht Molfenter aus Ulm, ein nun einundzwanzigjähriger junger Mensch (groß, mager, bleich anstehend, mit braunem Haar und blauen Augen), sandte, auf der Wanderschaft begriffen, am 1. Mai 1879 von Bebra aus seinem Bruder Bernhard, Marinesoldat in Wilhelmshafen, seine Baarschaft von sechszig Mark und seine Uhr mit der Bemerkung, daß er beides nicht mehr brauche. Man wußte, daß er zur Schwermuth neigte. Ob er den Tod gefunden? Oder noch lebt?

51) Von seiner alten Großmutter, die ihn als Waisen erzogen, wird der Handlungscommis Hermann Münster aus Stargard gesucht. Er stand in Condition bei einem Kaufmann in Rostock, den er 1873, damals 18 Jahre alt, heimlich verließ, wahrscheinlich, um zur See zu gehen. Er hat keine Nachricht von sich gegeben.

52) Eine Frau in Sprottau möchte erfahren, wo ihr Mann, der Schlossermeister Karl Ernst Mußwitz, welcher Ende Januar 1880 eine Strafe in Lüneburg verbüßt hatte, hingekommen.

53) Wir bitten diejenigen Leser, welche uns in dem vorliegenden Falle helfen können, uns mit einem ernsten Mahnruf beizustehen, gerichtet an den Klempner oder Mechaniker Albert Peters aus Braunschweig. Sein nun sechsundsiebenzigjähriger Vater hat jetzt auch den letzten der drei Söhne verloren, die daheim seine und seiner Töchter Helene und Elsa Stütze waren; sie stehen nun ganz verlassen da, während der siebenunddreißigjährige jüngste Bruder, der dem Vater schon vielen Kummer bereitet, in der Welt herumschwärmt. Peters ist, nach dem Zeugniß seines Vaters, ein geschickter Arbeiter. Nachdem er seine Frau in Berlin verlassen, tauchte er 1873 als Ingenieur auf einem schwedischen Schiff in Kronstadt bei Petersburg, später wieder in Rustschuk auf. Wo er auch sei, vielleicht stößt doch Jemand auf ihn, der dieses Blatt gelesen: der thue dann, dem greisen Vater und den verlassenen Schwestern zu Liebe, gegen diesen Sohn seine Schuldigkeit!

54) In Tiraspol, einer Kreisstadt des russischen Gouvernements Cherson, stand in der Mitte der sechsziger Jahre der Jäger August Julius Wilhelm Philipp (geboren 1836 zu Forsthaus Schmetzdorf, preußischer Kreis Niederbarnim) bei einem Herrn Liedle in Dienst und mit einem Bäckermeister Rapp in Beziehung. Ihn sucht sein Bruder, nachdem seine Eltern gestorben.

55) Seit dreizehn Jahren läßt der Apotheker-Assistent Karl Raab aus Gewitsch in Mähren (1844 geboren) seine Eltern und Geschwister auf Nachricht von sich warten. Er conditionirte 1867 unter Anderm in Dresden und München und wollte sich nach Kairo wenden. Sollte dort sich keine Spur von ihm finden?

56) Eine alte kranke Mutter in Swinemünde hat einen Sohn, den Conditor Udo Rodig, „draußen in der Welt“. Er ist 1853 geboren und 1870 über Hamburg zur See gegangen. Die „Gartenlaube“ soll ihn der verlassenen Alten suchen.

57) Der Schuhmacher Karl Roßellit aus Mainz, 1833 geboren, 1870 mit Frau und Tochter in Paris, wurde dort während des Krieges als Deutscher ausgewiesen, kehrte jedoch Anfang November 1871 dorthin zurück, wo er in der Rue du Poirier 15 wohnte. Zu Anfang 1872 kam ein Brief mit der Bemerkung zurück, daß der Adressat dort nicht mehr wohne. Auch die deutsche Gesandtschaft forschte vergeblich nach ihm und ist der Meinung, daß er nach Amerika ausgewandert sei. Werden ihn diese Zeilen dort finden und an die Wittwe Charlotte Roßellit erinnern?

58) Zwei Kinder suchen ihren Vater Luzius Salzgeber de Andreas aus Seewis im Canton Graubünden, wo er 1831 geboren ist. Er verließ 1854 seinen Wohnort Gräsch, seine Gattin und einen Knaben zurücklassend, machte als Feldwebel in der Englischen Legion den Krimkrieg mit, etablirte sich dann in Bremen, wohin nun auch seine Frau zog und wo sie ihm noch ein Mädchen und einen Knaben gebar; letzterer starb. Aber nicht lange, so verließ Salzgeber Bremen, abermals mit Zurücklassung von Weib und Kindern, welche nun in die Schweiz zurückkehrten, während er zwar noch einige Jahre aus England Nachricht von sich gab, dann aber für immer schwieg. Die Mutter starb; die Kinder aber möchten wissen, ob sie noch einen Vater haben.




Zu spät entdeckter Einbruch. (Mit Abbildung Seite 125.) Meister Kronberger, der humorvolle Schöpfer unseres heutigen Bildes, ist ein gar arger Schalk. Fräulein Jeanette Müller, der jungen ausgeplünderten Modistin, stehen schier Thränen in den Augen, daß der stattliche Haubenstock, die zierlichen Kragen, die künstlichen Blumen und all der Tand, der so verlockend für Mädchen und Frauen das Schaufenster ihrer Modewaarenhandlung schmückte, nun durch böser Buben Hand auf das Straßenpflaster geworfen wurde. Sie war gestern Abend ruhig schlafen gegangen, im Vertrauen auf den Schutz der heiligen Hermandad, und nun, am grauen Morgen, findet sie vor ihrem erbrochenen Laden die behäbige Polizei in eifriger Unterhaltung mit den Nachbarn der engen Gasse über das Wohin und Woher der Diebe. Es ist ja offenbar eine traurige Affaire, die sich hier in Nacht und Nebel ereignete, und dennoch führt uns der Maler alle Betheiligten, von dem kleinen Jungen auf der Straße bis zu dem Großmütterchen oben am Fenster in recht komischer Situation vor Augen. Wir empören uns nicht beim Anblick des kleinen Bildes – wir lachen nur; denn das ist auch eine Macht der Kunst, daß sie die Schattenseiten des Lebens zu verdecken versteht und selbst dem Elende menschlicher Vergehen eine heitere Seite abzugewinnen vermag.




Der älteste Mitarbeiter der „Gartenlaube“ und der älteste Jugendfreund unseres unvergeßlichen Ernst Keil ist nun diesem und anderen vor ihm dahingegangenen Freunden unseres Blattes, einem Stolle, Bock, Roßmäßler, Beta, die mit ihm den ersten Jahrgang der „Gartenlaube“ geschmückt, nachgefolgt: Ludwig Storch ist in Kreuzwertheim am Main, nahezu 78 Jahre alt (er ist geboren im gothaischen Ruhla am 14. April 1803), am 5. Februar gestorben. Ist er auch im letzten Jahrzehnt unsern Lesern aus den Augen geschwunden, so werden doch die älteren Freunde der „Gartenlaube“ sich mit Dank und Freude der vielen lyrischen und novellistischen Gaben dieses geist- und gemüthvollen Thüringer Dichters erinnern. Er stand in der blühendsten Zeit des Lebens und Schaffens, als Ernst Keil ihm (1856) in dem Artikel „Die Thüringer Edeltanne“, welchem das damals sehr getreue Bild Storch’s beigedruckt ist, ein Ehren-Denkmal setzte. Er selbst hat in den Jahrgängen 1853, S. 480 und 1857, S. 468 interessante Erlebnisse aus seiner Vergangenheit mitgetheilt. Unser Blatt, dem der Todte seine volle Liebe geweiht, ist für ihn auch zum immergrünen Kranze dankbarer Anerkennung geworden. Wie lieb man ihn in seiner Heimath hatte, dafür spricht deutlich, daß eine Anhöhe in der Nähe seines Geburtsortes seinen Namen trägt.

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1881). Leipzig: Ernst Keil, 1881, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1881)_136.jpg&oldid=- (Version vom 27.2.2022)