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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

Unter den von den genannten und anderen Insecten unmittelbar verspeisten Raupen sind möglicher Weise viele schon krank und keiner regelrechten Entwickelung mehr fähig. Die Schmarotzer sind und bleiben ihre gefährlichsten Feinde unter den Insecten, und darum sei zum Schlusse noch der bisher unerwähnt gebliebenen Schlupfwespen-Familie, der Pteromalinen oder Chalcidier, gedacht, von denen gewisse Arten Schmetterlingseier oder Schmetterlingspuppen anstechen. Wir erblicken hier den Pteromalus puparum als Vertreter einer Familie, unter welcher wir die kleinsten aller Schlupfwespen zu suchen haben, so klein, daß selbst mehrere ihrer Larven im Inhalte eines Schmetterlingseies hinreichende Nahrung finden. Gekniete Fühler, fast vollkommen aderlose Flügel, deren vordere stumpf und breit gerundet sind, und vorherrschend metallisch grüne Körperfarbe zeichnen die Familienglieder aus. Das hier abgebildete Weibchen ist olivengrün, an den Beinen von den Knieen an gelblich, sein schlankes Männchen heller und an den Beinen ausgedehnter gelb gefärbt. Wenn die Kohlweißlings- oder andere Tagschmetterlingsraupen sich in gleicher Art, wie die genannte, an einen Gegenstand angeheftet und ihre letzte Haut abgestreift haben, so umschwärmt das Wespchen die noch zarthäutige Puppe und schiebt hier und da zwischen die noch nicht zusammenklebenden Körpertheile ein Ei. Die vollkommen wehr- und hülflose Puppe muß dies geschehen lassen, wenngleich sie zum Zeichen ihres Unbehagens ob dieser Frechheit die Hinterleibsringe lebhaft hin und her windet. Bald nachher ist ihre Oberhaut erhärtet und wie aus einem Gusse in allen Theilen zusammenhängend; kein Mensch kann es ihr ansehen, daß sie den Keim des Todes in sich birgt. Allmählich jedoch verliert sie ihre Beweglichkeit, entfärbt sich, und zu einer Zeit, in welcher dieselbe oder verwandte Puppen bald wieder anzutreffen sind, erhält sie allerwärts runde Löcher, aus welchen ein Schlupfwespchen nach dem andern hervorspaziert und behaglich mit den Fühlern auf und ab nickt. Die durchlöcherte Puppenhaut bleibt zurück, wie Fig. 17 andeutet.

Trotz der gestrengen Polizei, welche die kleinen und größeren Schmarotzer unter den Wespen und Fliegen neben Vögeln, Kriechthieren, Spinnen etc. gegen die Raupen ausüben, können sie derselben doch nicht immer Herr werden, und jeder neue Raupenfraß mahnt uns daran, daß wir selbst alle Kräfte aufbieten müssen, um diesem Ungeziefer gegenüber unsere Culturen möglichst zu schützen. [1]


Pferde in der Schwemme.
Zeichnung von Gustav Jäger in München.

  1. Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf ein der Bekämpfung schädlicher Insecten besonders zu Hülfe kommendes Werk hinzuweisen – wir meinen Prof. Dr. E. L. Taschenberg’sPraktische Insectenkunde“ (Bremen, M. Heinsius), ein für Entomologen, Land- und Forstwirthe, Gärtner, Lehrer und ähnliche Berufsangehörige sehr empfehlenswerthes Handbuch, das in fünf Bänden alles Wissenswerthe über die Insectenwelt Deutschlands enthält und seine Gegenstände durch zahlreiche Illustrationen veranschaulicht.
    D. Red.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_521.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)