Seite:Die Gartenlaube (1880) 428.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


zu finden, und die Ueberzeugung ward vorherrschend, daß er ein Opfer der damals furchtbar wüthenden Cholera geworden sei. Da er aber Mitglied eines Wittwencassenvereins war, so würde seiner sehr armen Familie eine Pension sicher sein, wenn die Wittwe den Todtenschein ihres Mannes beibringen könnte.

15) Der Steuermann Karl Seecks aus Stralsund kann, trotz aller Bemühungen unserer Consuln, von seiner alten Mutter nirgends gefunden werden, weil er sehr häufig die Schiffe zu wechseln scheint. Im Herbst 1879 kam er in die Capstadt, aber als der Consul ihn suchte, war er wieder fort. Die alte bekümmerte Mutter theilt ihm mit, daß er einiges Vermögen von seinem verstorbenen Vater zu erben habe. Vielleicht hilft das.

16) Aus Crefeld ist am 6. Mai 1875 ein junger Mann so spurlos verschwunden, daß alle obrigkeitlichen Nachforschungen bis jetzt ohne Erfolg geblieben sind. Er heißt Bernhard Maas, ist Sattler, war damals 32 Jahre alt, 5 Fuß 1 Zoll hoch; seine Haare, Augenbrauen, sowie sein Bart sind hellblond; breite Nase, großen Mund, Narbe am Kinn und an der Oberlippe. Seine Schwester kann sich über das unheimliche Verschwinden ihres Bruders noch nicht beruhigen und traut dem guten Stern der „Gartenlaube“ die Kraft zu, Licht in das Dunkel dieses Schicksals bringen zu können.

17) Gustav Adolf Engert, 1855 geboren, ein Sohn der Wittwe Wilhelmine Engert in Dresden (Mathildenstr. 59), stand im Jahre 1872 bei dem Norddeutschen Lloyd als Leichtmatrose im Dienst und hat als solcher die Fahrt nach Westindien auf dem Dampfer „Graf Bismarck“, Capitain Nordenholt, mit angetreten, aber schon im August bei der Insel Colon das Schiff in Gesellschaft noch einiger anderer Matrosen verlassen. Seitdem ist seine Mutter ohne jede Nachricht von ihm.

18) Siebenzig Jahre und einsam auf der Welt! Das ist das Loos einer Wittwe, deren Kinder alle im blühendsten Alter dahingestorben sind – bis auf den ältesten Sohn, von dem sie seit achtzehn Jahren, wo sie ihn in Hamburg sah, nicht das geringste Lebenszeichen mehr erhalten hat. Albert Wilhelm Heuduck (aus Oderberg i. d. M.) fuhr unter dem Namen Charles Smidt auf amerikanischen Schiffen und soll 1870 und 1878 wieder in Hamburg gesehen worden sein.




Drei Dichter-Monumente. Die schmerzliche Bewegung, welche das Hinscheiden Karl von Holtei’s in den weitesten Kreisen hervorgerufen, hatte alsbald den Wunsch entstehen lassen, das Andenken des gefeierten Schriftstellers durch ein bleibendes Erinnerungszeichen geehrt zu sehen. Naturgemäß ist die Anregung dazu von Breslau ausgegangen. Ein dort aus hervorragenden Notabilitäten der Stadt gebildetes Comité hat zu dem Zwecke bereits im März einen Aufruf erlassen, der zunächst als Stätte des zu errichtenden Denkmals den Friedhof in’s Auge faßte. Da aber die Tochter des Verewigten das Recht in Anspruch nimmt, der Ruhestätte des Vaters den ihr gebührenden bildnerischen Schmuck zu geben, soll das Holtei-Denkmal, das als ein Obelisk mit Reliefbild oder Büste gedacht ist, sich nunmehr auf der schönen Breslauer Promenade und zwar auf der sogenannten Ziegelbastion erheben, unter deren Bäumen der Dichter bei seinen Spaziergängen gern auszuruhen pflegte. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Schlesier in der Heimath und Fremde die Absicht des Comités reichlich und mit ganzem Herzen unterstützen werden. Da aber Holtei der ganzen Nation angehörte, seine Werke in das Volk gedrungen sind und weit und breit der allerwärmsten Verehrung sich erfreuen, werden gewiß nicht wenige Deutsche aller Länder eine Befriedigung darin finden, sich an der Erfüllung einer so schönen Pietätspflicht zu betheiligen. Je reicher die Gaben fließen, um so würdiger wird die künstlerische Gestaltung sich ausführen lassen. Es wäre doch herrlich, wenn auf das Monument eines der bedeutendsten unserer neueren Dichter die Inschrift gesetzt werden könnte: „Errichtet von seinen Verehrern in allen deutschen Landen.“ Um dies zu erreichen, glauben wir von der ergangenen Aufforderung nur einfach Nachricht geben zu müssen, mit dem Bemerken, daß Herr Stadtrath Anton Hübner in Breslau zur Empfangnahme von Spenden für das Holtei-Denkmal bereit ist.

Mit dieser Hinweisung ist jedoch die Aufgabe unseres Artikels noch nicht erledigt, es liegt uns vielmehr ob, die Aufmerksamkeit zugleich auf zwei andere, viel ältere Ehrenschulden zu lenken. Während die dankbare Anerkennung für Holtei schon unmittelbar nach seinem Ableben in einer öffentlichen Bekundung sich manifestiren will, lebte ein anderer schlesischer Dichter, sein einstmaliger begeisterter Kampfgenosse im deutschen Befreiungskriege, bisher nur in seinen Liedern fort: Joseph von Eichendorff. Wir glauben, es braucht dieser Name nur genannt zu werden, um in vielen Tausenden von deutschen Seelen das Gefühl einer innigen und tiefen Sympathie zu erwecken. Eichendorff war seiner kirchlichen und politischen Richtung nach confessioneller Katholik und seine Gesinnung stimmt in dieser Hinsicht nicht mit der unserigen. In seine Poesien aber ist kaum etwas übergeflossen von diesem Eifer des Religionsstreites; hier weht uns nur der warme Hauch eines echten deutschen Volksdichters an, mit aller Ursprünglichkeit und Wahrheit eines reingestimmten, kindlich-lebensfreudigen Gemüths, mit allem bestrickenden Reize einer empfindungsreichen Naturverklärung. Ueberall in unserem Vaterlande ertönen Eichendorff’s Gesänge, aber den Ausdruck des Dankes für diese quellende Fülle edlen und herzerquickenden Genusses ist seine Nation ihm schuldig geblieben. Auf dem Jerusalemer Kirchhof in Neiße bezeichnet nur ein schmuckloser Stein das Grab, in welchem er seit beinahe dreiundzwanzig Jahren neben seiner Gattin ruht. Da fordert endlich in unseren Tagen eine Anzahl angesehener Einwohner Neißes in einer gedruckten Ansprache zu Sammlungen für ein Eichendorff-Denkmal auf, das vor dem einstigen Wohnhause des Dichters, auf einem freien Platze errichtet werden soll, zu welchem die anmuthigen Auen des Neißethales und die blauen Berge an Schlesiens Südgrenze so recht im Sinne eines Eichendorff’schen Stimmungsbildes herübergrüßen. Die Idee ist vollständig gerechtfertigt und gern schließen wir uns der Bitte an: es möchten alle Freunde deutscher Poesie und namentlich alle deutschen Sängerbünde diesseits und jenseits des Oceans das Unternehmen durch Herbeischaffung der Mittel so rechtzeitig und kräftig fördern, daß das Denkmal Eichendorff’s im November 1882 bei der Gedächtnißfeier seines fünfundzwanzigjährigen Todestages fertig gestellt sein und enthüllt werden kann. Briefe und Beiträge sind an Herrn Bankvorsteher Barchewitz in Neiße zu richten.

An die dritte Schuld werden wir von den höchstgelegenen Punkten des sächsischen Voigtlandes gemahnt. Dort ist bekanntlich in dem Dorfe Marieney am 8. Juli 1803 Julius Mosen geboren worden, dessen Andenken noch frisch im Gedächtniß von Tausenden lebt. Unvergessen wie die Dichtung dieses herrlichen Sängers, eines der besten deutschen Männer, wird auch sein tragisches Geschick bleiben, die rührend bange Sorge und ehrfurchtsvolle Wehmuth, mit welcher die Nation viele Jahre hindurch auf sein langwieriges Krankenlager im Norden unseres Vaterlandes geblickt hat. Wiederholt im Laufe der Jahre ist auch von der „Gartenlaube“ der Liebe des deutschen Volkes für Julius Mosen und der Würdigung seines hohen Werthes der innigste Ausdruck gegeben worden. Auch in Bezug auf ihn – wir sind dessen sicher – bedarf es nur der Nennung seines Namens, um weit und breit Herzen zu erwärmen für den Gedanken eines ihm in seinem Geburtsorte zu errichtenden „einfachen aber würdigen Denkmals“. In der Marieney benachbarten Stadt Schöneck ist im Januar dieses Jahres ein Comité zusammengetreten, das zur Herbeischaffung der Mittel einen Aufruf erläßt. Man hofft, dieselben werden reichlich genug fließen, um aus den Überschüssen auch noch eine milde Stiftung zum Gedächtniß des edlen Dichters und Dulders begründen zu können. Die Beiträge sind an den Herrn Bürgermeister Leuthold in Schöneck zu richten. – Wer eines Vermerkes in sein Notizbuch bedarf, der schreibe also, mit der Bestimmung eines Scherfleins, hinein: „Holtei-Denkmal in Breslau – Eichendorff-Denkmal in Neiße – Mosen-Denkmal in Marieney.“




Für die Nothleidenden in Oberschlesien gingen ferner ein: Ertrag einer Aufführung der Erie-Liedertafel in Erie, Pa., M. 502; Sammlung des Rheumatischen Clubs in Newark, N. J., M. 833; Sammlung des Hülfscomité’s in Albany M. 1200; J. M. Claassen in Lichtenfels M. 1.50; C. R. in K. M. 1.72 (1 Gulden ö. W.); aus Bielefeld M. 30. Gesammtertrag: M. 13,562.91.

Für die Hinterbliebenen der verunglückten Bergleute in Zwickau: Eug. W. M. 8.63 (5 Gulden ö. W.)

Für Thüringen: Aus Aschersleben M. 2.30; aus Triberg M. 5.

Für Spessart: C. W. in C. M. 1.



Kleiner Briefkasten.

A. M. in Libau. Nein, der Nachdruck (unter Quellenangabe) des Artikels „Noch einmal in der Falle“ (in unserer Nr. 22) ist uns im Gegentheil sehr erwünscht. Aufklärungen über die heillosen Schäden, welche das Geheimmittelunwesen anrichtet, können gar nicht genug unter das Volk gebracht werden. Wir sind jeder Zeitung dankbar, welche uns in dem Kampfe gegen die Curpfuscherei und ihre Helfershelfer durch Nachdruck unserer bezüglichen Artikel unterstützt.

A. Roth in Frankfurt am Main. Erhalten und an die Adresse abgesendet. Besten Dank.

A. H. in P. Schwarzwurzel ist ohne Wirkung.

Brünn. Anonyme Zuschriften können nicht berücksichtigt werden.

S. in Mannheim.Nicht nehmen“!



Nicht zu übersehen!

Mit dieser Nummer schließt das zweite Quartal dieses Jahrgangs. Wir ersuchen die geehrten Abonnenten, ihre Bestellungen auf das dritte Quartal schleunigst aufgeben zu wollen.

Die Postabonnenten machen wir noch besonders auf eine Verordnung des kaiserlichen General-Postamts aufmerksam, laut welcher der Preis bei Bestellungen, welche nach Beginn des Vierteljahrs aufgegeben werden, sich pro Quartal um 10 Pfennig erhöht (das Exemplar kostet also in diesem Falle 1 Mark 70 Pfennig statt 1 Mark 60 Pfennig). Auch wird bei derartigen verspäteten Bestellungen die Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern eine unsichere.

Die Verlagshandlung.




Das nächste Quartal wird außer dem Schluß von E. Werner’s „Frühlingsboten“ mehrere kleinere Novellen bringen. Dem Bedürfniß der Belehrung wird durch Artikel aus allen Gebieten des Lebens und der Zeit in gewohnter Weise Rechnung getragen werden, und dürften außer den nunmehr zum Abschluß kommenden Beleuchtungen von Franz Mehring’s „Zur Geschichte der Socialdemokratie“ und einer Reihe anderer orientirender Beiträge aus dem Bereiche der Zeitgeschichte, namentlich Johannes Scherr's historische Essay's (zunächst „Die abenteuerliche Geschichte vom falschen Dmitry“), Rudolph Gottschall's Kunst- und Literaturbilder (unter anderen „Adolph Sonnenthal“) und die so beliebten naturwissenschaftlichen Aufsätze Carus Sterne's nach dieser Seite hin dem nächsten Quartal Glanz und Mannigfaltigkeit verleihen.

Die Redaction der „Gartenlaube“.



Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1880, Seite 428. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_428.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)