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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


die Ansprüche der mit Empfindung ausgestatteten Geschöpfe fordern Rücksichtnahme in der Wahl der Mittel, welche zum Besitz derselben führen sollen, und einer diesen Ansprüchen gegenüber theilnahmlosen Industrie sollte durch Abnahme grausamer Fangmittel nicht Unterstützung geboten werden. Nur in einem Falle könnte auch die Wahl qualvoller Werkzeuge zum Vertilgen von in großem Maßstabe schädlichen Thieren gerechtfertigt erscheinen, wenn nämlich keine andere Art der Nachstellung genügen würde. Aber gewöhnlich führen die rasch tödtenden Fallen auch am sichersten zum Ziele. Betrachten wir uns die verschiedenen Fuchs-, Marder- und Iltisfallen! Für den Fuchsfang ist es der „Schwanenhals“, mit welchem man Erfolge erzielt, und wenn derselbe mit kräftig wirkender Feder versehen ist und die Bügel weit genug sind, um den Vorderkörper der Beute richtig zu packen, so tödtet er in den meisten Fällen ziemlich schnell. Aber auf ewig verbannt sollten längst die grausamen Haken sein, an welchen der Köder den lüsternen Fuchs zum Sprung verlockt, in Folge dessen er sich selbst am Unterkiefer anspießt und jammervoll langsam zu Tode zappelt. Für den Edel- oder Baummarderfang ergiebt sich die allerwärts bekannte und eingeführte Prügelfalle nicht nur als die erfolgreichste, sondern auch als die am schnellsten tödtende Fanganstalt. Was die Hausmarder und Iltisse betrifft, so ist ihr Fang in Tellerfallen auf dem „Sprung“ darum grausam, weil sich die Thiere an den Pfoten fangen und in solche Verzweiflung gerathen, daß die Rasenden – wie wir dies bei Iltissen gesehen haben – sich über den Bügeln der Falle den gepreßten „Lauf“ (Fuß) durchbeißen, sich also selbst zerfleischen, um der Gefangenschaft zu entgehen. Auch die Hohlfalle bereitet den Gefangenen Qual, weil diese lange im Zustande der verzweiflungsvollen Wuth verharren, wiewohl eine solche Falle immerhin der Tellerfalle vorzuziehen ist. Unstreitig die beste Fangmethode in Bezug auf Erfolg und schnelle Tödtung ist hier diejenige, welche der „Studentenfalle“ in großem Maßstabe gleichkommt. Die erdrückende Belastung besteht dabei aus einer schweren alten Thür, welche, wo nöthig, noch durch platte Steine in ihrem Gewichte vermehrt werden kann. Wenn ein Ei am weißen Faden als Köder benutzt und die Thür nicht höher gelüftet wird, als es zum Zweck des Zutritts der Marder an den Köder nöthig ist, so riskirt man auch nicht, daß Katzen oder kleine Hunde in die Falle gehen.

Liegen in diesen Andeutungen wohlgemeinte Winke für Jagdliebhaber und Raubthierfänger, denen Handlungen auf den Preiscouranten neben empfehlenswerthen Fangapparaten stets auch die grausamsten Werkzeuge anpreisen, so beschäftigen sich die nachfolgenden Betrachtungen mit den fast in jeder Haushaltung gebräuchlichen Fanganstalten zur Vertilgung schädlicher Nager.

Wenn wir die Fallen der umherziehenden Mausfallenkrämer durchmustern, so finden wir darunter selten eine, welche darauf berechnet wäre, dem verhaßten Nagethier wenigstens einen möglichst schmerzlosen Tod zu bereiten oder Quälerei zu verhüten. Die Berufung auf die unzähligen Unbilden aber, die von diesen Thieren zur Plage und Belästigung der Menschen verursacht werden, kann die Gleichgültigkeit gegen die Todesart der Gefangenen ebensowenig rechtfertigen, wie der Abscheu und Ekel, den diese Thiere etwa erregen.

Auf den ersten Blick scheinen jene Fallen vielleicht harmloser, als sie es in Wirklichkeit sind. Es wird beim Fange kein Glied verletzt. Hinter der Maus oder Ratte schlägt die Fallthür zu, und die Verhaßte sitzt gefangen in einem Drahtkäfig bis zum Morgen, wo ihr dann schnell genug vom Leben zum Tode verholfen wird. Aber man besehe sich doch einmal eines Morgens das abgehetzte Thier näher! Wir finden es in einem traurigen Zustande: vom Toben ermattet und schweißgebadet, oft an Schnauze und Füßen vom Einschnitt der Drähte oder vom Riß spitzer Enden derselben blutend.

Anders liegt die Sache, wenn man sich jener eisernen Fallen bedient, deren Bügel mit scharfen Zacken versehen sind und deren Federn ein wirksames kräftiges Zuschnellen veranlassen. Sie packen die Ratte, welche man in schwierigen Fällen erst mit Speckbröckchen kirre machen kann, am Kopf oder Hals und zermalmen edle Theile. Noch mehr zu empfehlen sind die sogenannten Studentenfallen, sowie die im Princip ähnlichen Klotzfallen, bestehend aus einem hölzernen Kästchen, auf dessen Boden der Köder hingestreut ist, und einem Galgen, der einen entsprechend schweren Würfelklotz zum Niederfallen trägt. Für Mäuse ist indessen die beste Falle ein etwa drei Finger dicker, länglich viereckiger Holzklotz mit rund eingebohrten Schlupflöchern auf der Frontfläche, über dessen Oberfläche sich ein hinten mit gewundener Feder befestigter, vorn in einer runden Schlinge endigender Draht erhebt. Dieser Draht wird niedergedrückt, wobei die Schlinge in einen von der Oberfläche bis auf den Grund des Schlupflochs führenden Einschnitt sich senkt, und wird dann mit einem Faden, der hinter dem Einschnitt abwärts und aufwärts so durch den ganzen Klotz geführt wird, daß er doppelsträngig das Schlupfloch passirt, festgebunden. Hinter den Fäden im Inneren des Schlupflochs ist Mehl oder gestoßener Hafer etc. angebracht. Die Maus beißt, um zu dem Köder zu gelangen, die Fäden durch und wird sofort strangulirt.

Es ist gewiß nicht nöthig, auf alle grausamen Fangapparate aufmerksam zu machen, welche die menschliche Erfindungskraft ersonnen hat. Unser Zweck wird schon erreicht, wenn wir es vermögen, unsere Leser zu einer von humaner Rücksicht geleiteten Ueberlegung beim Ankauf oder Anfertigen von Thierfallen zu bewegen.

Es ist viel, sehr viel über die Vogelliebhaberei geschrieben und raisonnirt worden, und wir wollen hier die Feinde dieser Liebhaberei nicht widerlegen. Nur das sei als das Resultat unserer Erfahrungen und Beobachtungen in kurzen Zügen hingestellt: das verständige, auf wissenschaftlichem und erfahrungsmäßigem Studium beruhende Halten der Vögel in der Gefangenschaft bereitet ihnen keine Einbuße ihres Wohlbehagens oder gar ihrer Lebensdauer; letztere wird vielmehr unter günstigen Verhältnissen bedeutend verlängert, und die Thiere treten unter liebevoller Pflege und Behandlung in ein wahrhaft intimes Verhältniß zu ihrem Besitzer. Dagegen werden so unzählige Mißgriffe in der Eingewöhnung, Wartung und Unterbringung der Gefangenen begangen, daß sie in den Händen Unverständiger der Quälerei vielfach ausgesetzt erscheinen.

Und da wir wohl wissen, daß trotz aller Aufsicht und Strafandrohung der Vogelfang doch nicht ganz aufhören wird, so wollen wir den Vogelfängern, die unter den Tausenden und aber Tausenden von Rothkehlchen alljährlich sich das eine oder andere zur Reinigung der Stube vom Ungeziefer und zur Belebung der Winterstille fangen, die Warnung zugehen lassen, das allbeliebte Fangwerkzeug „Sprenkel“ nicht zu hart und eng zu spannen, und das Ende des Schlingfadens mit weichem Zunder zu versehen, damit die dünnen Beinchen der zarten Vögel nicht zerbrochen werden.

Den Fischern aber sei in Bezug auf den Fischfang auch ein freundschaftlicher Wink gegeben. Wenngleich es richtig ist, daß die Empfindung der höheren Thiere weit feiner ist, als diejenige der niederen, so haben doch die Fische als Rückgratthiere sicherlich noch immer Empfindung in genügendem Maße, um vor Mißhandlung beschützt werden zu müssen. Nie lasse man den zu Lande gebrachten Fisch auf dem Trocknen langsam sterben, sondern ein Schnitt in das Genick oder ein Schlag auf den Hinterkopf beschleunige seinen Tod. Grausam ist der Fang mit der Nachtangel. Die Angel mit dem Widerhaken bohrt sich in's Fleisch und verursacht im Innern sicherlich große Schmerzen. So zagt und zappelt das arme Thier die Nacht hindurch, reißt oder beißt vielleicht, wie wir es beim starken Aal beobachtet haben, die Schnur durch und schleppt den schmerzenden und die Aufnahme von Nahrung hindernden Haken mit sich herum, nach und nach dem Tode verfallend. Auch auf dem Gebiete des Fischfangs sollte man über Erfindungen zur Milderung oder Beseitigung der Qualen, die den Thieren bereitet werden, nachsinnen.

Wenn wir endlich noch der Mißhandlung der Schmetterlinge und Käfer durch Sammler gedenken, so richten wir ein Mahnwort vorzugsweise an die Jugend. Ein Druck mit dem Daumen und Zeigefinger auf die Seiten des Vorderleibes und der durchbohrende Stich der Nadel genügen nicht einmal bei den Tagfaltern, um den alsbaldigen Tod herbeizuführen, wie viel weniger bei den dickleibigen und zählebigen Abend- und Nachtfaltern. Schmetterlinge wie Käfer bedürfen zum raschen Sterben wirksamer Mittel, jene des Aethers, diese des Spiritus.

Eine nie ermüdende Sorge um Erhaltung des menschlichen Gefühls lenke das wachsame Auge der Eltern und Erzieher auf die Kinder, die mit Netzen und Schachteln ausziehen, um Insecten zu sammeln! Wie mancher Bube hat an solchen Thierchen die ersten Probestücke eines Zuges zur Grausamkeit versucht und es darin

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_395.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)