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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

Beim Ausstopfer.
Originalzeichnung von Fritz Keller.




und Stil des mittelalterlichen Meisters gedichtet. Allerdings hielt er treulich die Grundlinie ein, welche die Sage und sein Vorgänger ihm vorgezeichnet hatten. Aber statt den Ton des 13. Jahrhunderts ängstlich nachzukünsteln, schlug er kraftvoll den des 19. an, und wenn trotzdem seine Krönung von Gottfried’s graziösem Bau so harmonisch zu demselben stimmt, so hat das seinen Grund darin, daß durch die ganze alte Liebesmär von Tristan und Isolde unverkennbar ein stark moderner Zug geht und daß ja auch der mittelalterliche Romantiker Gottfried von einem Vorwehen neuzeitlichen Geistes angehaucht war. Man denke nur daran, mit welcher lächelnden Ironie dieser überlegene Genius da, wo er seine Heldin die Feuerprobe bestehen läßt, das Ordalien-Institut behandelt hat. Selbst Heine hätte diese Mittelalterlichkeit nicht köstlicher verspotten können. Es ist unmöglich, den Beschluß, vom Tristan zu lesen, ohne den Beschließer achten zu lernen und liebzugewinnen. Hier hält das Ende ganz, was der Anfang verspricht. Mir ist, wenn ich diese sinn- und geistvollen, phantasiereichen und melodischen Gesänge wieder lese, immer, als blickten mich daraus die Augen des Freundes so träumerisch-treuherzig an wie vor Zeiten. Dann vermag ich mich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_361.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)