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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)


Theil ihres Ueberflusses in Brillanten angelegt haben, ruhig schlafen; die erwähnten kleinen Partikel werden ihre Schätze nicht entwerthen. Es ist ja nicht undenkbar, daß die Industrie sich des von den Erfindern offen dargelegten Verfahrens mit Erfolg bemächtigen und daß sie als Schmucksteine brauchbare Krystalle erzeugen mag; wahrscheinlich ist es gerade nicht. Auch würde darin kein großer Gewinn für die Gesammtheit liegen; denn mit ihrem Kaufpreise würde auch sofort ihr Ansehen sinken, weil sie dann nicht mehr als sicheres Unterscheidungsmittel der Geldaristokratie gelten könnten.

Viel wichtiger würde es sein, wenn man so große und reine Stücke herstellen könnte, daß sich daraus Gläser für Mikroskope und Fernröhre herstellen ließen, die wahrscheinlich unsere gläsernen Werkzeuge übertreffen würden, doch ist dazu noch weniger Aussicht vorhanden. Eine andere naheliegende Frage ist, ob sich die Diamanten in der Natur unter ähnlichen Verhältnissen gebildet haben möchten, wie die Hannay’schen? Die äußeren Bedingungen dazu, starke Glühprocesse unter gewaltigem Gasdruck, sind gewiß oftmals auf dem jungen Erdball vorhanden gewesen. Es ist für mich selbst überraschend und bezeichnend für die Weise, wie Prophezeiungen zu Stande kommen, daß ich vor ungefähr elf Jahren die Abscheidung des Kohlenstoffs aus seinen Verbindungen durch Metalle bei hohem Gasdruck als den muthmaßlichen Weg bezeichnete, auf dem die Natur Diamanten hervorgebracht haben könnte.

Nicht um irgend welche Prioritätsansprüche zu erheben, sondern einfach der Curiosität halber theile ich die Stelle, welche in einer Berliner Zeitschrift („Das Haus“, 1869, Nr. 25) steht, hier wörtlich mit. Es ist dort davon die Rede, daß das oben beschriebene Verhalten des Diamanten in der Hitze des galvanischen Kohlenlichtes nicht dafür spräche, daß er auf feurigem Wege entstanden sei. Nun heißt es: „Aus diesem Verhalten hatte man alsbald geschlossen, daß die Bildung der Diamanten auf kaltem und nassem Wege vor sich gegangen sein müsse, und Liebig sprach seine Meinung dahin aus, daß vielleicht eine Art Fäulniß oder Zersetzungsproceß aus einer organischen Substanz den Kohlenstoff in krystallinischer Form abgeschieden habe. Ein solcher Abscheidungsproceß hat immerhin für den Chemiker seine Fragezeichen, und man mag eher an die Abscheidung des Kohlenstoffes durch andere Substanzen, vielleicht unter erhöhtem Druck, denken. So scheidet Eisen das Kupfer aus seinen Lösungen … Vielleicht waren es in der That Eisenverbindungen, welche den Kohlenstoff als Diamant ausschieden; denn er kommt besonders häufig in einem eisenreichen Steinschutt (Caskalho) vor.“

Im Uebrigen braucht die Diamantenbildung in der Natur nicht überall in gleicher Weise vor sich gegangen zu sein – die Natur hat viele Mittel, und es läßt sich nicht leugnen, daß viele Diamanten Eigenschaften darbieten, welche eine allmähliche Bildung auf nassem Wege bis zu einem gewissen Grade wahrscheinlich machen. Manche Stücke zeigen Vertiefungen an der Oberfläche, als ob dieselbe ursprünglich weich gewesen wäre und Eindrücke von runden Sandkörnern oder spitzen Steinen empfangen habe. Aehnliche Vermuthungen erweckt das Studium der Einschlüsse vieler Diamanten. Petzoldt wollte Ueberbleibsel organischer Zellenbildung in einzelnen Stücken gesehen haben, und auch Göppert bemerkte mikroskopische Maschenbildungen, die wenn auch nicht auf organische Zellenbildungen, doch auf ein System regelmäßiger Sprünge hindeuteten, wie sich solche in weichen, langsam eintrocknenden organischen Massen (wie Gummi und Harz) bilden. Lippert nahm vor zwölf Jahren in gewissen Diamanten traubenförmig gehäufte grüne Kügelchen wahr, die auf’s Täuschendste den Zellen gewisser niedriger Pflanzen (Algen) glichen, und manche Naturforscher waren nicht abgeneigt, darin diejenigen Organismen zu erblicken, welche vielleicht die Bildung der Diamanten bewirkt haben könnten. Obwohl diese Vermuthung noch durch die Aehnlichkeit der krummflächigen Diamanten mit gewissen in organischen Flüssigkeiten gebildeten Krystallen, den sogenannten Krystalloiden unterstützt wird, bietet sie doch bei näherer Betrachtung so viele Schwierigkeiten, daß es richtiger ist, unsere völlige Unkenntniß von der Bildung der natürlichen Diamanten einzugestehen. Um so erfreulicher ist der Triumph der Wissenschaft auf diesem Gebiete, sofern er einen neuen, vorher ungeahnten Weg zeigt und beweist – wenn man daran zweifeln könnte – daß die bekannten Naturkräfte ausreichen, um den Diamanten hervorzubringen und seine Bildung zu erklären.




Aus der zoologischen Station in Neapel.
Von Carl Vogt.

„Nun, Antonio, etwas Neues?“ fragt einen wettergebräunten älteren Fischer ein blonder Herr im Arbeitsrocke, der seine Cigarre mit weltmännischem Anstande zwischen den Fingern hält.

„Nicht viel, Doctor Eisig,“ antwortet statt des Fischers, der ein verzweifeltes Gesicht macht und nur mit den Achseln zuckt, ein junger, hochaufgeschossener Mann in hohen Stiefeln, der als Diener eine Schürze vorgebunden hat und mit Pincette und Lupe in dem großen niedrigen Holzbecken herumkramt, in das der Fischer seinen Fang ausgeschüttet hat. „Bei solcher Tramontana wie sie seit einigen Tagen herrscht, ist die Fischerei nicht ergiebig.“

„So gehen Sie einmal nach Amphioxus, Antonio!“ befiehlt Dr. Eisig, „es sind verschiedene Herren da, welche den ‚ehrwürdigen Stammvater‘ haben möchten. Geben Sie ihm sein Geld, Salvatore,“ und Du, wendet er sich zu einem kleine Jungen „rufe Herrn Schmidtlein!“

Der Ort, wo dieses Gespräch stattfindet, ist eine geräumige, durch drei gewaltige Bogenfenster erleuchtete Halle, aus welcher jetzt Fischer und Diener mit Benutzung einer seitlich hinabführenden engen Treppe verschwinden. Die Fenster entlang stehen auf einem breiten Gerüste, das in seinem Innern große, zur Aufbewahrung bestimmte Kisten enthält, die runden, kaum handhohen Becken, in welchen der Fang sortirt wird. An der Hinterwand, dem Sortirungstische gegenüber, befinden sich zwei über einander stehende Reihen von Aquarien, etwa einen Meter hoch und tief, durch welche beständig Ströme von Seewasser hindurchrieseln. Die Thüren an beiden Enden führen in das Arbeitszimmer.

Professor Dohrn, der Gründer und Leiter der Anstalt, hat mir für die kurze Zeit meines Aufenthaltes in zuvorkommendster Weise eines dieser Zimmer, das er selbst zu seinen Arbeiten benutzt, eingeräumt. Ich trete in dem Augenblicke, wo der Fischer abgeht, aus meiner Thür, um zu sehen, was man Neues gebracht haben könne.

Es krabbelt und knistert in dem Sortirbecken. Hunderte von Einsiedlerkrebsen (Pagurus) arbeiten unter einander herum, jeder seine Schneckenschale mit sich schleppend, auf welcher eine schöne, blaßviolette, mit rothen Punkten gezierte Actinie, die Adamsia, sitzt. Ich habe früher in der „Gartenlaube“ (Jahrg. 1876, Nr. 25) von Roscoff her das zarte Freundschaftsverhältniß beschrieben, welches zwischen dem Krebse und der Actinie herrscht – aber während die so gesellten Freunde in Roscoff selten sind, kann man hier täglich Hunderte und aber Hunderte von Exemplaren haben. „Vortreffliches Futter für meine Meeraale, Muränen, Ziegen- und Zahnfische,“ sagt der inzwischen herbeigekommene Herr Schmidtlein, indem er sich über die Paguren beugt. „Michele, mache Dich gleich daran, die Bursche aus den Schale herauszuholen! Sie werden Ihre Freude haben, Professor, zu sehen, wie meine Aale aus ihren Töpfen herausschlüpfen und über die Einsiedler herfallen, sobald man sie in ihr Bassin schüttet. Das knackt förmlich unter ihren Zähnen.“

Die Meeraale (Conger) und die gefleckten Muränen bergen sich in der That in dem großen Aquarium, das dem Publicum geöffnet ist, in Thonurnen und Töpfen, aus denen sie nur die Köpfe hervorstrecken, bis das Futter sie vollständig hervorlockt. Die Töpfe passen so gut zu den Thieren, daß eine das Aquarium besuchende Dame fragte, ob sie von den Fischen selbst gefertigt seien?

Unterdessen sind ein zweiter und dritter Fischer, jeder mit seinem Gehülfen eingetreten. Der Eine hat mit dem feinen Netze an der Oberfläche den pelagischen, schwimmenden Thieren nachgestellt, der Andere auf einer Untiefe (secca) mit dem Schleppnetze den Boden abgekratzt. Salvatore schließt einen Behälter

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_340.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)