Verschiedene: Die Gartenlaube (1880) | |
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nichts weiter als hundert Oden alkäischen, asklepiadischen und
sapphischen Maßes. In’s Unberechenbare aber steigerte sich meine
Production, als mir ein Ungefähr Platen’s Gedichte in die
Hand spielte; ich sah mich dabei veranlaßt, von Griechenland
weiter nach Osten auszuschweifen und ausschließlich Ghaselen zu
componiren, in welchen Bülbül sang und sehr viel Wein verzapft
wurde, obwohl ich es selber kaum an hohen Festtagen bis zu
einem Glase gebracht hatte. Jetzt schwamm ich in meinem Element,
und auch die leidenschaftlichsten Feinde streckten vor den Ghaselen,
die bataillonsweise anrückten, ihre Waffen und bekannten sich zu
meiner Hafisischen Schulweisheit, welche mit unserem Geschmack
so wohl übereinstimmte und bei jeder Strophe mit einem neuen
Reime melodisch an den Becher klang. Ich trank mir an dieser
allgemeinen Begeisterung den gehörigen Muth, ließ mir die Haare
wachsen, legte die Hände auf den Rücken und fühlte mich Holtei
somit um ein Bedeutendes näher gerückt. Zwanzig meiner besten
Ghaselen schrieb ich ab, klappte den Horaz eines schönen
mittags sehr energisch zu und machte mich auf nach der Büttnerstraße.
Dort wohnte Holtei in dem Hôtel „Zu den drei Bergen“,
nachdem er Mitte der sechsziger Jahre von Graz nach Breslau
übergesiedelt war, um hier zu sterben und in heimischer Erde zu
ruhen, wie er zu sagen pflegte.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_261.jpg&oldid=- (Version vom 22.4.2021)