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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880)

dunklen Augen blitzte es drohend auf, und der Ausdruck von Stumpfsinn und Einfalt fiel wie ein Schleier von den energischen Zügen – der Knecht war zum Herrn geworden. – –

Ob Paulu sein drastisches „Recept gegen Schwiegermütter“ zur Anwendung brachte, blieb mir unbekannt, ist jedoch bei dessen gutmüthiger Charakteranlage um so weniger anzunehmen, als sich Frau Dordona, wie ich gelegentlich eines späteren Besuches bemerkte, mit echt rumänischer Geschmeidigkeit in die neue Ordnung der Dinge fügte, ja es ganz natürlich zu finden schien, wenn der junge Herr seine Rechte ihr gegenüber nicht allzu schonend geltend machte. Die merkwürdige Veränderung aber, welche mit Letzterem an jenem Hochzeitsmorgen vorging, war eine bleibende, was übrigens nur so lange befremdet, als man das bedingende Gesetz solchen psychologischen Processes nicht in’s Auge faßt. Knechtschaft erzeugt bei Individuen wie bei ganzen Völkern jene Hülle von Stumpfsinn und Einfalt, unter welcher Energie und Geist nothgedrungen sich birgt, wie Feuer unter todter Schlackenschicht. Wohl dem Herrn, der freiwillig die drückende Last der Knechtschaft mäßigt! Wehe dem Despoten, dessen gewaltthätige Faust plötzlich erlahmt!




Blätter und Blüthen.


Ein deutscher Burschenschafter. In Weimar ist vor wenigen Wochen ein Mann gestorben, der sich durch große Verdienste um einen wichtigen Zweig deutscher Cultur- und Sittengeschichte, um die so innig mit der Entwickelung unseres nationalen Lebens verwachsene Geschichte der deutschen Universitäten und ihres Studentenlebens, weithin einen Ruf erworben hat, und den auch die „Gartenlaube“ zu ihren Mitarbeitern zählte. Richard Keil, geboren 1828 in Weimar, bezog 1849 die Universität zu Jena, wo er bis 1853 die Rechte studirte. Schon hier entwickelte sich seine Neigung für historische Studien. Zu der Vergangenheit des akademischen Lebens zog es ihn hin, und als eifriger Burschenschafter durchforschte er emsig das reiche Material, welches für diesen Zweck in der Bibliothek des Jenaischen Burgkellers, in dem zur Zeit der denkwürdigen Demagogenhetze viel verfolgten Archiv, erhalten ist. Aus diesen so früh begonnenen Studien ist dann später nach mühevoller Ermittelung, Sichtung und Verarbeitung aller Quellen und unter Benutzung mündlicher und schriftlicher Mittheilungen ehemaliger Jenenser Studenten das von ihm in Gemeinschaft mit seinem Bruder Robert Keil verfaßte Werk hervorgegangen: „Geschichte des Jenaischen Studentenlebens von der Gründung der Universität bis zur Gegenwart, 1548 bis 1858“ (Leipzig, Brockhaus). Dieses Buch erschien zur dreihundertjährigen Jubelfeier der Hochschule und wurde weithin mit großer Freude und Anerkennung begrüßt, wie dies auch die hervorragendsten Männer (unter Anderen Alexander von Humboldt) in kritischen Aufsätzen und ehrenvollen Zuschriften aussprachen. In der That ist dieses Geschichtswerk bis jetzt die einzige gründliche Monographie über das Studentenleben geblieben, und in den Abschnitten über die neueren Zeitperioden zugleich eine Geschichte der deutschen Burschenschaft.

Wiederum in Verein mit seinem Bruder Robert gab Richard Keil sodann nach alten Handschriften gesammelte „Deutsche Studentenlieder des siebenzehnten und achtzehnten Jahrhunderts“ mit einer Einleitung über die Geschichte des deutschen Studentenliedes heraus, und gleichzeitig begannen die fleißigen Brüder mit Hülfe der großen Stammbüchersammlung der Weimarischen Bibliothek und zahlreicher in Privathand befindlicher Schätze umfassende kulturhistorische Studien über die deutschen Stammbücher der früheren Jahrhunderte.

Der Burschenschaft war und blieb Keil’s Liebe treu gewidmet, und interessant ist wohl auch die Thatsache, daß der ehrwürdige Mitbegründer der Verbindung, der erste Componist von Arndt’s Vaterlandslied, Pfarrer Johannes Cotta (vergl. „Gartenlaube“, Jahrg. 1863, S. 688 und 1868, S. 282), sein Schwiegervater wurde. Am Jahrestage der Gründung segnete er die Ehe der Tochter mit dem jüngern Freunde ein. Das Burschenschaftsjubiläum 1865 feierte Richard Keil in Jena fröhlich mit und ließ mit seinem Bruder Robert als Festschrift das historische, gleichfalls sehr bekannt gewordene Werk „Die Gründung der deutschen Burschenschaft“ erscheinen. Im Jahre 1867, bei der erhebenden Erinnerungsfeier des Wartburgfestes, war er mit Johannes Cotta, Friedrich Hofmann, Robert Keil und U. R. Schmid Mitglied des Festcomités und veröffentlichte mit seinem Bruder das an geschichtlichen Materialien so reiche, mit einem der schwungvollsten Gedichte F. Hofmann’s gezierte Buch: „Die burschenschaftlichen Wartburgfeste von 1817 und 1867“.

Mit der akademischen Jugend, die ihn verehrte und liebte, blieb er, gemüthvoll und lebensheiter, alle Zeit in regstem Verkehre. Von seinem munteren Commersiren, seinen Frühlingsausflügen mit den jungen Burschen der „Arminia“ weiß der Jenaer Burgkeller, wissen die Rudelsburg und das Saalthal noch aus dem vergangenen Jahre zu erzählen. Seine freundschaftlichen Beziehungen und die ihm erwiesene Verehrung erstreckte sich über alle deutsche Universitäten. Auch der Lese-Verein der deutschen Studenten Wiens ernannte ihn zu seinem Ehrenmitgliede. Unermüdlich wirkte er für die Gründung des für Jena bestimmten, von Donndorf ausgeführten Burschenschafts-Denkmals. Die Vollendung dieses schönen Werkes aber und die Feier der Enthüllung sollte er leider nicht erleben.

Seiner amtlichen Stellung nach war Richard Keil Rath bei der Generalcommission für Ablösungen und Separationen in Weimar. Nur die Mußestunden, welche diese Thätigkeit ihm übrig ließ, widmete er fort und fort seinen literarischen Bestrebungen. Mitten in denselben ereilte ihn nach kaum überstandener Krankheit ein jäher Tod. Sein Begräbniß legte Zeugniß ab von der Trauer, welche sein Hinscheiden erregte, und der Liebe und Anerkennung, die er sich erworben hatte. Aus der Nähe und Ferne waren die Freunde herbeigekommen, und auch die drei Jenaer Burschenschaften hatten dazu Deputationen gesandt, die eine von schwarz-roth-goldenem Bande umwundene Palme ihm auf den Sarg legten. Seinen weiteren schriftstellerischen Plänen hat das Geschick ein Ziel gesetzt, was er aber geschaffen, das genügt hinlänglich, um seinen Namen fortleben zu lassen im Herzen der wissenschaftlichen Jugend Deutschlands und vor Allem auf den Hochschulen, wo Burschenschaften bestehen, die ihn bis an sein Ende als einen der Treuesten unter den Treuen gekannt haben.




Aussichtsloser Versuch (Abbildung Seite 189). Daß Adolf Eberle, ein Schüler Piloty’s, über einen kerngesunden Volkshumor verfügt und diesen ebenso frisch wie klar zu gestalten versteht, dafür legt unser Holzschnitt nach einem seiner jüngsten Bilder unumstößliches Zeugniß ab. Das vor unsern Blick gezauberte Gesellschäftchen zeigt ein Stück Lebenslustigkeit von der Sorte, die sich gar nicht glücklicher äußern kann, als wenn sie eigentlich über Nichts lacht. Und, um viel mehr handelt es sich hier nicht. Das lustige Dirnenvolk auf der Alm hat den alten Freund und Topfflicker, sicherlich mit der ernsthaftesten Miene von der Welt, hereingelockt und ihm Aussicht auf lohnende Arbeit gemacht – und nun hält er einen „Unheilbaren“ in der Hand und muß sich von den Uebermüthigen auslachen lassen. Indessen, er ist ersichtlichermaßen der Mann, der einen Spaß versteht, und wenn er verlegen aussieht – dem Anblick dieser Verlegenheit kann der Beschauer sich ruhig hingeben; es wird keine Gemüthsverstimmung erfolgen, wenn der wackere Meister das ehrwürdige Gefäß schließlich zurückgeben, die Unzulänglichkeit seiner Kunst eingestehen und den lustigen Spott von drei Paar rothen Mädchenlippen als einzigen Ertrag seiner Bemühungen heimtragen muß. Wir sind überzeugt, daß viele unserer Leser, wenn ihnen die rechte Harmlosigkeit dazu nicht fehlt, sich an dem Bildchen erfreuen werden.




Kleiner Briefkasten.


Abonnentin in Budweis. E. Marlitt erfreut sich des besten Wohlseins und ist eben beschäftigt, einen neuen Roman für die „Gartenlaube“ zu vollenden.

H. K. in Wilna. Ihnen und vielen Ihrer Leidensgefährten, die bei uns anfragen, ob das Mikrophon noch nicht für Schwerhörige nutzbar gemacht worden sei, müssen wir leider erwidern, daß wir wohl von Versuchen, aber von keinem durchschlagenden Erfolge in dieser Richtung gelesen haben.

L. F. in Budapest. Von Ihrer Notiz, daß der Vater Munkacsi’s, Michael Lieb, nicht als Theilnehmer an der Revolution im Gefängnisse, sondern im März 1652 als kaiserlich königlicher Sammlungs-Cassa-Einnehmer in Miskolcz gestorben, sowie daß derselbe sich 1851 noch zum zweiten Male mit Elisabeth Eötvös verheirathet habe, welche erst 1878 das Zeitliche gesegnet, nehmen wir bestem Dank hiermit Act. Der Irrthum ist uns übrigens um so unbegreiflicher, als der Artikel dem Künstler selber zur Prüfung der angegebenen Thatsachen auf ihre Richtigkeit hin vorgelegen hat.

Abonnentin in Pest. Das Portrait der Tragödin Clara Ziegler finden Sie im Jahrgang 1868, Nr. 32.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1880). Leipzig: Ernst Keil, 1880, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1880)_200.jpg&oldid=- (Version vom 23.6.2023)