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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)


„Ja, fürchten Sie nur: es sollte wohl etwas Thörichtes herauskommen.“

Es entstand eine Pause.

Plötzlich rief Pranten: „Glauben Sie übrigens, daß wir mitunter auch an dem, was wir als thöricht erkennen, so schwer zu tragen haben, wie an thatsächlichem Leid?“

„Wenn wir es als thöricht erkennen?“ fragte sie zweifelnd.

„Ein Beispiel! Sie müssen mir doch einräumen, daß uns die Vorlesetage Freude gemacht haben – und Ihnen auch? Sie wären unwahr, wenn Sie es leugneten –“

„Warum sollte ich das?“ warf Josephine ein, indem sie sich ihm voll zuwandte.

„Ich setze auch nur den Fall. Sehen Sie, nun könnte Jemand, zum Beispiel Sie, mit Recht behaupten, daß es sehr thöricht von mir sei, mich um das baldige Aufhören dieser Freude ernstlich zu bekümmern, da es sich doch nur um einen Ausfall von höchstens vier Wochen handle. Dennoch thue ich es, muß es thun –“

„Wirklich?“

„Und nicht in bloßen Worten; mir ist eben immer, als schlösse mit Ihrem Fortgehen das Ganze ab, als endete unser Verkehr damit.“

„O nein!“

„Ihnen thäte das auch weh?“ fragte er dringend.

„Gewiß, Herr Baron! Ihr Vorlesen –“

„Ach, mein Vorlesen,“ unterbrach er heftig, „ist leicht zu ersetzen. Wenn Ihre Pathe Schussenried die Thekla –“

„Seien Sie nicht wieder böse – –“

„Bin ich das schon gewesen?“

„Wenn die Pathe kommt!“

„Hat sie nicht jedesmal dies oder das an Ihnen auszusetzen? Zudem läßt das Gefühl nicht von mir, daß sie meine Widersacherin ist, Ihnen, wie besonders Frau Ballingen Ungünstiges über mich zutragen darf. Irre ich mich?“

Josephine erblaßte.

„Sie können es nicht leugnen!“ drängte Pranten, „und auch Sie glauben ihr, ich fühle das.“

„Sie – fühlen – das?“ fragte Josephine in einer Art von Bestürzung, welche die Anklage zu bestätigen schien.

„Nun ich darüber nachdenke,“ rief er noch erregter, „wird mir etwas ganz klar: Sie waren bereits in voriger Woche anders zu mir, als sonst, kürzer, weniger theilnehmend. In Ihrem Wesen liegt ein gewisses Auf-der-Hut-sein, jedenfalls irgend etwas,


Zu Felix Dahn’s: „Wie die Zeit vergeht“. II.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 680. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_680.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)