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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)


So Professor Camphausen’s vortreffliche dichterische Interpretation, welche er (der ‚Malkasten-Ernst’) von der Höhe aus der Figurengruppe herab der Düsselnixe gegeben. Aus dem Wasser herauf fröhlich geschwätzige Erwiderung der Düsselnixe, sodann ihre ruhmvolles Loos kündenden Grüße an den Königssproß und endlich ein Hoch auf die deutsche Kunst, getragen vom Tusch schmetternder Fanfaren und den begeisterten Hochrufen der bis dahin in stiller Andacht schauenstrunken in die Märchenwelt versunkenen Menge.

Noch einmal erhellen Feuerwerk und bengalische Flammen das lebensvolle, feenhafte Gesammtbild:

„… Wie im Strahlenfunkeln
Der Meister über seinen Werken thront,
Johannisnacht uns webt phantastisch milde
Ihr magisch Band um seines Ruhm’s Gebilde’ –

Dann aber war das Spiel zu Ende. Die Gruppen ordneten sich unter den Klängen des Marsches wieder zum Zuge, und was oben in luftiger Höhe Gott oder Göttin gewesen, begab sich jetzt in menschlicher Gestalt und öfters sogar durstiger Geberde auf den Weg zur Freitreppe des Winterlocales, um daselbst vom ,Malkasten-Humor’ (Maler Hempel), einem köstlichen, lustigen Burschen, in sein Reich des übersprudelnden Frohsinns eingeführt zu werden.

,Ihr hohen und gestrengen Herrn,
Laßt Rang und Titel ’mal draußen fern,
Zieht aus Euern Kriegs- und Regierungsfrack
Macht’s Euch bequem und raucht Tobak,
Und denkt wie Faust: Bei Groß und Klein,
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.’

So lautete ,Humor’s’ Devise, welcher alsbald so Griechen wie Trojaner folgten: Hector und Achill steckten den Säbel ein, und Brunhild wie Chriemhilde wandelten Arm in Arm mitsammt all den ehrbaren Engeln, Heiligen, Aposteln und den alten fidelen Griechengöttern friedlich daher, die Einen, um sich im muntern Reigen zu schwingen, die Andern, um Kampfes- und Liebesleid wie Heiligenschein bei Rebensaft und fröhlichem Gelächter zu vergessen.

,So ging’s hindurch zum frohen hellen Tag,
Im Malkästulein im grünen Haag.’“




Amerikanische Weine. Californien verspricht alle Staaten der Nordamerikanischen Union im Weinbau zu überflügeln; seine Weine haben sich jetzt schon in allen Städten der Union eingebürgert; allein obgleich sie durch ihre Reichhaltigkeit und Billigkeit die übrigen amerikanischen Weine übertreffen, wollen diese dem deutschen Weinkenner und Trinker doch nicht so recht behagen, denn, obgleich deutscher Abstammung und auch was Blume anbetrifft dem Rheinwein an die Seite zu stellen, ähneln sie im Geschmack mehr den spanischen Weinen und haben statt der dem Rheinwein eigenthümlichen angenehmen Säure einen mehr süßlichen Geschmack angenommen.

Nächst Californien sind es die Ufer des Ohioflusses, die sich durch Weinbau auszeichnen, und zwar ist als der beste und bekannteste der Catawbawein zu nennen, jedoch haben alle Ohioweine von ihrem alten Renommée viel dadurch verloren, daß schon die Weinbauern selbst ihre Moste mit dem billigen französischen sogenannten Cettewein, der sich durch seine Geschmacklosigkeit besonders dazu eignet, während der Gährung verschneiden; dieser Wein findet deshalb in vielen Schiffsladungen alljährlich seinen Weg von Marseille nach Cincinnati, der Hauptstadt Ohios.

Lake Erie Island, eine Insel im Eriesee, welche von einer großen Gesellschaft behufs Weinbaus bearbeitet wird, liefert wohl mit den besten amerikanischen Wein, der jedoch wegen der Höhe seiner Preise weniger allgemein beim Publicum bekannt ist und mehr von dem geborenen Amerikaner getrunken wird, der alles Fremde haßt und deshalb diesen native vorzieht. Auch in den Staaten New-Jersey und Virginia wird der Weinbau an einzelnen Orten mit gutem Erfolg betrieben.

In der Nähe des Mississippi hat sich eine Schweizer-Colonie, Highland (auch dadurch bekannt, daß hier die ersten Schützenfeste Amerikas stattfanden) um den Weinbau verdient gemacht, während diese Ehre an den Ufern dieses Stromes selbst einer Firma in St. Louis gebührt, die neben vielleicht dem größten Weinlager amerikanischer Weine auch die größten Privat-Weinanlagen in Verbindung mit Rebenzucht diesseits der Cordilleren besitzt, somit nicht nur den Weinbauern einen Markt für ihre Producte geschaffen hat, sondern sie auch mit den besten Rebpflanzen versorgen kann. Es sei nebenbei bemerkt, daß diese Firma mit vielen Kosten, jedoch ohne Erfolg, die deutsche Rebe an den Ufern des Mississippi einzubürgern versuchte, daß dieselbe mehrere hundert Arten von Reben cultivirt und zum Verkauf stellt und jährlich viele Hunderttausende von Schnittlingen hauptsächlich nach dem südlichen Frankreich exportirt, welche, auf den Stock französischer Reben gepfropft, wenig von der Reblaus heimgesucht werden sollen.

Es liegt in dem Charakter des Amerikaners, immer nach etwas Neuem zu haschen, und so will der sich dafür Interessirende auch immer neue Rebensorten haben, die natürlich alle bis dahin bekannten in möglichst vielen Beziehungen übertreffen sollen. Deshalb ziehen Viele jahraus, jahrein Tausende von Rebstöcken aus den Kernen der Traube, hoffend, daß unter diesen vielen unveredelten Rebstöcken sich einer finden möge, der durch die Größe seiner Traube, deren frühe Reife, deren Geschmack oder deren Ergiebigkeit alle anderen Arten übertrifft. – Will dem so Experimentirenden der Zufall wohl, so bezahlt eine neue Spielart, die sich auszeichnet, die Mühe und Arbeit vieler Jahre.

Einem solchen Experimente verdankt die Concordrebe ihr Dasein, von der nach der Statistik über Weinbau beinahe dreiviertel aller ausgepflanzten Rebensorten im Jahre genommen werden. Obgleich der von der Concordrebe (Concord nach einer Stadt in Massachusetts genannt, wo sie zuerst entdeckt wurde) gewonnene Wein nicht gerade zu den besten zählt, so empfiehlt sich diese Rebe doch durch folgende Eigenschaften: sie wächst in jedem Klima und auf jedem Boden, auf den Bergabhängen sowohl wie im Flachlande gleich üppig; ihre Productivität ist eine bedeutende; endlich widersteht sie großer, trockener Hitze ebenso wie großer Kälte, wenigstens hat die Concordrebe seit ihrer Einführung, also seit etwa fünfzehn Jahren, noch keine Fehlernte gegeben, und da sie sehr schnell wächst, so liefert ein Weinberg, mit dreijährigen Pflanzen angelegt, schon nach ein paar Jahren ganz hübsche Erträge. Der Preis variirt von zwanzig bis fünfundzwanzig Dollar per Tausend solcher Rebenpflanzen.

Hat auch die Cultivirung und hauptsächlich die Anpflanzung von Obstgärten das Klima der Prairien, namentlich derer von Illinois, bedeutend verändert, indem der Regen sich hier jetzt öfter einstellt, so sind die Farmer doch noch für mehrere Monate der Sommerzeit auf das von ihnen in Cisternen aufgesammelte Wasser angewiesen, welches nach langer Dürre viel an Geschmack zu wünschen übrig läßt und auch nicht gerade gesund sein soll. Diese Eigenschaften bewirkten, daß der Whisky (Schnaps) eine große Rolle im Haushalte des Landmannes spielte, dessen Genuß die schlechten Eigenschaften des Cisternenwassers paralysiren sollte. Später setzten ihn die Erträge seines Obstgartens in den Stand, in dem Apfelwein (Cider) einen Substituten für beides, Wasser und Branntwein, zu finden, doch behielt letzterer wenigstens bei den männlichen Mitgliedern der Familie die Oberhand. Erst der Concordrebe, die schneller und sicherer als der Obstgarten bei verhältnißmäßig wenig Arbeit gute Erträge liefert, gelang es mehr als allen Temperanzpredigern, den Branntwein allmählich zu verdrängen, und selten wird heute ein Prairiefarmer gefunden, der nicht genügend Concordwein im Keller hat, welcher an Wochentagen mit Wasser gemischt, an Sonn- und Festtagen rein bei Tisch getrunken wird; der billige Preis des Weins, zwanzig Cent per Gallone, etwa fünfundzwanzig Pfennig per Liter, setzt auch den Anfänger, dessen Weinberg noch zu jung ist, in den Stand, sich denselben für seinen Gebrauch anzuschaffen.

Es bliebe nur noch übrig zu bemerken, daß der Concordrebstock, je älter er wird, desto bessern Wein liefert, wie auch, daß der Wein selbst durch Alter sehr gewinnt. Die Traube hat selten große Beeren und ist von tiefschwarzblauer Farbe, der Wein ist sehr dunkelroth, dick und von burgunder-ähnlichem Geschmack.




Nachtrag zu dem Artikel über die Großfußhühner. „In dem sehr interessanten Aufsatz von Dr. Baldamus (Nr. 26 dieses Jahrgangs) über die merkwürdige Thiergruppe der Großfußhühner,“ schreibt man uns, „ist eines Umstandes nur im Vorübergehen Erwähnung geschehen, der gleichwohl sehr bezeichnend ist und auf die Größe der Eier sowohl wie des Dottermaterials erst das rechte Licht wirft. Die jungen Großfußhühner erlangen im Ei eine viel vollkommenere Ausbildung als alle anderen Vögel und bedürfen wohl deshalb eines reichlicheren Bildungsstoffes. Während, so weit bekannt, die Jungen aller übrigen Vögel beim Verlassen des Eies mit einem eigenthümlichen gleichartigen Dunengefieder, dem Embryonalgefieder, bekleidet sind, tragen die Großfußhühner sofort von ihrem Geburtstage an ihr vollkommenes, in Deck-, Schwung- und Steuerfedern nebst Unterdunen gesondertes Gefieder, sodaß sie gleich vom Ei weg zu fliegen im Stande sind. Es war nun eine nach mehr als einer Richtung wichtige Frage, ob dieses ursprüngliche Dunenkleid, welches sich, wie gesagt, sonst bei den Nestjungen aller Vögel findet, hier gar nicht zur Entwickelung komme, oder ob dasselbe doch im Ei sich entwickele, und abgestoßen wird, bevor der Vogel das Nest verläßt.

Während des Aufenthalts der deutschen Corvette ,Gazelle’ auf der Insel Neu-Britannien im Norden von Neu-Guinea hatte Professor Th. Studer aus Bern im August 1875 Gelegenheit, sowohl eben ausgeschlüpfte, wie noch im Ei befindliche Junge des im obigen Aufsatze beschriebenen Freycinet’schen Großfußhuhns zu beobachten. Die Eier lagen zu wenigen beisammen, in kurzen gangartigen Löchern des schwarzen Lavasandes der vulcanischen Insel, der sich am Tage in der Sonne bis auf 38 bis 40 Grad Celsius an der Oberfläche erhitzt. Frisch ausgekrochene Junge, die keine Spur vom Embryonalgefieder zeigten, schnell im hohen Grase umherliefen und aufgeschreckt im Stande waren, eine kurze Strecke zu fliegen, wurden am 16. August beobachtet, dann aber in den verhältnißmäßig sehr großen Eiern ausgebildete Junge gefunden, deren Körper mit schwarzen haarartigen Gebilden bedeckt war, ähnlich den sogenannten Federkeimen des jungen Haushuhns. Dieselben staken ganz lose in der Haut und fielen schon bei etwas derberer Berührung aus; das ausgeschlüpfte Thier zeigte keine Spur derselben. Da dieses Embryonalgefieder hier schon im Ei abgestoßen wird, mithin gar keine schützende Bedeutung für das junge Thier besitzt, so schließt Professor Studer, daß es vielleicht nur eine Erbschaft von den ausgestorbenen Ahnen der Vögel vorstelle, eine Annahme, die durch den Umstand an Wahrscheinlichkeit gewinnt, daß mehrere heute lebende, aber den Reptilien noch näher stehende Vögel, wie z. B. der neuseeländische Kiwi, ihr Lebelang ein solches haarähnliches Gefieder behalten.“




Schneckenburger’s Grab. In Folge unserer Aufforderung in Nr. 5 des Jahrgangs 1874, Seite 88 zur Begründung eines Fonds zu würdiger Gestaltung der Grabstätte des Dichters der „Wacht am Rhein“ sind eine Anzahl Beiträge eingegangen, welche jedoch, da der Friedhof, auf welchem Schneckenburger die letzte Ruhe gefunden, planirt worden, ihrer Bestimmung nicht zugeführt werden können. – Wir stellen daher die eingegangenen Gaben den Absendern hiermit zur Verfügung und bemerken, daß wir alle nach dem 15. August dieses Jahres nicht abgenommenen einer milden Stiftung überweisen werden.

D. Red.


Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 496. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_496.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2023)