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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

Durchmesser haltenden Gruben, in denen die Eier ein bis zwei Fuß tief lagen – zuweilen nur eins oder zwei, oft aber auch sieben bis acht, jedes sechs bis acht Zoll vom andern entfernt. Die Vögel kommen nach seiner Angabe im August und September, wo es wenig oder gar nicht regnet, paarweise und oft zehn bis zwölf Meilen weit zu den Nistplätzen und wählen eine alte Grube oder machen eine neue, indem beide Gatten abwechselnd ausscharren und dabei eine wahre Fontaine von Sand emporwerfen. Wenn die nöthige Tiefe erreicht ist, legt das Weibchen ein Ei und bedeckt es mit Sand, worauf beide Gatten zum Walde zurückkehren. Gegen Ende des dreizehnten Tages kommt dasselbe Paar zum Nistplatze zurück, und das Weibchen legt ein zweites Ei. Nachdem die Eier gelegt und bedeckt worden sind, kümmern sich die Eltern nicht mehr um sie: die jungen Vögel brechen die Schale, arbeiten sich durch den Sand und laufen dem Walde zu.

Aehnlich berichteten über diese und andere Arten der Grubennister alle übrigen Beobachter, Mac Leod, Pritchard und Andere; mir speciell ausführlich, mündlich und schriftlich, Baron von Rosenberg, welcher einunddreißig Jahre in Malayasien zugebracht hat.

Solche Grubennister sind unter andern die meisten Megapodien, und zu diesen zählt denn auch der Megapodius Pritchardi von Niua-fou. Dr. Bennett berichtet über ihn in der Zeitschrift „Proceedings“ nach Mittheilungen des Capitain Mac Leod: „Dieses Huhn lebt in dem buschreichen Innern der Insel Niua-fou in der Nähe der großen, wahrscheinlich aus einem verloschenen Krater entstandenen Lagune, welche die Mitte der Insel einnimmt. An der einen Seite dieser Lagune legen die Vögel ihre Eier zwei Fuß tief unter die Oberfläche des Bodens. Die Zahl der Eier ist verschieden; zuweilen findet man 40 beisammen.“ Pritchard, nach welchem diese Art durch G. R. Gray benannt worden ist, beruft sich auf Angaben der Eingeborenen für die Behauptung, daß die Eier (in einer Grube?) bis zu 200 pyramidenförmig ansteigend gelegt werden.

Ueber die wallbauenden Scharrhühner hat zuerst der verdienstvolle Reisende und Erforscher der australischen Vogelwelt, John Gould, in seinem Prachtwerke „Die Vögel Australiens“ berichtet. Die Entdeckung, daß die von manchen Reisenden für Grabhügel der Australneger gehaltenen Wälle und Hügel „Brütanstalten“ der Großfußhühner seien, machte große Sensation und veranlaßte neue und eifrige Forschungen bezüglich der Lebens- und Nistweise dieser merkwürdigen Vögel.

Gould selber sah von Brüthügeln der drei in Australien heimischen Arten nur den des Talegallahuhnes (Talegalla Lathami) und zwar auch nur den eines in Sydney in Gefangenschaft gehaltenen Vogels, der sich gewöhnlich im Hühnerhofe zu den Haushühnern hielt und einen 10 Fuß hohen Haufen von vegatabilischen Materialien zusammengescharrt hatte. Gould sagt:

„… Der Vogel sammelt einen ungeheuern Haufen todter Pflanzentheile als Unterlage für die Eier und überläßt diese der Wärme, welche durch die Zersetzung des mit Sand oder Erde vermengten Materials entwickelt wird, zum Ausbrüten. Mehrere Paare vereinigen sich zu dem Bau dieser Brüthügel, und zwar schon einige Wochen vor dem Eierlegen. Sie verfahren dabei ebenso wie unsere Hühner beim Scharren, das heißt sie werfen Blätter, Sand, Erde etc. mittels der mit kräftigen Zehen und langen Schaufelnägeln ausgerüsteten stämmigen Beine hinter sich auf einen Punkt zusammen und scharren dabei den Boden ringsum so rein, daß man ziemlich weit umher kein Blatt und keinen Grashalm sieht. Ist der Hügel hoch genug und hat sich die Gährungswärme genügend entwickelt, so werden in eine oben oder seitlich kraterförmig ausgescharrte Grube die Eier armtief und neun bis zwölf Zoll von einander senkrecht, mit dem spitzen Ende nach unten, eingelegt und bedeckt. Eingeborene und in der Nähe solcher Brüthügel lebende Colonisten versicherten, daß man nicht selten aus einem solchen einen Scheffel (Bushel) Eier nehme, welche äußerst wohlschmeckend sind und deshalb sorgfältig aufgesucht werden. Dagegen weichen die Erzählungen der Eingeborenen darin von einander ab, daß die Einen behaupten: die Mütter hielten sich zur Zeit des Auskommens der Junge fortwährend in der Nähe der Hügel auf, um jene zu schützen und zu bedecken, Andere aber versicherten, daß sie sich nach dem Eierlegen nicht weiter um Eier und Junge kümmerten und diese ihren Weg ohne Beistand fänden.“ Einen Nistplatz der Talegallahühner veranschaulicht die eine der beigegebenen Illustrationen.

Ueber den Wallbau einer zweiten australischen Art, des schönen augenfleckigen Scharrhuhns (Leipoa ocellata), liefert Gilbert in einem Briefe an Gould eine der obigen nahekommende Schilderung. Der größte von ihm untersuchte Wall hatte fünfundvierzig Fuß im Umfang und volle fünf Fuß Höhe. Das innere vegetabilische Lager in allen zur Aufnahme der Eier noch nicht vorbereiteten Wällen war feucht und kalt, und Gilbert glaubt deshalb, daß der Vogel dasselbe jedesmal vor dem Eierlegen umwende und mit Erde bedecke. Alle oben gerundeten Hügel enthielten Eier, während die ohne Eier weder oben, noch an den Seiten abgerundet, an letzteren vielmehr höhlenartig ausgescharrt waren. Die genauesten Beobachtungen speciell über diese Art hat übrigens Sir George Grey, der als Forscher und Förderer der Naturwissenschaften hochverehrte Gouverneur von Australien, der Capcolonie und Neuseeland, gemacht. Nach ihm legt dies Scharrhuhn zweimal im Sommer je acht bis zehn Eier, dabei täglich nach Sonnenaufgang eins. Er beobachtete die Vermehrung von Gelegen aus acht Eiern, wovon die ersten vier Eier in ein Quadrat oder einen Rhombus zu liegen kamen; die vier nächsten wurden dann zwischen die vier ersten gelegt.

Wie mehrere Eingeborene ihm übereinstimmend versicherten, gehört immer nur ein Paar zu einem Hügel, der alljährlich ausgebessert oder neu angelegt wird. Das Männchen hilft dem Weibchen beim Oeffnen und Zudecken des Hügels, und beide benutzen denselben weiter, auch wenn man ihn einige Mal der Eier beraubt hat. Vom Beginn des Baues bis zum Auskriechen des letzten Jungen vergehen vier Monate. Die Jungen scharren sich selbst heraus, ohne daß die Mutter ihnen beisteht. Es kommen in der Regel alle auf einmal heraus, zuweilen auch nur ein paar mit einander. Die Mutter hält sich in der Nähe, kommt auf den Ruf der Jungen herbei und führt dieselben, wie unser Haushuhn.

Auch über eine dritte australische Art, von Gould für neu gehalten und Megapodius tumulus (wallbauendes Großfußhuhn) oder Junglehuhn benannt), hat der treffliche und unermüdliche Gilbert noch kurz vor seinem jähen Tode interessante Beobachtungen gemacht, die, in seinen Tagebüchern und Notizen verzeichnet, durch Dr. Leichhardt’s Energie nach England und in Gould’s Hände gelangten. Gilbert hatte sich in Australien dem Dr. Leichhardt auf seiner Landreise in’s Innere angeschlossen und fiel bei einem nächtlichen Ueberfalle der Zelte durch Eingeborene, ein Tod, den später auch der muthige Leichhardt finden sollte. Gilbert untersuchte die kegelförmigen Wälle dieser Vögel bei Crockersbay, wahre Riesenbauten mit von oben oder seitwärts schräg in’s Innere laufenden, sehr locker gefüllten Bruthöhlen und gewöhnlich nur einem Ei im Grunde. Hinsichtlich ihrer Lage, Form und Bestandtheile fand er die Brüthügel sehr verschieden; meist in der Nähe des Wasserrandes und unter dichtbelaubten (kleinen) Bäumen verborgen, glichen einzelne aufgeworfenen Wällen; an der Südseite von Crockersbay fand er einen solchen von 25 bis 30 Fuß Länge bei 5 Fuß durchschnittlicher Höhe. Ein anderer fast kegelförmiger bedeckte einen Raum von 150 Fuß Umfang. Die Hügel und Wälle waren augenscheinlich das Werk mehrerer Jahre und Generationen, einige offenbar sehr alten Ursprungs, denn es waren Bäume aus ihnen hervorgewachsen. Gilbert beobachtete, daß die Vögel vom Ende August bis März legen und nur in der trockensten Jahreszeit aussetzen. Diese Angaben fanden durch John Mac Gillivray ihre Bestätigung.

Zum Schluß ist einer in ihrer Brütweise von der vorigen abweichenden Art der Scharrhühner, zugleich der schönsten unter allen zu gedenken, welche den Namen ihres Entdeckers Wallace trägt. Sie komme, berichtet dieser, aus den Wäldern des Innern – einiger Inseln der Molukkengruppe – nach dem Seestrande herab, scharre aber weder Wälle noch Gruben, sondern grabe eine gegen 3 Fuß tiefe Höhle in schräger Richtung in den Sand, auf deren Boden sie ihre 3 bis 3¼ Zoll langen und 2 bis 2¼ Zoll breiten Eier niederlege und leicht bedecke. Endlich macht Dillwyn von Scharrhühnern Mittheilung, welche die Nester so herstellen, daß sie „bis 18 Zoll tiefe Gruben mit einem großen Haufen von Muscheln und Schutt bedecken“.

In dem Erstaunen über die enorme Größe der Scharrhühnereier im Verhältniß zur Größe der Vögel sind alle Beobachter

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 439. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_439.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)