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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)


Empfangssalon führt, ist mit Holzschnitzereien, Aquarellen, Oelbildern und Gobelinportièren künstlerisch decorirt.

Die größere unserer Illustrationen (S. 333), von dem Urenkel desselben Meisters Zick gezeichnet, welcher den Plafond im Empfangssalon der Kaiserin mit den Fresken „Nacht und Morgen“ geschmückt hat, führt uns in diesen Empfangssalon. Wir sehen einen kleinen Abendcirkel der Kaiserin im Schlosse von Coblenz vor uns. Die hohe Frau nimmt die Mitte des durch zwei Marmorsäulen getheilten Gemaches ein, unmittelbar unter dem lebensgroßen Bilde des letzten Kurfürsten, der vor neunzig Jahren hier Hof gehalten hat. Zu beiden Seiten des Kurfürstenbildes befinden sich zwei moderne Portraits. In dem blonden Jüngling mit dem braunen Civilrocke und der hohen schwarzen Atlascravatte würde man kaum mehr den jetzt so männlichen Kronprinzen des deutschen Reiches wiedererkennen. Hier ist er als Bonner Studio dargestellt.


Die Trinkhalle in den Coblenzer Rheinanlagen.
Nach der Natur gezeichnet von A. Zick.


Leichter schon findet man links aus dem sinnigen Mädchenkopfe die geliebte Tochter des Hauses, die Großherzogin von Baden, heraus. Unter diesen Portraits ist der Lieblingsplatz der Kaiserin; hier lauscht sie, mit einer Handarbeit beschäftigt, den Worten des Vorlesers. Um sie her ist ihr persönlicher Hof versammelt, an der Spitze desselben die Palastdame Gräfin Adelaide von Hacke, ihre treue und langjährige Begleiterin, ferner ihr Oberhofmeister Graf Nesselrode, ihre Hofdamen und sonst noch Personen, die geladen oder als Gäste eingetroffen sind.

Auf unserem Bilde zur rechten Seite der Kaiserin sitzt der commandirende General des siebenten Armeecorps, der Held der Schlachten im nördlichen Frankreich, General von Goeben[WS 1]; die schlanke militärische Gestalt rechts von ihm gehört dem Commandeur des Regiments „Augusta“, Oberst von Minkwitz. Den zweiten Platz links von der Kaiserin hat der Oberpräsident von Bardeleben inne, der Hausgenosse der Kaiserin, welcher in den Parterreräumen des Schlosses seine Dienstwohnung hat. Die martialische Militär-Figur rechts im Vordergrund ist der Gouverneur von Coblenz, General von Beyer, jener schlanke Mann unter dem Bilde der Großherzogin der Archivrath von Eltester. Inmitten zweier Hofdamen sitzt ein junger eleganter Mann, der frühere Cabinetssecretär der Kaiserin, jetzige Generalconsul in Cincinnati von Mohl. Die Plätze vorn am Tische links nehmen der Landgerichtspräsident von Breuning und Landrath von Frentz mit Gemahlin ein.

Das Schloß Coblenz bildet sowohl nach der Stadt wie nach der Rheinseite zu ein vollständiges, in sich abgeschlossenes Ganze. Die Terrasse, auf die man durch den Gartensaal im Erdgeschoß hinaustritt, schließt den Schloßcomplex nach der Rheinseite durch die äußere Festungsmauer ab. Die Terrasse, sowie die beiden rechts und links derselben tiefer gelegenen Gartenpartien stellen den eigentlichen Schloßgarten vor – den Privatgarten der Kaiserin. Es ist ein Grundstück von beschränkten Raumverhältnissen. Mehrmals schon war es im Werke, die Anlage nach dem Rheine hin zu erweitern, aber die Kaiserin sträubte sich stets dagegen. Das Rayongesetz des Staates legt den Grundbesitzern von Coblenz rücksichtlich der Festungsanlagen sehr wesentliche Beschränkungen in Bezug auf das Ausnützungsrecht ihres Grundeigenthums auf, und die Kaiserin wollte vor der übrigen Einwohnerschaft von Coblenz nichts voraus haben. Im Jahre 1866 war der Garten sogar als Geschützstand benützt, und die kleine Pforte, die nach dem Rhein hinausführt, zugemauert. Aber eben die Unmöglichkeit, ihren Privatgarten auszudehnen, führte die Kaiserin auf Pläne, deren Verwirklichung einer ganzen Bevölkerung zu Gute kommen sollte.

Bis vor fünfundzwanzig Jahren hatte die von der Natur so außerordentlich begünstigte Stadt Coblenz keinen Ort, an dem

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 341. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_341.jpg&oldid=- (Version vom 10.4.2018)