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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)


Erfüllung jener vielseitigen Pflichten, welche einer Kaiserin durch ihre Stellung auferlegt sind und die sich für eine so reich angelegte Natur mit jeder Erhöhung erweiterten, zu welcher sie vom Schicksal ausersehen war.

Die Zimmer des Kaisers sind von denen der Kaiserin durch ein großes Speisezimmer getrennt. Eine dunkle Ledertapete bekleidet die Wände; ein dichter Smyrnateppich dämpft die Schritte; die Stühle sind von braunem Leder und tragen die Chiffre der Kaiserin; schöne Bronzen erfreuen das Auge des Kenners. Der allgemeine Aufgang zu den kaiserlichen Gemächern geschieht durch eine große breite Treppe, der für die Abendstunden rechts und links elegante Candelaber Licht geben. Den Schlußpunkt derselben bildet eine Nische. In dieser befindet sich die lebensgroße Erzstatue des letzten Kurfürsten von Trier; ihm, dem Erbauer des Schlosses, hat der König Friedrich Wilhelm der Vierte diese Statue setzen lassen.


Das Coblenzer Schloß von der Rheinseite aus.
Nach der Natur gezeichnet von A. Zick.


Der frühere Saal der kurfürstlichen Garden, der nach der Stadt zu gelegen ist und mit dem nach dem Rhein ausblickenden Tanzsaal correspondirt, ist von der Kaiserin zu einem Museum für die geschichtlichen Erinnerungen Kurtriers und speciell der Stadt Coblenz umgewandelt worden. Der Raum bietet ein großes historisches Interesse. Hier befindet sich auch die oben erwähnte, im Rheine gefundene fränkische Armspange. Die Wände dieses Museums sind mit den Portraits der Kurfürsten von Trier geschmückt; sie stammen zum Theil aus dem alten Schlosse von Ehrenbreitstein, und der leider nun verstorbene Archivrath von Eltester in Coblenz ist es, dessen Bemühungen man die Herstellung der vollständigen Reihenfolge verdankt. Ihm hatte überhaupt die Kaiserin die Completirung und Beaufsichtigung ihrer Sammlung übertragen, und bis zu seinem Lebensende war der gewiegte Kunst- und Alterthumskenner bemüht, Geräthe, Kupferstiche, Portraits, Stadtprospecte, Bücher, Karten und Manuscripte zu suchen, kurz eine Sammlung anzulegen, welche für diesen Punkt des Rheinlandes insofern von hoher Bedeutung ist, als dadurch die deutschen Erinnerungen, welche durch die französische Revolution wie ausgelöscht waren, neu belebt worden sind.

Durch den Kurfürstensaal tritt man in den Ballsaal, welcher die ganze Front des Mittelpavillons durch zwei Etagen einnimmt. Dieser mächtige Raum, von einem cassettirten Tonnengewölbe überspannt, frappirt durch seine edlen Verhältnisse. In derselben Flucht von Norden nach Süden liegen noch mehrere Gastgemächer und der Thronsaal, dessen Schmuck in einer Wandbekleidung und einem Thronbaldachine von rothem Damast besteht. Die Bildnisse des Vaters und des königlichen Bruders unseres Kaisers vergegenwärtigen die Beschützer des Rheinlandes. Dicht daran liegt das Wohnzimmer der Kaiserin, ein trauliches Gemach, angefüllt mit Erinnerungen und Kunstwerken.

In einem kostbar geschnitzten Behälter zwischen den beiden Fenstern ruht in silbernem, emaillirtem Prachtbande jenes berühmte Album, welches die rheinischen Stände dem Prinzen und der Prinzessin von Preußen an ihrem silbernen Hochzeitsfeste zum Geschenk dargebracht haben. Es enthält achtzig von den bedeutendsten Düsseldorfer Künstlern geschaffene Blätter aus dem Sagenbereich, aus der historischen Vergangenheit und Gegenwart der Rheinlande. In dem Alkoven, in welchem einst der sächsische Verwandte der Kaiserin, Clemens Wenceslaus, seine oft von schweren Sorgen unterbrochene Nachtruhe hielt, ist die Privatbibliothek der Kaiserin und eine kleine Sammlung von deutschen, französischen und englischen Werken aufgestellt. Wie die Kaiserin in allen Dingen ihre Anhänglichkeit an ihre thüringische Heimath bekundet, so nimmt auch hier ein kunstvoller, ihr von den Bewohnern der Ilmstadt geschenkter Schrank den Hauptplatz ein. Der Durchgang, welcher vom Wohnzimmer der Kaiserin in den

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_340.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)